Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und damit die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems weitestgehend zu sichern, wurden seitens der Politik seit Mitte März deutliche Einschnitte in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben vorgenommen. Diese haben zu einem starken konjunkturellen Einbruch beigetragen und sich in der Folge auch am Arbeitsmarkt deutlich ausgewirkt.
MINT-Frühjahrsreport 2020
Gutachten für BDA, BDI, MINT Zukunft schaffen und Gesamtmetall
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und damit die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems weitestgehend zu sichern, wurden seitens der Politik seit Mitte März deutliche Einschnitte in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben vorgenommen. Diese haben zu einem starken konjunkturellen Einbruch beigetragen und sich in der Folge auch am Arbeitsmarkt deutlich ausgewirkt.
Seit März ist vor allem die Kurzarbeit in Deutschland gestiegen und die Zahl der offenen Stellen nimmt deutlich ab. In den MINT-Berufen zeigen sich daher auch deutliche Bremsspuren – so ist die MINT-Lücke entgegen der typischen saisonalen Erhöhung deutlich gesunken von 193.500 Ende Februar auf 152.600 Ende April 2020. Gegenüber April 2019 mit einer Lücke von 311.300 entspricht dies einem Rückgang in Höhe von 51 Prozent. Dies ist der höchste Rückgang innerhalb eines Jahres seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Lücke in den IT-Berufen hingegen verbleibt mit 39.700 auf hohem Niveau.
IT-Experten bleiben während der Coronakrise weiterhin gesucht
Betrachtet man zur Einordnung der Coronakrise einen Vergleich der Engpässe mit einem längeren Zeitkorridor, so werden starke Unterschiede in den einzelnen MINT-Bereichen besonders deutlich. Noch im Februar 2020 erreichte die MINT-Lücke genau den Durchschnittswert aus den Jahren 2014 bis 2019. Im April 2020 ist dies aber nicht länger der Fall. Die Lücke liegt nun 29 Prozent unter dem Durchschnittswert der April-Werte aus den Jahren 2014 bis 2019.
Der Produktionsstopp in vielen Industrieunternehmen hat dazu geführt, dass die besonders stark mit der Produktion verknüpften MINT-Fachkräfte einen starken Rückgang der Fachkräftelücke zu verzeichnen hatten. Bei MINT-Experten, die stärker auch in den Forschungs- und Entwicklungsbereichen tätig sind, war der Rückgang der Lücke vergleichsweise gering. Besonders starke Effekte hat die Coronakrise in den einzelnen MINT-Berufsaggregaten. Während in den Berufen Maschinen/Fahrzeugbau und den Berufen der Metallverarbeitung die Lücke gegenüber dem mehrjährigen Durchschnittswert für den April um 72 bzw. 69 Prozent zurückgingen, nahm die Lücke in den Bauberufen mit plus 27,6 Prozent und in den IT-Berufen mit plus 4,2 Prozent gegenüber dem langjährigen Durchschnittswert sogar zu.
Digitale Geschäftsmodelle gewinnen in Wirtschaft an Bedeutung, Experten fehlen
Die Coronakrise führt dazu, dass in vielen weiteren Geschäftsmodellen (Handel, Dienstleistungen) digitale Lösungen gesucht werden. Eine Unternehmensbefragung des IWs von Ende 2019 zeigt aber bereits zu diesem Zeitpunkt, dass Unternehmen mit 87,7 Prozent Zustimmung vor allem die Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit (Sicherung des Kerngeschäfts) als wichtigsten Auslöser zur Implementierung eines datengetriebenen Geschäftsmodells betrachten. Mit 74,2 Prozent folgt die Nachfrage der Kunden nach solchen Angeboten an zweiter Stelle. Unternehmen, die bereits über ein datengetriebenes Angebot verfügen (Daten als Produkt oder datengetriebene Produkte / Dienstleistungen), fühlen sich am meisten von fehlenden Fachexperten gehemmt (78,1 Prozent bei Unternehmen mit Daten als Produkt bzw. 62,1 Prozent bei Unternehmen mit datengetriebenen Produkten / Dienstleistungen). Mit der Coronakrise dürfte für viele Dienstleistungs- und Industrieunternehmen die Bedeutung der Digitalisierung zur Sicherung des Kerngeschäfts an Bedeutung gewinnen.
Staat: Digitalisierung an Schulen und e-government wird in Coronakrise wichtiger
Auch für den Bildungsbereich gewinnt die Digitalisierung durch die Coronakrise an Bedeutung. Der jüngste internationale Kompetenztest ICILS 2018 zeigt jedoch, dass Defizite bei der Digitalisierung der Bildung bestehen. Gegenüber den besten Ländern weist Deutschland bei der Computerausstattung an Schulen Nachholbedarf auf. Dazu wurden im Jahr 2018 nur in einem Fünftel der Schulen in Deutschland von Lehrkräften und Schülern digitale Geräte zum Unterricht eingesetzt. In anderen Ländern verfügen die Schulen über deutlich größere Erfahrungen mit digitalem Unterricht. Die mit den nur teilweisen Öffnungsmöglichkeiten der Bildungseinrichtungen verbundene notwendige Fernbeschulung führt zu großen Problemen bei der Bildungsgerechtigkeit und zu einer gewaltigen kurzfristigen Nachfrage nach Digitalisierung in Schulen und Bildungseinrichtungen. Dies dürfte die Nachfrage nach IT-Kräften in den nächsten Monaten deutlich erhöhen. Allein um die mehr als 40.000 Schulen in Deutschland in diesem Prozess zu unterstützen, werden 20.000 zusätzliche IT-Experten und -Fachkräfte benötigt. Dazu werden weitere IT-Lehrkräfte benötigt, um den Digitalpakt zu einem Erfolg zu führen.
Einige Kommunen sind während der Coronakrise nur eingeschränkt arbeitsfähig. Dies kann zu Verzögerungen bei wichtigen Bau- und Investitionsvorhaben führen. Gehen die Baugenehmigungen während der Coronakrise dadurch zurück, hat dies wiederum auch Auswirkungen auf die Nachfrage nach MINTKräften im Baubereich. Auch kann es zu Engpässen in Wertschöpfungsketten kommen, wenn Zulassungsstellen oder ähnliches nur eingeschränkt arbeiten können. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass Verwaltungsdienstleistungen digital angeboten werden können. Die Coronakrise führt dazu, dass die Notwendigkeit dieses Change-Prozesses in den öffentlichen Verwaltungen deutlich wird und damit die Umsetzung und Durchsetzung der Digitalisierungsstrategie eine höhere Priorität bekommen kann. Auch hier sind IT-Kompetenzen von hoher Bedeutung.
Christina Anger / Enno Kohlisch / Oliver Koppel / Axel Plünnecke / Ruth Maria Schüler: MINT-Frühjahrsreport 2020
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