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Henry Goecke / Oliver Stettes IW-Kurzbericht Nr. 46 4. Juli 2023 Co-Working Spaces – die terra in-cognita des mobilen Arbeitens

Im Unterschied zum Homeoffice sind Co-Working-Spaces eine gering verbreitete Form des mobilen Arbeitens. Lediglich 11 Prozent der hiesigen Unternehmen ermöglichen ihren Beschäftigten das Arbeiten in einer betriebsfremden Bürogemeinschaft. Deutschlandweit finden sich derzeit 2.111 Co-Working-Spaces – vor allem an Orten, in die viele Beschäftigte pendeln oder an denen sie gleichzeitig arbeiten und leben.

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Co-Working Spaces – die terra in-cognita des mobilen Arbeitens
Henry Goecke / Oliver Stettes IW-Kurzbericht Nr. 46 4. Juli 2023

Co-Working Spaces – die terra in-cognita des mobilen Arbeitens

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Im Unterschied zum Homeoffice sind Co-Working-Spaces eine gering verbreitete Form des mobilen Arbeitens. Lediglich 11 Prozent der hiesigen Unternehmen ermöglichen ihren Beschäftigten das Arbeiten in einer betriebsfremden Bürogemeinschaft. Deutschlandweit finden sich derzeit 2.111 Co-Working-Spaces – vor allem an Orten, in die viele Beschäftigte pendeln oder an denen sie gleichzeitig arbeiten und leben.

Die Covid-19-Krise gilt als Katalysator für die räumliche und zeitliche Flexibilisierung von Arbeit. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Homeoffice-Nutzung als eine spezifische Spielart des mobilen Arbeitens. Eine Beschäftigtenumfrage signalisierte jedoch bereits zur Jahresmitte 2021, dass 13 Prozent der hiesigen Bürobeschäftigten einen gut eingerichteten Arbeitsplatz in einer wohnortnahen Bürogemeinschaft einem Schreibtisch im Betrieb oder im Homeoffice vorziehen würden (Bonin/Rinne, 2021, 32). Die Präferenz der Beschäftigten, in einem sogenannten Co-Working-Space zu arbeiten, war dabei umso größer, je länger die Anfahrt zum betrieblichen Arbeitsplatz dauerte.

Ein Co-Working-Space bietet Personen die Möglichkeit, als Einzelperson betriebsexterne Arbeitsplätze in adäquat ausgestatteten Bürogebäuden oder Gebäudeeinheiten zu nutzen, zugleich aber dort sich mit anderen persönlich austauschen beziehungsweise mit diesen zusammenarbeiten zu können (z. B. Krasilnikova/Levin-Keitel, 2022, 363; Neumann et al., 2022, 437). Er zeichnet sich durch seine zeitliche Nutzungsflexibilität und zusätzliche Dienstleistungsangebote aus, die zu einer höheren Arbeitsplatzqualität und Arbeitszufriedenheit beitragen sollen (Bonin et al., 2022, 9).

In einer nicht repräsentativen Studie für ausgewählte städtische und ländliche Räume in Rheinland-Pfalz gibt zum Beispiel ein Anteil von 4 Prozent der Befragten an, schon einmal in einer betriebsexternen Bürogemeinschaft gearbeitet zu haben (Neumann et al., 2022, 447). Bonin et al. (2022, 18 f.) schätzen den Anteil der Nutzer an allen Erwerbstätigen auf weit unter einem Promille ein. Das Arbeiten in einem Co-Working-Space ist daher derzeit noch als Nischenphänomen zu bezeichnen.

Gleichwohl können Co-Working-Spaces aus Sicht der Unternehmen eine interessante Alternative zum Homeoffice darstellen, wenn sie Arbeit zeitlich und räumlich flexibilisieren wollen. Die professionelle Lösung eines Co-Working-Arbeitsplatzes könnte helfen, potenzielle Produktivitätsrisiken im Homeoffice zu reduzieren (z. B. Ablenkung im häuslichen Umfeld durch Familie-Beruf-Konflikte/unzureichende Büroausstattung) und die Einhaltung der Anforderungen des Arbeitsschutzes besser und konfliktfreier zu gewährleisten (Bonin et al., 2022, 15). Zugleich können Beschäftigte zum Beispiel vor oder nach einem Kunden- oder Baustellenbesuch noch berufliche Aufgaben verrichten, wenn sie diese außerhalb des Homeoffice oder des Betriebs erledigen wollen.    Eine Auswertung der 32. Welle des IW-Personalpanels aus dem Frühjahr 2023 zeigt, dass gut 11 Prozent der hiesigen Unternehmen derzeit ihren Beschäftigten die Möglichkeit bieten, in einem Co-Working-Space zu arbeiten. Damit spielt diese Form des mobilen Arbeitens auch aus Unternehmenssicht eine deutlich geringere Rolle als das Homeoffice (70 Prozent der Unternehmen).  

Hierzulande können insgesamt 2.111 Co-Working-Spaces identifiziert werden. Diese Anzahl basiert auf einer Analyse von allen bei Google Maps hinterlegten geografischen Orten zum Zeitpunkt Mai 2023. Jeder Ort, der bei der Google Places API mit dem Keyword „Coworking Space“ hinterlegt ist, wurde erfasst. Durch die Nutzung der Keyword-Suche bekommt man als Ergebnis von der Google Places API sowohl Lokationen, die diesen Terminus im Namen tragen, als auch solche, die zu dem gleichnamigen Ortstypen gehören. Über die zugeordneten Geokoordinaten der Lokationen wurden diese dem entsprechenden Kreis oder der kreisfreien Stadt zugewiesen. Eine Aussage, wie viele Büroarbeitsplätze in den 2.111 Co-Working-Spaces angeboten werden, ist allerdings nicht möglich.

