Die Datenlage zur Entwicklung der Verschuldungssituation infolge der Covid-19-Pandemie ist bislang lückenhaft. Die vorliegenden Datenpunkte und weitere Evidenz weisen jedoch trotz des schwerwiegenden Wirtschaftseinbruchs und der Folgen der Lockdowns auf Haushalte und konsumorientierte Dienstleistungen sowie Gastgewerbe nicht auf einen schwerwiegenden Anstieg der Verschuldung hin.
Datenlage – Bereich Arbeit – Wirtschaft: Stellungnahme – Fachgespräch des Parlamentarischen Begleitgremiums Covid-19- Pandemie
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Datenlage zur Entwicklung der Verschuldungssituation infolge der Covid-19-Pandemie ist bislang lückenhaft. Die vorliegenden Datenpunkte und weitere Evidenz weisen jedoch trotz des schwerwiegenden Wirtschaftseinbruchs und der Folgen der Lockdowns auf Haushalte und konsumorientierte Dienstleistungen sowie Gastgewerbe nicht auf einen schwerwiegenden Anstieg der Verschuldung hin.
Im Oktober 2020 waren 6,85 Millionen (9,9 Prozent) der Privatpersonen in Deutschland überschuldet, dies ist ein Rückgang um rund 70.000 im Vergleich zum Oktober 2019. Gleichzeitig stellt dies den geringsten Überschuldungswert seit 2016 dar. In Nordrhein-Westfalen liegt die Überschuldungsquote mit 11,63 Prozent über dem Bundesdurchschnitt und auch über dem westdeutschen Durchschnittswert; im Vergleich zu 2019 kam es auch hier zu einem Rückgang in Höhe von 0,09 Prozentpunkten. Offenbar haben die verfügbaren Hilfen – insbesondere die großzügige Regelung zum Kurzarbeitergeld – einen Anstieg der Überschuldung verhindern können. Innerhalb von Nordrhein-Westfalen ist das Ruhrgebiet ein Hotspot der Überschuldung, was sich mit der hohen Langzeitarbeitslosigkeit infolge des nicht bewältigten Strukturwandels erklären lässt.
Da 2020 infolge des ersten Lockdowns deutschlandweit die Arbeitslosigkeit recht deutlich um über 600.000 Personen angestiegen ist und auch die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich höher liegt als vor der Corona-Krise, wäre trotzdem ein negativer Einfluss auf die Verschuldungssituation zu erwarten gewesen. Möglicherweise macht sich dieser Effekt erst mit einem time-lag bemerkbar, sodass die Daten für Oktober 2021 abzuwarten sind. So geht Creditreform (2020) im „Schuldneratlas“ davon aus, dass die Verschuldungssituation sich 2021 verschlechtern wird. Die eingeschränkten Konsummöglichkeiten während der Lockdowns könnten allerdings zu einer Reduktion der Ausgaben geführt haben, was tendenziell verschuldungssenkend wirkt.
Fachgespräch des Parlamentarischen Begleitgremiums Covid-19-Pandemie 3 Im Bereich der Unternehmen ist die Situation ähnlich einzuschätzen. Die seit April 2020 rückläufigen Insolvenzzahlen, die sich erst am aktuellen Rand auf niedrigem Niveau stabilisiert haben, weisen nicht auf ein größeres Überschuldungsproblem im Unternehmensbereich, das zu vermehrten Betriebsaufgaben führen sollte, hin. In den kommenden Jahren könnten jedoch Langfristfolgen vermehrt sichtbar werden, wenn Unternehmen, die zunächst hilfebedingt nicht Insolvenz anmelden mussten, erkennen, dass sie keine wirtschaftliche Zukunft mehr haben und verspätet zahlungsunfähig werden (sogenannte Zombieunternehmen; Röhl, 2020a).
Wider Erwarten ist die Insolvenzzahl seit Einsetzen der Corona-Pandemie deutlich gefallen. Im Jahr 2020 wurden nur 15.841 Insolvenzfälle verzeichnet, 15,5 Prozent weniger als 2019, einem Jahr, in dem im Lang fristvergleich bereits ein Tiefststand seit Einführung der Insolvenzordnung 1999 gemessen wurde. Der IWH Insolvenztrend, der nur die Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften (und nicht jene von Einzelunternehmern) erfasst, stagnierte auch im September 2021 auf geringem Niveau, nachdem zuvor für August 2021 sogar ein historischer Tiefststand verzeichnet wurde (IWH, 2021). Die beantragten Regelinsolvenzen, die das Statistische Bundesamt als Frühindikator der Insolvenzentwicklung nutzt, sind demgegenüber im September 2021 um 6 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat – in dem die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt war – angestiegen (Destatis, 2021). Dies kann als Hinweis auf eine einsetzende Normalisierung des Insolvenzgeschehens gedeutet werden, zeigt jedoch in Anbetracht des niedrigen Vergleichswertes aus dem Vorjahr keine „Insolvenzwelle“.
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