Jeder zehnte Haushalt in Deutschland nutzt die Unterstützung durch eine Haushaltshilfe im Alltag. Besonders gefragt ist die Hilfe im Alltag in Haushalten mit einer pflegebedürftigen Person: Mehr als jeder Dritte Haushalt nutzt diese Hilfe. Doch immer noch ist diese vielfach nicht angemeldet.
Haushaltshilfen: Nur selten angemeldet
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Jeder zehnte Haushalt in Deutschland nutzt die Unterstützung durch eine Haushaltshilfe im Alltag. Besonders gefragt ist die Hilfe im Alltag in Haushalten mit einer pflegebedürftigen Person: Mehr als jeder Dritte Haushalt nutzt diese Hilfe. Doch immer noch ist diese vielfach nicht angemeldet.
Schwarzarbeit verpönt – und doch verbreitet
Laut einer großen europäischen Umfrage halten zwei Drittel der 27.565 befragten Europäer es für inakzeptabel, wenn jemand als Privatperson in einem Haushalt schwarzarbeitet. Nur rund 12 Prozent halten es für in Ordnung, wenn so Steuern und Sozialabgaben hinterzogen werden (Eurobarometer, 2020). Zugleich kennt rund ein Drittel (EU: 33 Prozent/D: 28 Prozent) der Befragten jemanden, der im letzten Jahr schwarzgearbeitet hat. Der günstigere Preis ist für rund die Hälfte der Grund, Arbeiten unter der Hand zu vergeben. Dabei dominieren europa- und deutschlandweit Dienstleistungen im und rund um Haus und Wohnung wie zum Beispiel Renovierungen (EU: 30 Prozent/D: 20 Prozent), gefolgt von Friseur/Kosmetikdienstleistungen (EU: 27 Prozent/D: 17 Prozent), Reparaturen (EU: 19 Prozent/D: 23 Prozent), Hilfe beim Einkaufen (EU: 17 Prozent/D: 26 Prozent) und Gartenarbeit (EU: 13 Prozent/D: 14 Prozent).
Viele dieser Leistungen werden auch von Haushaltshilfen übernommen. Der Anteil der Schwarzarbeit ist im Privathaushalt höher als in allen anderen Wirtschaftsbereichen (Enste, 2017). Seit Jahren liegt die Zahl der Haushaltshilfen, die nicht angemeldet werden und ohne Absicherung und Unfallversicherungsschutz illegal arbeiten laut unseren Schätzungen bei über 90 Prozent. Für die Berechnungen werden die jüngsten Zahlen aus den offiziellen Statistiken mit den Angaben aus dem SOEP – einer regelmäßigen Befragung von über 22.000 Haushalten in Deutschland verglichen. Die Anfang August 2023 veröffentlichten Daten des SOEP zeigen, dass rund 3,31 Millionen Haushalte in Deutschland regelmäßig und rund 1,02 Millionen gelegentlich eine Hilfe beschäftigen. Das heißt in 4,33 Millionen Haushalten putzt jemand und hilft beim Einkaufen. Aus der Statistik der Minijobzentrale ergibt sich, dass aber nur 287.099 Haushalte im März 2023 einen Minijobber angemeldet hatten. Laut Bundesagentur für Arbeit (2023) sind im Mai 2023 in Privathausalten nur noch rund 45.800 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt (ein Rückgang um 5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr). Schätzungsweise 20.000 Personen arbeiten selbständig in Privathaushalten. Unter der Annahme, dass diese Selbständigen in durchschnittlich drei Haushalten legal und auf Rechnung putzen, ergibt sich eine Lücke von 3,94 Millionen Haushalten (90,8 Prozent) in denen schwarz gereinigt, gemäht und bei der Bewältigung des Alltags geholfen wird (Abbildung).
Die monatlichen Kosten sind laut SOEP-Umfrage bei der regelmäßigen Beschäftigung im Durchschnitt um 10 Prozent von 163 Euro (2020) auf 180 Euro (2021) angestiegen.
Die Kosten pro Stunde liegen dabei aktuell unseren Recherchen zufolge zwischen mindestens 12 Euro bis zu 18/20 Euro, je nach Region (Stadt/Land), Berufserfahrung und Zuverlässigkeit. Außerdem spielt die Bereitschaft, sich bei der Minijobzentrale anmelden zu lassen, eine Rolle für die gezahlte Vergütung. Denn durch die Anmeldung bei der Minijobzentrale hat der Privathaushalt die Möglichkeit steuerliche Vorteile zu nutzen. Haushalte, die sich eine Haushaltshilfe leisten können, verfügen im Durchschnitt über ein Haushaltsnettoeinkommen von ca. 4.500 Euro (regelmäßig) bzw. 4.000 Euro (gelegentlich) im Vergleich zu ca. 3.000 Euro bei allen Haushalten.
