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Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 46 31. Mai 2022 Das Zusammenspiel zwischen Gastgewerbe und Innenstadt

Das Gastgewerbe ist von jeher wichtig für eine attraktive und prosperierende Innenstadt. Die Corona-Pandemie und die verhängten Beschränkungen haben gezeigt, wie groß der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Innenstadtbesuche und dem Angebot im Gastgewerbe tatsächlich ist.

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Das Zusammenspiel zwischen Gastgewerbe und Innenstadt
Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 46 31. Mai 2022

Das Zusammenspiel zwischen Gastgewerbe und Innenstadt

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Das Gastgewerbe ist von jeher wichtig für eine attraktive und prosperierende Innenstadt. Die Corona-Pandemie und die verhängten Beschränkungen haben gezeigt, wie groß der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Innenstadtbesuche und dem Angebot im Gastgewerbe tatsächlich ist.

Eine Analyse des Umsatzes im Einzelhandel und der Anzahl an Passanten in ausgewählten Städten (Goecke/Rusche, 2021; Goecke/Rusche, 2022) offenbart, dass in den Pandemiejahren 2020 und 2021 die Passantenzahlen im Vergleich zu 2019 stark gesunken sind. Gleichzeitig ist der gesamte Einzelhandelsumsatz während der Pandemiejahre sogar leicht gestiegen. Mögliche Ursachen für diese divergierenden Entwicklungen sind der Trend zum Onlinehandel und der verstärkte Kauf beispielsweise in Supermärkten außerhalb der Innenstadt.

Werden hingegen nur Einzelhandelsbereiche betrachtet, die tendenziell eher in der Innenstadt anzutreffen sind, kann in den beiden Pandemiejahren ein gesunkener Umsatz verzeichnet werden. Dieser Umsatzrückgang fällt jedoch selbst in den am schwersten getroffenen Bereichen des Einzelhandels geringer aus, als es der Rückgang bei den Passanten nahelegen würde (ebenda). Dies veranlasste Goecke und Rusche (2021) zu der Schlussfolgerung, dass der Einzelhandel in den Innenstädten nicht der am schwersten betroffene Bereich ist.

Eine Analyse der Umsatzzahlen im Gastgewerbe gemäß der Monatsstatistik des Statistischen Bundesamts (2022a) und der Passantenzahlen offenbart nun, dass zwischen diesen Größen ein enger Zusammenhang besteht (Abbildung). Sowohl die Umsätze als auch die Anzahl an Passanten sind im Vergleich zum Jahr 2019 stark gesunken.

Daten

Die Daten zu den Passanten kommen von der Firma Hystreet (hystreet.com; vgl. Goecke/Rusche, 2021 und 2022), welche in zahlreichen Innenstädten – insbesondere in Deutschland – Kameras installiert hat, um in den jeweiligen Abschnitten die Passantenfrequenz zu messen. Für den vorliegenden Kurzbericht verwendet werden lediglich Zählstellen, die 2019 bis 2021 durchgängig in Betrieb waren und wo höchstens 20 Tageswerte beispielsweise aufgrund eines Defekts fehlen. Folglich können für Deutschland 27 Zählstellen in 16 Städten verwendet werden. An diesen 27 Zählstellen wurden 2019 rund 266 Millionen Passanten gemessen. 2020 waren es nur noch 180 Millionen und 2021 rund 172 Millionen Passanten. Anhand der Passantenzahlen werden zudem die Auswirkungen des 1. Lockdowns beginnend im März 2020 genauso deutlich wie die Einschränkungen ab Oktober 2020.   

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Die Umsatzentwicklung im Gastgewerbe, welches durch die Gastronomie und das Beherbergungsgewerbe gebildet wird, zeigt ebenfalls Spuren der Entwicklung während der Pandemie. Die Umsatzangaben sind seitens des Statistischen Bundesamts auf das Jahr 2015 normiert. Den durchschnittlichen Umsätzen eines Monats im Jahr 2015 wird der Wert 100 zugewiesen. Im Jahr 2019 betrug der durchschnittliche Umsatz im Beherbergungsgewerbe bereits 113,7 und in der Gastronomie 114,2. Folglich wurde in der Gastronomie und im Gastgewerbe 2019 rund 14 Prozent pro Monat mehr Umsatz generiert als dies 2015 pro Monat der Fall war.

