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Thomas Obst / Jürgen Matthes / Samina Sultan IW-Report Nr. 14 4. März 2024 Was ist, wenn Trump wiedergewählt wird?

Eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November 2024 könnte der Welthandelsordnung erheblich schaden, falls Trump wie angekündigt die US-Zölle anheben würde, um vor allem das Handelsdefizit der USA zu verringern.

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Was ist, wenn Trump wiedergewählt wird?
Thomas Obst / Jürgen Matthes / Samina Sultan IW-Report Nr. 14 4. März 2024

Was ist, wenn Trump wiedergewählt wird?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November 2024 könnte der Welthandelsordnung erheblich schaden, falls Trump wie angekündigt die US-Zölle anheben würde, um vor allem das Handelsdefizit der USA zu verringern.

Ein solches Szenario würde sich nicht nur negativ auf die Weltwirtschaft auswirken – in einer Zeit erheblicher globaler Spannungen. Auch die Welthandelsorganisation (WTO) würde einen weiteren Schlag erleiden, da die von Trump vage angekündigten Zollerhöhungen klar gegen die internationalen Handelsregeln verstoßen. Auch die transatlantischen Beziehungen zur Europäischen Union (EU) dürften darunter leiden. Erstens könnten alte Handelsstreitigkeiten wieder aufflammen, die mit der Biden-Administration weitgehend beigelegt wurden, zum Beispiel in Bezug auf Stahl und Aluminium. Zweitens könnte Trump die kooperativen Maßnahmen der Biden-Regierung aufheben, die die protektionistischen Elemente des US Inflation Reduction Act (IRA) für EU-Exporteure abschwächen. Drittens wäre die Zukunft des EU-US-Handels- und Technologierats (Trade and Technology Council TTC) womöglich gefährdet.

In diesem Report werden die Auswirkungen von zwei Szenarien simuliert, die per Annahme Anfang 2025 umgesetzt werden könnten. Szenario 1 beinhaltet eine Erhöhung der US-Zölle auf 10 Prozent auf alle US-Einfuhren und auf 60 Prozent auf US-Einfuhren aus China, was einer Zollerhöhung um 40 Prozentpunkte entspricht. Diese Drohungen wurden von Donald Trump und seinen früheren Handelsberatern öffentlich in Aussicht gestellt. In Szenario 2 würde China als Reaktion auf Szenario 1 mit einer Zollerhöhung um 40 Prozentpunkte auf seine Einfuhren aus den USA antworten. Diese beiden Szenarien werden mit dem Global Economic Model von Oxford Economics für die vier Jahre einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps von 2025 bis 2028 simuliert und ergeben folgende Ergebnisse.

In beiden Szenarien würde das Niveau des realen US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA in den ersten Jahren in einer Größenordnung von bis zu etwa 1 bis 1,4 Prozent geringer ausfallen als im Basisszenario ohne Zollerhöhungen. Dies ist zum Teil auf einen angenommenen vorübergehenden Vertrauensschock zurückzuführen, der sich vor allem auf die privaten Investitionen und den privaten Verbrauch auswirkt. Darüber hinaus sinkt der private Verbrauch auch aufgrund höherer Verbraucherpreise. Die kumulierten BIP-Verluste (in konstanten Preisen) über den 4-Jahres-Horizont belaufen sich in den USA auf fast 600 Milliarden US-Dollar in Szenario 1 und fast 1.000 Milliarden US-Dollar in Szenario 2. In Szenario 1 würde der BIP-Effekt im Jahr 2028 allerdings kaum noch negativ sein. Dies ist hauptsächlich zurückzuführen auf den temporären Charakter eines angenommenen Vertrauensschocks sowie auf eine Verbesserung der Handelsbilanz, des staatlichen Haushaltssaldos und der Terms of Trade. Im Fall einer Vergeltung Chinas in Szenario 2 würden die USA jedoch auch mittelfristig BIP-Verluste in der Größenordnung von etwa ½ Prozentpunkt des BIP erleiden mit leicht abnehmender Tendenz über die Folgejahre.

Die Weltwirtschaft, besonders die exportorientierten Länder, wären von den simulierten Zollschocks stärker betroffen als die USA. In Szenario 2 würde das weltweite BIP im Jahr 2028 um mehr als 1 Prozent niedriger liegen als im Basisszenario. Darüber hinaus würde der Welthandel negativ beeinflusst werden. Die Wirkungen dieser Effekte lassen sich am Beispiel Deutschlands verdeutlichen als einer relativ handelsoffenen und exportorientierten Volkswirtschaft. In Szenario 2 würde die Nachfrage der wichtigsten Exportpartner Deutschlands im Jahr 2028 um etwa 5,5 Prozent niedriger ausfallen als im Basisszenario ohne Zollerhöhungen. Dies entspricht einem Rückgang der deutschen Exporte von 4,5 Prozent. In der Folge fallen die privaten Investitionen deutlich geringer aus. In absoluten Werten wären sie in Szenario 2 um 27 Milliarden Euro niedriger und würden damit mehr als die Hälfte des gesamten BIP-Rückgangs von rund 50 Milliarden Euro im Jahr 2028 (in konstanten Preisen) ausmachen. Dies entspricht einem Rückgang des BIP-Niveaus um etwa 1,4 Prozent gegenüber dem Basisszenario. Aber auch in Szenario 1 wäre das BIP im Jahr 2028 um 1,2 Prozent niedriger, ein deutlich stärkerer Rückgang als in den USA. In absoluten Zahlen belaufen sich die kumulierten BIP-Verluste (in konstanten Preisen) über den 4-Jahres-Zeithorizont auf mehr als 120 Milliarden Euro für Deutschland in Szenario 1 und auf fast 150 Milliarden Euro in Szenario 2. Die wesentlichen Gründe für den Unterschied zu den USA liegen in der Tatsache, dass Deutschland stärker exportorientiert ist und sich seine Handelsbilanz verschlechtern würde, während sich die Handelsbilanz der USA verbessert. Auch die EU wäre stärker betroffen als die USA.

Angesichts der negativen Auswirkungen eines möglichen erneuten Protektionismus unter Donald Trump sollte die EU in zwei Richtungen vorgehen: Erstens muss sie sich auf ein solches Szenario vorbereiten. Die EU sollte dazu die verbleibende Amtszeit von Präsident Biden nutzen, um die Handelsbeziehungen mit den USA auf eine beständigere Grundlage zu stellen. Im besten Fall könnte dies durch die Institutionalisierung des TTC gelingen sowie die Unterzeichnung der derzeit verhandelten Abkommen über kritische Mineralien und nachhaltigen Stahl. Ein weiterer Schritt sollte darin bestehen, dass die EU ihre Beziehungen zu anderen Handelspartnern fördert, indem sie mehr Freihandelsabkommen ratifiziert, etwa mit Australien, dem Mercosur, Indonesien oder Indien. Zweitens sollte die EU in der Lage sein zu reagieren, wenn Trump mit neuen Handelsbarrieren gegen die EU droht. Dazu sollte die EU ihrerseits bereit sein, glaubhafte Vergeltungsmaßnahmen anzudrohen. Das von der EU kürzlich geschaffene Anti Coercion Instrument könnte den Rahmen für den Beschluss und die mögliche Umsetzung solcher Maßnahmen bieten. Während Vergeltungsmaßnahmen den Handelskrieg verschärfen und die ökonomischen Effekte verschlimmern würden, erscheint ein Gegenstrategie aus realpolitischer Perspektive nötig.

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