Haushalte mit Pflegebedürftigen besonders betroffen
Von den rund 5 Millionen Pflegebedürftigen werden laut Statistischem Bundesamt (Destatis, 2023) 63 Prozent zu Hause überwiegend durch Angehörige gepflegt. Dies entlastet nicht nur die Pflegekassen, sondern vermindert die Engpässe im Bereich der ambulanten und stationären Pflege. Aber die Angehörigen schaffen dies vielfach nicht allein. 21 Prozent erhalten offizielle Hilfe vom ambulanten Pflege- und Betreuungsdienst. Aber im Vergleich zu den übrigen Haushalten suchen diese Haushalte mit zu pflegenden Angehörigen mehr als viermal so häufig auch Unterstützung durch Haushaltshilfen (Abbildung). Während nur 8,6 Prozent (6,3 Prozent regelmäßig und 2,3 Prozent gelegentlich) der Haushalte ohne Pflegebedürftigen jemand beschäftigt, liegt der Anteil bei Haushalten mit Pflegebedarf bei 37,4 Prozent (31,1 Prozent regelmäßig/6,7 Prozent gelegentlich). Dabei zeigt die Entwicklung hier einen leicht ansteigenden Verlauf, während der Anteil bei den übrigen Haushalten konstant geblieben ist.
Anmeldung scheitert an Gewohnheiten und fehlendem Angebot
Eine Person im Haushalt legal zu beschäftigen, sie so abzusichern und dabei auch von steuerlichen Vergünstigungen zu profitieren ist durch die Anmeldung bei der Minijobzentrale seit vielen Jahren schon recht unkompliziert möglich (www.minijobzentrale.de). So können auch schnell legale Beschäftigungsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten geschaffen werden, die dadurch Alltag und Sprache niedrigschwellig kennenlernen könnten. Aber von beiden Seiten wird die Anmeldung gescheut. Auch wenn Haushaltshilfen nicht selten letztlich viele Jahre im Haushalt arbeiten und ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut wird, möchten Haushalte oft keine vertraglichen Verpflichtungen eingehen. Der Privathaushalt ist bei vielen (noch?) kein Arbeitsort wie jeder andere auch: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder während des Urlaubs der Haushaltshilfe sind eine ungewohnte und ungewollte Verpflichtung. Sozialversicherungsabgaben zu zahlen ist umgekehrt für viele Hilfen unattraktiv, weil sie keine zusätzlichen Leistungen erhalten: zum Beispiel da sie über die Familienversicherung krankenversichert sind oder absehbar keine Rente oberhalb der Mindestsicherung erreichen können. Außerdem scheuen sie die bürokratischen Hürden. So boomt im und rund um den Privathaushalt weiter die Schattenwirtschaft. Wer ein legales Angebot nutzen möchte, muss lange suchen oder über eine Plattform oder gewerbliche Anbieter professionelle Hilfe buchen – zu deutlich höheren Preisen als bisher gewohnt.
Gutscheinmodell lässt auf sich warten
Andere Länder wie Frankreich (OECD, 2021) und Belgien haben mit Gutscheinmodellen versucht, die Preise zu subventionieren oder gewähren deutlich höhere steuerliche Anreize mit bis zu 50 Prozent (zum Beispiel Finnland, Schweden) als Deutschland. Mit Blick auf die weiter stark steigende Zahl der Pflegebedürftigen auf rund 7 Millionen (2070) und dem dadurch zunehmenden Unterstützungsbedarf auch im Alltag jenseits der eigentlichen Pflege, sollten auch in Deutschland endlich einfache Gutscheinmodelle getestet werden, die zielgenau und effizient helfen und seit Jahrzehnten diskutiert werden (Enste/Stettes, 2005). Die Umsetzung scheitert bisher offensichtlich noch an der technischen Umsetzung (App oder Plattform) und liegt zur Prüfung beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales– so zumindest Hubertus Heil am 5.7.2023 in einer Antwort auf die Frage zum Stand bei den Gutscheinen für Haushaltshilfen (Heil, 2023).
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