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Alexander Burstedde / Dirk Werner IW-Kurzbericht Nr. 17 28. Februar 2018 Unternehmen müssen mehr Zeit für Personalsuche einplanen

Die sich verschärfenden Fachkräfteengpässe erschweren zunehmend die Personalsuche. Die Besetzung offener Stellen dauert heute mit durchschnittlich 82 Tagen deutlich länger als früher. Die meisten Stellen werden sehr kurzfristig ausgeschrieben und können nicht zum Wunschtermin besetzt werden. Eine vorausschauende Personalplanung hilft, unbesetzte Stellen und lange Vakanzzeiten zu vermeiden.

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Unternehmen müssen mehr Zeit für Personalsuche einplanen
Alexander Burstedde / Dirk Werner IW-Kurzbericht Nr. 17 28. Februar 2018

Unternehmen müssen mehr Zeit für Personalsuche einplanen

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die sich verschärfenden Fachkräfteengpässe erschweren zunehmend die Personalsuche. Die Besetzung offener Stellen dauert heute mit durchschnittlich 82 Tagen deutlich länger als früher. Die meisten Stellen werden sehr kurzfristig ausgeschrieben und können nicht zum Wunschtermin besetzt werden. Eine vorausschauende Personalplanung hilft, unbesetzte Stellen und lange Vakanzzeiten zu vermeiden.

Engpässe bei beruflich und akademisch qualifizierten Fachkräften haben sich inzwischen auf viele Berufe und Regionen ausgebreitet. Aktuell sind bereits zwei Drittel aller offenen Stellen für qualifiziertes Personal nur schwer zu besetzen (Burstedde/Risius, 2017). Kleine Unternehmen sind besonders stark betroffen und müssen fast jede dritte Personalsuche erfolglos abbrechen (Bossler et al., 2017). Mit den Fachkräfteengpässen gehen längere Zeiträume bis zur Besetzung offener Stellen einher. Unternehmen planen inzwischen mit einer durchschnittlichen Besetzungsdauer von 59 Tagen (IAB, 2017). Das sind 11 Tage mehr als noch 2010. Die Vakanzdauer, also die Zeit zwischen gewünschter und tatsächlicher Besetzung einer Stelle, stieg dennoch von 22 auf 24 Tage. Unternehmen haben demnach ihre Personalsuche bereits an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Allerdings ist die Zeit bis zur tatsächlichen Stellenbesetzung stärker gestiegen als der Planungshorizont der Unternehmen, und zwar um 13 Tage auf 82 Tage insgesamt. Unternehmen müssen somit für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter noch mehr Zeit einplanen als bisher.

Personalbedarf scheint heute kurzfristiger zu entstehen als früher. Im Jahresdurchschnitt 2011 waren noch 70 Prozent der Stellen sofort zu besetzen, zuletzt waren es 76 Prozent (IAB, 2017). Aufgrund der zunehmenden Fachkräfteengpässe wäre eigentlich eine langfristigere Personalplanung sinnvoll. Die beobachtete Entwicklung könnte jedoch auch aus der guten wirtschaftlichen Lage und einer hohen Dynamik bei der Auftragslage resultieren. Die Beurteilung der Geschäftslage durch die Unternehmen hat sich seit Ende 2016 stark positiv entwickelt (ifo, 2017). Die Unternehmen können ihren Personalbedarf derzeit eventuell schlecht absehen; insbesondere kleine Unternehmen dürfte dies betreffen.

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Daten der Bundesagentur für Arbeit (2017) belegen, dass die Vorlaufzeiten bei Stellenausschreibungen oft sehr kurz sind. Nur 14 Prozent aller den Arbeitsagenturen bekannten Stellen werden mehr als einen Monat früher gemeldet, als sie besetzt werden sollen. Dieser Anteil ist seit 2011 sogar leicht zurückgegangen – obwohl, wie oben gezeigt wurde, die durchschnittliche geplante Besetzungsdauer deutlich gestiegen ist. Die Stellen scheinen den Arbeitsagenturen also heute häufig erst später gemeldet zu werden als früher. Doch auch die Arbeitsagenturen brauchen Vorlaufzeit und sollten deswegen möglichst früh in den Rekrutierungsprozess eingebunden werden, um ihre Unterstützungsmöglichkeiten voll ausschöpfen zu können.

