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Sarah Pierenkemper / Helen Hickmann / Anika Jansen Gutachten 1. März 2022 KOFA Kompakt 3/2022: Internationale Fachkräfte aus Drittstaaten – zwei Jahre Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Die Auftragsbücher sind in vielen Unternehmen wieder voll, aber geeignete Arbeitskräfte fehlen vielerorts. Im Laufe des Jahres 2021 stieg die Fachkräftelücke von rund 213.000 im Januar auf etwa 465.000 Arbeitskräfte im Dezember. Der Bedarf an Fachkräften wird durch den demografischen Wandel zukünftig voraussichtlich noch weiter zunehmen.

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Gutachten
Internationale Fachkräfte aus Drittstaaten – zwei Jahre Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Sarah Pierenkemper / Helen Hickmann / Anika Jansen Gutachten 1. März 2022

KOFA Kompakt 3/2022: Internationale Fachkräfte aus Drittstaaten – zwei Jahre Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Auftragsbücher sind in vielen Unternehmen wieder voll, aber geeignete Arbeitskräfte fehlen vielerorts. Im Laufe des Jahres 2021 stieg die Fachkräftelücke von rund 213.000 im Januar auf etwa 465.000 Arbeitskräfte im Dezember. Der Bedarf an Fachkräften wird durch den demografischen Wandel zukünftig voraussichtlich noch weiter zunehmen.

Schätzungen gehen davon aus, dass es auch bei weiterer Ausschöpfung der inländischen Potenziale einer Nettozuwanderung von 400.000 Arbeitskräften bedarf, um das Erwerbspersonenpotenzial konstant zu halten. Dazu soll das vor zwei Jahren neu eingeführte Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) einen Beitrag leisten.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Am 1. März 2020 trat das FEG in Kraft, und soll die Erwerbsmigration für Personen aus Drittstaaten  erleichtern. Dies gilt insbesondere für beruflich qualifizierte Fachkräfte sowie für Hochschulabsolvent/innen die nicht über die Blaue Karte der EU ein Visum zur Beschäftigung erlangen können. Auch die Migration im Rahmen der Suche nach einer Arbeits- bzw. einem Ausbildungsplatz wurde für Drittstaatler unter bestimmten Bedingungen ermöglicht.

Eine der zentralen Änderungen durch das Gesetz stellt die Abschaffung der Vorrangprüfung für Migrantinnen und Migranten dar. Ein abgeschlossener Arbeitsvertrag und die Anerkennung der vorhandenen Berufsqualifikation bleiben zwar nach wie vor notwendige Voraussetzungen für die Erwerbsmigration aus Drittstaaten, allerdings muss die Bundesagentur für Arbeit (BA) nicht mehr überprüfen, ob die jeweilige Stelle nicht auch durch Deutsche oder andere gleichgestellte EU-Staatsangehörige besetzt werden könnte. Gleichzeitig öffnet das Gesetz die Zuwanderung nicht-akademischer Fachkräfte in alle Berufe. Zuvor war lediglich eine Beschäftigung in von der BA ausgewiesenen Mangelberufen möglich (sogenannte Positivliste).

Selbstverständlich waren bereits vor Einführung des FEG zahlreiche qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten in Deutschland beschäftigt. Ihre Anzahl ist zwischen 2013 und 2020 um 45,6 Prozent gestiegen. Im Jahr 2020 waren insgesamt knapp 1,2 Millionen Personen mit einer beruflichen oder akademischen Qualifikation (also ohne Helfer/innen), die über eine Nationalität eines Drittstaats verfügen, in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies sind etwa 4,5 Prozent aller qualifizierten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Drittsaatenangehörige oftmals in Engpassberufen beschäftigt

Die größten Fachkräfteengpässe herrschten 2021 in den sozialen sowie den Gesundheitsberufen. In vielen dieser Berufe arbeiteten bereits im Jahr 2020 sehr viele Personen mit einer Drittstaaten-Nationalität, beispielsweise über 12.000 in der Altenpflege sowie über 26.000 in der Gesundheits- und Krankenpflege. Über 9.000 weitere Personen aus Drittstaaten arbeiteten zudem als medizinische Fachangestellte und gut 1.400 als Physiotherapeuten. Außerdem arbeiteten 2020 gut 5.600 akademisch qualifizierte Personen aus Drittstaaten als Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagogen/innen.

Große Engpässe gab es zudem in den Bauberufen. In der Bauelektrik sowie der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik waren verhältnismäßig viele Personen aus den Westbalkanstaaten tätig. Bei den Informatik-Experten/innen stellen Drittstaatler/innen mit 8,8 Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil an den Beschäftigten, im Vergleich zu ihrem Anteil an allen qualifizierten Beschäftigten (4,5 Prozent).

Die meisten Erwerbsmigranten kamen 2020 noch über die Blaue Karte EU

Zwischen März und Dezember 2020 haben knapp 60.000 Drittstaatenangehörige eine befristete Aufenthaltserlaubnis im Rahmen der Erwerbsmigration erhalten. Den größten Anteil mit über 15.000 Aufenthaltstiteln stellen Personen, die einen Aufenthaltstitel auf Grundlage der Blauen Karte EU erhalten haben. Von März bis Dezember 2020 sind zudem 7.368 Personen auf Basis der Westbalkanregel migriert.

Von den beiden durch das FEG neu geschaffenen Aufenthaltserlaubnisse für Fachkräfte mit Berufsausbildung (§ 18a AufenthG) bzw. akademischer Ausbildung (§ 18b Abs. 1 AufenthG) machten insgesamt knapp 16.000 Personen Gebrauch. Vom § 18b Abs. 1 AufenthG, welcher akademisch qualifizierten Migrantinnen und Migranten die Ausübung einer qualifikationsadäquaten Beschäftigung erlaubt, machten von März bis Dezember 2020 8.285 Personen Gebrauch, davon 2.017 ohne vorherigen Aufenthaltstitel. Von dem ebenfalls neuen Aufenthaltstitel nach § 18a AufenthG, der beruflich qualifizierten Fachkräften die Möglichkeit bietet, mit einem in Deutschland anerkannten Berufsabschluss eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, haben im gleichen Zeitraum insgesamt 7.510 Personen profitiert, davon jedoch nur 2.241 Personen, die zuvor noch keinen anderen Aufenthaltstitel in Deutschland besaßen.

Letzterer Aufenthaltstitel ist besonders mit Hinblick auf die in Deutschland herrschenden Fachkräfteengpässe wichtig: Im Jahresdurchschnitt 2021 gab es über 660.000 offene Stellen für beruflich Qualifizierte. 188.000 (28,3 Prozent) hiervon konnten rein rechnerisch nicht durch das in Deutschland bereits am Arbeitsmarkt vorhandene Fachkräftepotenzial besetzt werden. Im Zuge des demografischen Wandels wird Zuwanderung für den deutschen Arbeitsmarkt noch wichtiger werden für eine nachhaltige Fachkräftesicherung. Dafür hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz neue Weichen gestellt.

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