Krasilnikova und Levin-Keitel (2022) unterscheiden mit Blick auf die Standortlage zwischen vier Typen von Co-Working-Spaces:

  • Ein hoher Anteil von Auspendlern gilt als sozio-räumliches Merkmal des „Working Place“. Der Co-Working-Standort dient vor allem dem Arbeiten. Weitere Nutzungsformen wie Café, Freizeit- und Lehrangebote spielen keine wichtige Rolle  
  • Ein hoher Anteil von Einpendlern charakterisiert den „Transition Place“. Er spricht vor allem Pendelnde auf Hauptpendelstrecken an und besticht durch seine gute Erreichbarkeit. Zusätzliche Nutzungsformen können diesen Typ des Co-Working-Spaces zu Begegnungsstätten entwickeln.
  • Der „Third Place“ findet sich vor allem in Kernstädten bzw. tendenziell in zentralen Lagen. Nutzerinnen und Nutzer können sich als Teil einer Gemeinschaft verstehen, die die zusätzlichen Dienstleistungsangebote des Co-Working-Spaces und die Infrastruktur des Standorts zu schätzen weiß.
  • Der „Living Space“ ist im Unterschied dazu eher in ländlichen Regionen angesiedelt. Der Standort dient dauerhaft oder temporär zugleich als Arbeits- und Wohnort.

Um eine Orientierung über den Verbreitungsgrad der vier Typen zu gewinnen, wurden unterschiedliche sozio-räumliche Kennziffern für die Städte beziehungsweise Landkreise herangezogen, in denen die 2.111 Co-Working-Spaces angesiedelt sind.

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Gut ein Viertel der erfassten Co-Working-Spaces befinden sich in Städten und Landkreisen mit einer überdurchschnittlich hohen Auspendlerquote (Relation der Anzahl der Auspendler zu der Anzahl in einem Ort lebender sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter). Knapp 15 Prozent der Co-Working-Spaces (307) finden sich in Städten oder Kreisen, in denen die Anzahl der Auspendler die Anzahl der dort zugleich arbeitenden und wohnenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer übersteigt. Beides spricht dafür, dass der „Working Place“ ein durchaus verbreitetes Phänomen insbesondere in Kreisen rund um die Ballungszentren ist, aber gleichwohl eher in der Minderzahl auftritt.  

Die Anzahl der Co-Working-Spaces in einer Region korreliert stark mit der Anzahl der Einpendler (Pearson-Korrelationskoeffizient = 0,807). Der „Transition Place“ sollte daher relativ häufig anzutreffen sein. Gut die Hälfte der Co-Working-Spaces ist in Städten oder Landkreisen angesiedelt, die eine überdurchschnittlich hohe Einpendlerquote aufweisen. Ferner beheimaten Orte, in die mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus anderen Städten und Kreisen pendeln als dort wohnen und gleichzeitig arbeiten, drei von zehn aller identifizierten Co-Working-Spaces (634).  

35 Landkreise oder kreisfreie Städte, darunter zum Beispiel Delmenhorst (2) oder Oberhausen (2), beheimaten insgesamt 149 Co-Working-Spaces, die aufgrund der Pendlerströme sowohl als „Working Places“ als auch als „Transition Places“ deklariert werden könnten.  

Der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Co-Working-Spaces und der Anzahl der am gleichen Ort wohnenden und arbeitenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist besonders stark (Pearson-Korrelationskoeffizient = 0,937). Dies spricht für eine weite Verbreitung der „Third Places“. Um deren Standort zu definieren, werden zwei Merkmale herangezogen. In Standorten mit „Third Places“ sollen erstens 50.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zugleich wohnen und arbeiten. Zweitens soll die Anzahl dieser Personen die Anzahl sowohl der Aus- als auch Einpendler übersteigen. Demnach wäre gut die Hälfte der erfassten Co-Working-Spaces (1.097) aufgrund ihrer räumlichen Lage dem Typ „Third Places“ zuzuordnen.     

Allerdings finden sich auf diese Weise definierte „Third Places“ nicht nur in Ballungszentren wie Berlin (244), Hamburg (112) oder Köln (68), sondern ebenfalls, wenn auch in geringerer Anzahl in eher ländlichen Kreisen wie dem Schwarzwald-Baar-Kreis (5), dem Emsland (3) und dem Vogtlandkreis (2). Ob ein Standort eher zu den „Third Places“ oder eher zu den „Living Places“ zählt, hängt folglich von der Wahl der konkreten sozio-räumlichen Kriterien ab. Nimmt man als Maßstab für eine ländliche Lage zum Beispiel eine Anzahl von weniger als 20.000 in einer Stadt oder einem Kreis lebender und arbeitender sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter, würden gerade einmal 1 Prozent der Co-Working-Spaces aufgrund ihres Standorts diesem Typ zugeordnet werden. Der „Living Place“ stellt nach dieser Lesart eher die Ausnahme dar.

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