Der Einsatz digitaler Lehr- und Lernmethoden in der betrieblichen Ausbildung hat seit 2019 deutlich zugenommen. Unternehmen sehen insbesondere für den Lernerfolg Vorteile. Um auch Nachzügler für das Lernen mit digitalen Medien zu gewinnen, sind grundlegende Beratung zur Digitalisierung, Umsetzungspartner und Erfahrungsaustausch hilfreich.
Digitales Lernen in der Ausbildung: Unterstützung und Partner benötigt
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Der Einsatz digitaler Lehr- und Lernmethoden in der betrieblichen Ausbildung hat seit 2019 deutlich zugenommen. Unternehmen sehen insbesondere für den Lernerfolg Vorteile. Um auch Nachzügler für das Lernen mit digitalen Medien zu gewinnen, sind grundlegende Beratung zur Digitalisierung, Umsetzungspartner und Erfahrungsaustausch hilfreich.
Der Einsatz digitaler Lernformate in der Ausbildung steigt
Ausbilder setzen in der betrieblichen Ausbildung immer häufiger digitale Lehr- und Lernmethoden und entsprechende Medien ein. Im Zeitvergleich von 2019 bis 2021 zeigen IW-Unternehmensbefragungen, dass die Anzahl eingesetzter digitaler Lernmedien sich sukzessive erhöht. Lag diese 2019 durchschnittlich noch bei 3,3 (Risius / Seyda, 2020), wuchs sie 2020 auf 3,6 (Risius, 2020) und mit der Erhebung 2021 schließlich auf 4,0 eingesetzter Lernmedien bezogen auf eine jeweils identisch abgefragte Liste mit insgesamt zehn Medien an.
Unter den digitalen Lehr- und Lernmethoden sind dabei interaktive Formate wie webbasierte Lösungen (zum Beispiel Webinare, virtuelle Klassenzimmer – 63,1 Prozent der Unternehmen) und Wissensbibliotheken (55,1 Prozent), aber auch Medien wie Lernvideos und Podcasts (56,9 Prozent) weit verbreitet. Etwas weniger häufig setzen Ausbilder digitale Arbeitsmittel gezielt als Lernmittel ein oder nutzen digitale Berichtshefte und Lernsoftware. Nur etwa ein Viertel der Unternehmen nutzt bereits digitale Lernerfolgsmessungen. Wenig verbreitet sind nach wie vor aufwendige digitale Lernszenarien wie Serious Games, Simulationen oder virtuelle Welten. Lediglich etwa sieben Prozent der Unternehmen nutzen bislang derartige Lösungen in der betrieblichen Ausbildung.
Parallel zur intensiveren Nutzung digitaler Lehr- und Lernmethoden ging der Anteil der Unternehmen, die ihre Ausbildung vollständig ohne digitale Lernformate gestalten, zuletzt leicht zurück. Lag er sowohl 2019 als auch 2020 noch bei 15,3 Prozent, verzichteten 2021 nur noch 10,4 Prozent der Ausbildungsunternehmen auf digitale Lernformate. Diese Unternehmen gestalten die betriebliche Ausbildung auch sonst deutlich weniger digital. Sie vermitteln nur wenige digitale Kompetenzen, beschäftigen sich generell nicht mit der Digitalisierung der Ausbildung und ihre Ausbilder machen sich nur selten mit den neuesten Technologien vertraut. Fast alle Unternehmen, die ohne digitale Lernmedien ausbilden, (98,5 Prozent) gelten im Index „Ausbildungsunternehmen 4.0“ (vgl. Risius / Seyda, 2020) als digitale Nachzügler. 2021 machten die digitalen Nachzügler etwa 20,4 Prozent aller ausbildenden Unternehmen aus. Unternehmen, die bereits Teile der Ausbildung digital gestalten, werden als Second Mover, noch weiter fortgeschrittene Unternehmen als Ausbildungsunternehmen 4.0 oder digitale Vorreiter bezeichnet.
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Viele Unternehmen sehen didaktische und zeitliche Vorteile im Medieneinsatz
Der Anstieg bei der Nutzung digitaler Lehr- und Lernmethoden zeigt, dass die Vorteile digitalen Lernens zunehmend erkannt werden. Aus Sicht von Ausbildern liegen die Vorteile insbesondere darin, dass digitale Lernmedien zur Veranschaulichung bestimmter Inhalte besser geeignet sind, sie eine vielfältigere Gestaltung der Ausbildung ermöglichen und Auszubildende so auch den Umgang mit digitalen Medien im Allgemeinen erlernen (Allensbach, 2018). Dabei ist das Potenzial digitaler Lernmedien nicht auf einen Kompetenzbereich begrenzt, sondern Ausbilder sehen darin Möglichkeiten zur Vermittlung von Fachkompetenzen ebenso wie von fachübergreifenden und Selbstkompetenzen (Risius, 2021). Etwa drei Viertel der Ausbilder fühlen sich sicher beim Einsatz digitaler Lernmedien in der beruflichen Ausbildung (Seyda / Risius, 2021).
