Im Jahr 2018 gab es in 391 von 753 betrachteten Berufen Fachkräfteengpässe. 79 Prozent aller Stellen, die Unternehmen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahr 2018 gemeldet haben, waren in Engpassberufen ausgeschrieben.
Fachkräfteengpässe in Unternehmen: Fachkräftesicherung in Deutschland – diese Potenziale gibt es noch
Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA)
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Im Jahr 2018 gab es in 391 von 753 betrachteten Berufen Fachkräfteengpässe. 79 Prozent aller Stellen, die Unternehmen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahr 2018 gemeldet haben, waren in Engpassberufen ausgeschrieben.
Besonders von Engpässen betroffen sind:
- Berufe, die entweder überwiegend von Frauen oder überwiegend von Männern ausgeübt werden. Der überwiegende Teil der Stellen in Engpassberufen wird in männertypischen oder frauentypischen Berufen ausgeschrieben. Nur knapp 16 Prozent aller Stellen in Engpassberufen werden in geschlechts- untypischen Berufen gemeldet.
- Männertypische Berufe, die eine gewerblich- technische Ausbildung voraussetzen. Fast alle Top-10-Engpassberufe für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung sowie für Akademiker sind männertypische Berufe aus dem gewerblich-technischen beziehungsweise naturwissenschaftlichen Bereich. Bei den Top-10-Engpassberufen für Spezialisten mit Fortbildungsabschluss sind insbesondere männertypische Berufe in der Ver- und Entsorgung, im Tiefbau und der spanenden Metallbearbeitung zu finden.
- Frauentypische Berufe für Spezialisten im Gesundheitsbereich. Unter den Top-10-Engpassberufen für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung zählt lediglich die Altenpflege zu den frauentypischen Berufen. Dieser Beruf gehört allerdings schon sehr lange zu den Engpassberufen und weist mittlerweile flächendeckend einen Mangel auf. Die Top-10-Engpassberufe für Spezialisten mit Fortbildungsabschluss sind hingegen überwiegend frauentypische (Gesundheits-)Berufe.
Identifizierte Potenziale, um Fachkräfteengpässen entgegenzuwirken
- Qualifizierte Frauen in qualifizierte Jobs bringen. Arbeitslose Frauen und Männer verfügen im Durchschnitt etwa über den gleichen Bildungsstand. Beim Suchverhalten auf dem Arbeitsmarkt unterscheiden sie sich jedoch. Frauen suchen häufiger als Männer einen Job, der unterhalb ihres formalen Qualifikationsniveaus liegt. So suchen mehr arbeitslose Frauen eine Helfertätigkeit als es arbeitslose Frauen ohne Berufsabschluss gibt. Auch ein Teil der arbeitslosen Akademikerinnen sucht eine Tätigkeit, für die kein akademischer Abschluss erforderlich ist: So suchen 28.638 Akademikerinnen eine Tätigkeit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. Unternehmen können diese Frauen durch Weiterbildungsangebote und gezielte Ansprache in Stellenangeboten für sich gewinnen. Mit diesen hochqualifizierten Frauen ließe sich ein Teil der 62.653 gemeldeten offenen Stellen für akademisch Qualifizierte besetzen. Im Gegensatz zu den Frauen strebt ein Teil der arbeitslosen Männer eine Tätigkeit an, die oberhalb ihres formalen Qualifikationsniveaus liegt. So haben 625.659 arbeitslose Männer keinen berufsqualifizierenden Abschluss (51,0 Prozent aller arbeitslosen Männer), jedoch suchen lediglich 559.413 (45,6 Prozent aller arbeitslosen Männer) eine Tätigkeit als Helfer. Das bedeutet, 66.246 Männer ohne formalen Abschluss suchen eine Tätigkeit als Fachkraft. Eine Ursache hierfür kann sein, dass Männer häufiger als Frauen ihre non-formal und informell erworbenen Kompetenzen bei der Jobsuche nutzen.
