Die deutsche Volkswirtschaft steht aktuell und in diesem Jahrzehnt vor gewaltigen Herausforderungen. Gleichzeitig wirken vier Veränderungen disruptiv auf das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt: die Digitalisierung, die Dekarbonisierung, die Demografie und die De-Globalisierung.
Die Aufgaben der Hochschulen im Transformationsprozess
Gutachten für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die deutsche Volkswirtschaft steht aktuell und in diesem Jahrzehnt vor gewaltigen Herausforderungen. Gleichzeitig wirken vier Veränderungen disruptiv auf das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt: die Digitalisierung, die Dekarbonisierung, die Demografie und die De-Globalisierung.
Das vorliegende Gutachten zeigt, welchen Beitrag Hochschulen bereits heute leisten sowie künftig leisten sollten, um diese gleichzeitig stattfindenden Transformationsprozesse zu meistern. Die disruptiven Veränderungen erhöhen den Bedarf an qualifizierten Fachkräften sowie Expertinnen und Experten insbesondere in den MINT-Fächern, massiv. Deutsche Hochschulen tragen bereits auf unterschiedliche Weise zu einer erfolgreichen Transformation bei. Dennoch bestehen weiterhin Verbesserungspotenziale, die auch im internationalen Vergleich sichtbar werden.
Hochschulen leisten mit der Ausbildung von Studierenden bereits einen wichtigen Beitrag. Eine besondere Rolle spielen dabei Technische Universitäten und Fachhochschulen, die besonders häufig technisch orientierte Studiengänge anbieten. Insgesamt zeigt sich der Anteil von MINT-Absolventinnen und -Absolventen an allen Absolventinnen und Absolventen in den letzten Jahren jedoch rückläufig. Neben der Erstausbildung von Studierenden leisten Hochschulen weiterhin einen Beitrag, indem sie Weiterbildungsangebote schaffen, die auf die Anforderungen der Transformationsprozesse zugeschnitten sind. Insgesamt ist die Rolle der öffentlichen Hochschulen im Bereich der Weiterbildung jedoch noch gering. Einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des Fachkräftemangels in Deutschland kann auch die Zuwanderung von qualifizierten Kräften aus dem Ausland leisten. Gerade in den MINT-Fächern trägt die Zuwanderung schon aktuell zu einer Reduzierung des Fachkräfteengpasses bei. Auch in diesem Bereich leisten die Hochschulen einen Beitrag im Transformationsprozess, indem sie junge Menschen an den deutschen Hochschulen ausbilden, die anschließend zum Teil auch in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen. Die Entwicklungen der letzten Jahre weisen dabei einen positiven Trend auf. Vor dem Hintergrund der aktuellen Transformationsprozesse tragen Hochschulen nicht nur zur reinen Wissensvermittlung und Aus- bzw. Weiterbildung bei, sondern geben auch direkte Impulse zur Förderung von Innovationen und Gründungsaktivitäten. Kooperationen mit der Wirtschaft erweisen sich hier als bedeutend, um wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis von Unternehmen und Gesellschaft weiterzutragen. Wie Auswertungen der IW-Patentdatenbank zeigen, gelingt es Hochschulen — im Vergleich zu anderen Patentanmeldetypen, wie etwa Unternehmen — überdurchschnittlich gut, die innovativen Potenziale von Erfindenden mit Migrationshintergrund und erfindenden Frauen zu erschließen. Besonders MINT-intensiv und innovationsgünstig erweisen sich jene Kreise, die Standort einer Technischen Universität sind. Auch für die Überführung innovativer Ideen in tatsächliche Gründungsaktivitäten sind Hochschulen von Bedeutung. Insbesondere Gründungsaktivitäten an Technischen Hochschulen stellen ein großes, bisher noch nicht ausreichend genutztes, Potenzial für die aktuellen Transformationsprozesse dar.
Im internationalen Vergleich, bezogen auf eine Auswahl anderer OECD-Länder, zeigen deutsche Hochschulen überdurchschnittlich hohe MINT-Absolventenanteile, darunter jedoch einen geringen Anteil weiblicher Absolventinnen. In vielen Kategorien landet Deutschland im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern im Mittelfeld, darunter die Bildungsausgaben pro Bildungsteilnehmenden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung an Hochschulen oder auch der Anteil der Unternehmen, die bei Innovationen mit Hochschulen kooperieren.
Insgesamt ergeben sich verschiedene Handlungsempfehlungen, um die Potenziale von Hochschulen im gesellschaftlichen Transformationsprozess besser auszuschöpfen:
- Stärkung der MINT-Kompetenzen im schulischen Bildungssystem und Ausweitung der MINT-Lehrkapazitäten an Hochschulen samt besserer Brückenkurse zur Vermeidung von Abbrüchen.
- Mehr klischeefreie Studienorientierung und mehr spezifische Programme zur Erschließung der Potenziale von Frauen sowie Zuwanderinnen und Zuwanderern.
- Ausbau berufsbegleitender modularer Weiterbildungsangebote an Hochschulen (Klimaschutz, KI, …).
- Mehr Lehrkapazität für und Begleitung von Studierenden aus dem Ausland mit dem Ziel von 20.000 zusätzlichen Zuwanderern über die Hochschule pro Jahr.
- Erhöhung der Bildungs- und Forschungsausgaben an Hochschulen um 10 Mrd. Euro pro Jahr mit Schwerpunkt auf die Bereiche Digitalisierung und Klimaschutz.
- Bessere Strukturen und mehr Ressourcen für Kooperationen mit der Wirtschaft und Gründungsaktivitäten. Gründungskultur an Hochschulen schaffen.
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