Insgesamt hat die Nachfrage nach den Dienstleistungen der Arbeitsagenturen bei der Stellenbesetzung angezogen: Der Anteil der gemeldeten Stellen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2011 waren es noch 43 Prozent, heute sind es bereits 52 Prozent (IAB, 2017). Die kürzeren Vorlaufzeiten könnten demnach auch auf die Neu-Nutzer zurückzuführen sein, insofern diese kurzfristiger melden als Alt-Nutzer.

Unterschiede nach Qualifikationsniveau

Die Besetzungsdauer hängt wesentlich von der gesuchten Qualifikation ab. Für Ungelernte dauerte die Besetzung einer Stelle im Jahr 2015 im Durchschnitt lediglich 53 Tage (Brenzel et al., 2016). Für Personal mit Berufsausbildung, Meister-, Techniker- oder Fachschulabschlüssen waren es bereits 89 Tage. Bei Akademikern dauerte die Besetzung mit durchschnittlich 107 Tagen am längsten. Passend dazu werden die Stellen für Experten den Arbeitsagenturen am häufigsten deutlich vor der gewünschten Stellenbesetzung gemeldet, doch auch hier haben nur 24 Prozent der Stellen eine Vorlaufzeit von mehr als einem Monat (Abbildung). Im Jahr 2011 waren es noch 27 Prozent, womit der Rückgang in diesem Segment am stärksten war. Obwohl die Rekrutierung von Mitarbeitern inzwischen längere Planungshorizonte erfordert, ging die Vorlaufzeit auf allen Anforderungsniveaus zurück.

Rekrutierung in Engpassberufen

Die Entwicklung in den einzelnen Berufsgruppen ist ebenfalls sehr unterschiedlich. So wurden 2016 etwa 54 Prozent der Stellen für Servicekräfte im Personenverkehr mit mindestens einem Monat Vorlaufzeit gemeldet, während es 2011 noch lediglich 31 Prozent waren. Bei der Suche nach Arbeitskräften für Mathematik und Statistik ist der Anteil hingegen von 40 Prozent auf 24 Prozent gesunken. Diese Entwicklungen scheinen unabhängig von der Fachkräftesituation zu sein: Es gibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen der Veränderung der Engpassrelation, also dem Verhältnis von Arbeitslosen zu gemeldeten Stellen in einem Beruf (vgl. Burstedde/Risius, 2017), und der Veränderung des Anteils frühzeitig gemeldeter Stellen. Die Fachkräfteengpässe scheinen also weder zu einer systematischen Verlängerung der Planungshorizonte bei der Stellenbesetzung zu führen, noch zu generell kurzfristigeren Personalsuchen aufgrund höherer Fluktuation oder anderer Ursachen.

Größerer Vorlauf reduziert unbesetzte Stellen und Vakanzzeiten

Zur Vermeidung von Vakanzen wäre es ratsam, die erforderlichen längeren Besetzungsdauern noch stärker in den Rekrutierungsprozessen zu berücksichtigen. Je schwieriger die Personalsuche, desto mehr Suchwege müssen beschritten werden, um die Stelle erfolgreich zu besetzen (Heckmann et al., 2010). Ein Unternehmen, das die Fachkräftesituation gut kennt, kann bei absehbar schwer zu besetzenden Stellen von vorneherein mit einem erhöhten Aufwand und einem längeren Zeithorizont auf die Suche gehen. Unbesetzte Stellen und Vakanzzeiten ließen sich so reduzieren. Wenn Unternehmen erst im Suchprozess feststellen, dass sie zur Besetzung ihrer Stelle mehr oder andere Maßnahmen ergreifen müssen, werden Vakanzen häufig nicht mehr abzuwenden sein.

Weil die Besetzung von Stellen häufig länger dauert als geplant, bleiben Stellen heute auch länger unbesetzt als früher. Gerade kleine Unternehmen haben besonders häufig Schwierigkeiten Personal zu finden (Bossler et al, 2017). Eine vorausschauende Personalbedarfsplanung kann dabei helfen, Stellen pünktlich zu besetzen. In den nächsten Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Eine demografiefeste Personalarbeit wird deshalb immer wichtiger.

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