- Potenziale von arbeitslosen Helferinnen und Helfern nutzen. Viele Helferinnen und Helfer melden sich in Berufen arbeitslos, in denen es in den Berufen im gleichen fachlichen Bereich auf einem höheren Qualifikationsniveau (Fachkraft, Spezialist) Engpässe gibt. In 30 von 204 Engpassberufen für Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung gibt es in den dazugehörigen Helferberufen deutlich mehr arbeitslose Helferinnen und Helfer als nachgefragt werden. Diese stellen ein Fachkräftepotenzial dar. Sowohl in frauen- als auch in männertypischen Berufen lässt sich durch die Qualifizierung von Helferinnen und Helfern zu Fachkräften ein Teil der Engpässe deutlich verringern bzw. „heilen“ (zum Beispiel im Friseurgewerbe und im Verkauf von Lebensmitteln – beide frauentypisch – oder in der Lagerwirtschaft und bei Maler-/Lackiererarbeiten – beide männertypisch). In anderen Berufsbereichen bieten Helferinnen und Helfer dagegen nur ein relativ geringes Potenzial zur Verbesserung der Engpasssituation, beispielsweise in den frauentypischen Pflegeberufen sowie in den männertypischen Metall- und Maschinenbauberufen.
- Frauen für eine Aufstiegsfortbildung motivieren. Männer haben häufiger als Frauen eine Aufstiegsfortbildung durchgeführt. Das führt dazu, dass von den sozialversicherungspflichtig beschäftigen Männern 15,2 Prozent als Spezialisten mit Fortbildungsabschluss arbeiten, bei den Frauen aber nur 11,4 Prozent. Unter den Engpassberufen für Spezialisten befinden sich jedoch viele frauentypische Berufe. Um Engpässe – insbesondere in diesen Engpassberufen – zu lindern, kann eine (berufsbegleitende) Weiterqualifizierung von Fachkräften hilfreich sein. Gerade Mütter profitieren davon, wenn sie für die Weiterbildung freigestellt werden, sodass die Weiterqualifizierung in den normalen Arbeitsalltag integriert werden kann und keine zusätzliche zeitliche Belastung darstellt.
- Potenziale flexibler Arbeitszeiten ausschöpfen. In frauentypischen Berufen arbeiten viele Beschäftigte in Teilzeit. Auch bei Beschäftigen, die keine Vollzeitbeschäftigung anstreben, bietet ein größeres Arbeitszeitvolumen, sprich: eine Stundenaufstockung, das Potenzial, Fachkräfteengpässe zu lindern. Unternehmen können durch gute Rahmenbedingungen und eine flexible Arbeitszeitgestaltung dazu beitragen, dass Teilzeitbeschäftigte ihr Arbeitszeitvolumen maximal ausdehnen. In männertypischen Engpassberufen, in denen es bislang noch vergleichsweise wenig Teilzeitstellen und wenige Frauen gibt, bieten dagegen zusätzliche Teilzeitangebote die Chance, neue Zielgruppen für diese Berufe zu gewinnen.
- Langfristige Fachkräftesicherung durch eine bedarfsgerechte Berufsorientierung. Um zukünftig mehr Jugendliche für Engpassberufe zu gewinnen, gibt es mehrere Ansatzpunkte: Zum einen ist es wichtig, insbesondere im Rahmen der Berufsorientierung von Abiturienten die Vorteile einer (dualen) Ausbildung deutlich sichtbar zu machen. Unternehmen können gerade in Engpassberufen mit den guten Übernahme- und Beschäftigungsperspektiven sowie dem geringen Arbeitslosigkeitsrisiko überzeugen. Denn viele Jugendliche orientieren sich bei ihrer Berufswahl daran, wo sie Sicherheit und gute Chancen auf einen festen Arbeitsplatz erwarten. Zum anderen ist es wichtig, bereits bei der Berufsorientierung mit Geschlechterklischees zu brechen. In Berufen, die sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen zu den beliebtesten Ausbildungsberufen zählen, bestehen auf dem Arbeitsmarkt keine Fachkräfteengpässe. In vielen geschlechtstypischen Ausbildungsberufen bestehen hingegen welche.
Lydia Malin / Anika Jansen / Susanne Seyda / Regina Flake: Fachkräftesicherung in Deutschland – diese Potenziale gibt es noch
Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA)
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