Auswirkungen der Pandemie

Im Beherbergungsgewerbe betrugen diese Durchschnitte jedoch nur noch 63,1 im Jahr 2020 und rund 65 im Jahr 2021. In der Gastronomie betragen die Werte rund 78 im Jahr 2020 und 77 im Jahr 2021. Besonders deutlich werden an der Umsatzentwicklung auch die Einschränkungen beginnend im März 2020, deren Lockerung ab Mai 2020 sowie die erneute Verschärfung insbesondere ab November 2020. Die durchschnittlich höheren Umsatzzahlen in der Gastronomie in der Monatsstatistik in den Jahren 2020 und 2021 erklären sich insbesondere dadurch, dass die Verluste während der Einschränkungen geringer ausfielen als im Bereich der Beherbergung.  

In absoluten Zahlen sind die Verluste in der Gastronomie jedoch höher als im Beherbergungsgewerbe. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass in der Gastronomie ein höherer Umsatz zu verzeichnen ist. Gemäß der Jahresstatistik 2019 des Statistischen Bundesamts (2022b) betrug der Umsatz in der Gastronomie rund 69,8 Milliarden Euro und im Bereich Beherbergung circa 34,4 Milliarden Euro.

Wird diese Jahresstatistik des Jahres 2019 mit Hilfe der Monatsstatistik (Statistisches Bundesamt, 2022a) fortgeschrieben, so beträgt der Umsatzverlust in jeweiligen Preisen in der Beherbergung 15,3 Milliarden Euro im Jahr 2020 und 14,8 Milliarden Euro im Jahr 2021. In der Gastronomie hingegen wurden 2020 rund 22,4 und 2021 22,5 Milliarden Euro weniger umgesetzt.

Innenstädte

Der Enge Zusammenhang zwischen den Passantenzahlen in den zur Verfügung stehenden Innenstädten und den Umsätzen im Gastgewerbe legt nahe, welche Bedeutung das Gastgewerbe für die Innenstädte hat. In diesem Zusammenhang muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass eine Kausalität zwischen Umsatz im Gastgewerbe und Passantenzahlen nicht einfach angenommen werden kann. Zunächst bilden die 16 Städte nicht die Gesamtheit der Innenstädte und Ortszentren in Deutschland ab, sondern bieten lediglich einen Ausschnitt. Andererseits liegt es zwar nahe, dass die erzwungene Schließung von Einzelhandel und Gastgewerbe negativ auf die Anzahl an Passanten gewirkt hat. Jedoch kann auch die Furcht vor Ansteckung sowie die Beschränkung der Mobilität für den Rückgang gesorgt haben.

Dennoch kommt dem Gastgewerbe eine entscheidende Bedeutung für die Attraktivität der Innenstadt zu. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern muss ein Anreiz geboten werden, um die Innenstadt zu besuchen. Über sein Angebot kann insbesondere das Gastgewerbe dies leisten, da die entsprechenden Dienstleistungen in der Regel nicht durch Onlineangebote adäquat substituiert werden können. Durch mehr Passanten können des Weiteren auch die Einzelhändler profitieren. Entsprechend kann durch ein breites Angebot im Gastgewerbe zusätzlich auch die Attraktivität der Innenstädte und Ortszentren im Einzelhandelsbereich aufrechterhalten werden.

Fazit

Obwohl die konkrete Ausgestaltung der Hilfen für das Gastgewerbe während der Corona-Pandemie durchaus diskutiert werden kann und wird (Hentze, 2020), kann die Zahlung von Hilfen auch mit der Bedeutung für die Innenstädte gerechtfertigt werden. Je mehr Angebote den Verbraucherinnen und Verbrauchern gemacht werden können, desto höher dürfte die Attraktivität der Innenstädte sein. Ein verbreiteter Leerstand in Folge von Corona hätte damit auch die Unternehmen vor Herausforderungen gestellt, die die Pandemie und die administrierten Einschränkungen überstanden hätten.

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