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Martin Beznoska / Tobias Hentze/ Björn Kauder IW-Report Nr. 21 19. April 2024 Stellungnahme für den Vorsitzenden des Finanzausschusses des Landtags Schleswig-Holstein: Schuldenbremse und Investitionsquoten

Angesichts der bestehenden Herausforderungen, insbesondere der Transformation zur Klimaneutralität, erscheinen die bestehenden Grenzwerte der Schuldenbremse als zu eng. Dies gilt umso mehr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, in dem die Haushaltsprinzipien der Jährlichkeit und Jährigkeit betont wurden.

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Schuldenbremse und Investitionsquoten
Martin Beznoska / Tobias Hentze/ Björn Kauder IW-Report Nr. 21 19. April 2024

Stellungnahme für den Vorsitzenden des Finanzausschusses des Landtags Schleswig-Holstein: Schuldenbremse und Investitionsquoten

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Angesichts der bestehenden Herausforderungen, insbesondere der Transformation zur Klimaneutralität, erscheinen die bestehenden Grenzwerte der Schuldenbremse als zu eng. Dies gilt umso mehr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, in dem die Haushaltsprinzipien der Jährlichkeit und Jährigkeit betont wurden.

Auch im Sinne einer Stärkung des Potenzialwachstums mittels wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen kann eine Reform der Schuldenbremse ein lohnendes Projekt sein. Der öffentliche Investitionsbedarf ist offenkundig. Vor diesem Hintergrund ist eine stärkere Ausrichtung der öffentlichen Haushalte auf Investitionen zielführend.

Eine objektiv richtige Ausgestaltung der Schuldenbremse gibt es nicht. Vielmehr kommt es auf die normativen Beweggründe für eine Fiskalregel an. Sinn und Zweck einer Schuldenregel sollte nicht in erster Linie eine kontinuierliche Rückführung der Schuldenstandquote, sondern das Sicherstellen tragfähiger öffentlicher Finanzen sein. Aktuell sprechen die Einführung von Sondervermögen (Bundeswehr) wie auch der Versuch der Politik, Kreditmittel aus Notlagen in späteren normalen Wirtschaftsjahren zu nutzen, dafür, dass die Politik mit der derzeit geltenden Fiskalregel überfordert ist, so dass eine Änderung im Sinne der volkswirtschaftlichen Dynamik zielführend sein kann. In dem Zuge bedürfen auch technische Aspekte wie die Konjunkturkomponente oder der Umgang mit Notlagen einer Überarbeitung.

Die Diskussion über eine Reform der Schuldenbremse sollte aber nicht bei der maximal erlaubten strukturellen Nettokreditaufnahme oder einer Neuberechnung der Konjunkturkomponente stehenbleiben. Vielmehr sollten weitergehende Reformalternativen diskutiert werden. Auch eine Berücksichtigung der Zinsbelastung wäre denkbar. In Zeiten niedriger Zinsen könnte zum Beispiel mehr Verschuldung erlaubt sein als bei hohen Zinsen. Ebenfalls könnte die erlaubte Nettokreditaufnahme auf die Schuldenstandquote konditioniert werden. Zudem lohnt der Blick ins Ausland. Die Schweizer Schuldenbremse stellt beispielsweise die Ausgaben in den Mittelpunkt, nicht die Nettokreditaufnahme. Klar ist, dass derartige Reformen einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag bedürfen und in Einklang mit den Fiskalregeln der Europäischen Union (EU) zu bringen sind.

Für das Land Schleswig-Holstein wäre eine moderate Ausweitung der Verschuldungsgrenzen verkraftbar. Dies gilt auch für die in dem Fall steigenden Zinsausgaben. Zwar hat das Land noch eine überdurchschnittliche Schuldenstandquote im Vergleich der Bundesländer, konnte diese aber in den vergangenen zehn Jahren trotz der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine senken. Auch die Zins-Steuer-Quote liegt im historischen Vergleich weiterhin auf moderatem Niveau, auf dem sie voraussichtlich verharren wird, trotz eines leichten Anstiegs in den vergangenen Jahren.

Inwieweit eine in der Landesverfassung verankerte Investitionsquote zur Erreichung des Ziels von mehr öffentlichen Investitionen geeignet ist, ist fraglich. Zwar ist eine Fokussierung auf Investitionen zielführend, allerdings sollten Zielwerte je nach Rahmenbedingungen dynamisch, also in der Tagespolitik, festgelegt werden. Ein einmal in der Verfassung verankerter Wert ist nur schwerlich zu ändern und kann situativ zu starr sein. Zudem vernachlässigt eine Quote die qualitative Dimension einer Investition.

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