Auch Unternehmen erkennen entsprechende didaktische Potenziale: 62 Prozent aller ausbildungsaffinen Unternehmen stimmen der Aussage zu, dass digitale Lernmedien bestimmten Auszubildenden den Zugang zu Lerninhalten erleichtert. Dass digitale Arbeits- und Lernmethoden bei Jugendlichen zu einer erhöhten Motivation führen, bestätigen 55 Prozent. Insgesamt sehen Unternehmen, die zu den digitalen Vorreitern in der Ausbildung zählen, mehr Vorteile in digitalen Lehr- und Lernmethoden. Dies gilt insbesondere für die Potenziale, die Lernmedien für den Einstieg bestimmter Auszubildender in Ausbildungsinhalte bieten. Während 46,0 Prozent der digitalen Nachzügler und 58,4 Prozent der Second Mover dieses Potenzial sehen, sind es 88,9 Prozent der digitalen Vorreiterunternehmen.
Digitale Lehr- und Lernmethoden bieten darüber hinaus die Chance, Ausbilder zu entlasten. Auch diesen Vorteil sehen digitale Vorreiterunternehmen deutlich häufiger als andere Unternehmen. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass Unternehmen mit weniger digitalisierter Ausbildung auch über weniger Erfahrungen in der Nutzung digitaler Lernmedien verfügen, sodass sie deren Chancen und Potenziale nicht kennen und die Suche nach geeigneten digitalen Lerneinheiten sie zunächst viel zusätzliche Zeit kostet. Eine andere Ursache könnte sein, dass die Lernsituationen in weniger digitalisierten Unternehmen einen geringeren Komplexitätsgrad aufweisen als in Unternehmen, die zahlreiche digitale Kompetenzen vermitteln. Somit wäre der Mehrwert digitaler Lernmedien für diese Unternehmen kleiner.
Weiterbildungs- und Beratungsbedarf bei Ausbildern
Die Mehrheit der Unternehmen sieht sowohl didaktische als auch zeitliche Vorteile im Einsatz digitaler Lehr- und Lernmethoden. Dies erklärt, weshalb Unternehmen ein Interesse daran haben, mehr digitale Lernmedien zu nutzen, beziehungsweise deren Einsatz zu optimieren. Etwa zwei Drittel (67,4 Prozent) der Unternehmen wünschen sich mehr Beratungsangebote zum Einsatz digitaler Lernmedien, um die Digitalisierung der Ausbildung weiter voranzubringen. Ob diese Angebote jedoch bei den ersten Schritten in Richtung einer digitalen Ausbildung helfen, erscheint zweifelhaft. Gerade Unternehmen, die ganz am Anfang stehen, können den Nutzen spezifischer Beratungsangebote oft nicht einschätzen: So können 34,6 Prozent der Unternehmen, die bislang keinerlei digitale Lehr- und Lernmethodeneinsetzen, nicht beurteilen, ob ein Beratungsangebot ihnen bei der digitalen Gestaltung der Ausbildung hilft. Digitale Vorreiter, aber auch Second Mover hingegen können Beratungsangebote und ihren Nutzen deutlich besser einschätzen und äußern Beratungsbedarf.
Um diejenigen Unternehmen, die bislang noch keinerlei digitale Lehr- und Lernmethoden einsetzen, für eine digitale Ausbildung zu gewinnen, sind daher grundständigere Angebote notwendig. Diese Unternehmen erachten neben einem engeren Kontakt zur Berufsschule (59,2 Prozent) und externer Unterstützung bei der Betreuung der Auszubildenden (58,0 Prozent) auch den Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen (56,7 Prozent) für die weitere Digitalisierung ihrer Ausbildung als hilfreich. Damit setzen sie insbesondere auf Impulse von außen und auf aktive Umsetzungspartner. Darüber hinaus können aber auch Impulse innerhalb des Unternehmens, die zu einer stärkeren Digitalisierung des Geschäftsmodells führen, die Digitalisierung der Ausbildung vorantreiben.
Datenbasis
Die analysierten Daten stammen aus einer repräsentativen Unternehmensbefragung im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts NETZWERK Q 4.0. Erhoben wurden die Daten im Rahmen des IW-Personalpanels im Sommer 2021. Insgesamt nahmen 408 nicht-ausbildungsaktive Unternehmen und 930 Unternehmen, die aktuell oder in den letzten fünf Jahren ausbildeten, an der Befragung teil. Die vorgestellten Auswertungen beziehen sich lediglich auf die Gruppe der 930 ausbildungsaffinen Unternehmen.
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