Seit dem Jahr 2016 werden die nominalen Einkommensgrenzen des Einkommensteuertarifs in Deutschland regelmäßig um die Inflationsrate verschoben.
Ein automatischer Ausgleich der kalten Progression würde vor allem die Mitte der Einkommensverteilung vor Mehrbelastungen schützen
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Seit dem Jahr 2016 werden die nominalen Einkommensgrenzen des Einkommensteuertarifs in Deutschland regelmäßig um die Inflationsrate verschoben.
Diese Maßnahme dient dazu, schleichende Steuererhöhungen der kalten Progression zu vermeiden. Die kalte Progression führt einerseits dazu, dass real konstante Einkommen mit der Zeit in höhere Regionen des Tarifs rutschen und stärker belastet werden sowie anderseits die gesamtwirtschaftliche Steuerquote (Steuereinnahmen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt) automatisch steigt. Unter Ökonomen wird die kalte Progression daher größtenteils als heimliche Steuererhöhung mit negativen Auswirkungen für Arbeitsanreize angesehen, die es zu korrigieren gilt (Boss et al. 2008).
Vor dem Jahr 2016 wurde die kalte Progression in Deutschland nicht regelmäßig ausgeglichen. Vielmehr war es politische Praxis, in unregelmäßigen Abständen eine Steuerreform zu beschließen, die auch die Wirkungen der kalten Progression (teilweise) rückgängig machte, ohne dass diese schleichende Mehrbelastung explizit ausgewiesen wurde. Nach dem Bundestagsbeschluss vom 29. März 2012, der alle zwei Jahre einen Steuerprogressionsbericht einfordert, wurde seit dem Jahr 2016 eine politische Routine eingeführt, die kalte Progression diskretionär auszugleichen. Grundlage für die konkrete Verschiebung der Tarifgrenzen für die folgenden zwei Jahre bilden die im Steuerprogressionsbericht prognostizierte Inflationsrate für das laufende und das kommende Jahr. Damit basiert der Ausgleich der kalten Progression stets auf Schätzwerten, da im Nachhinein keine Anpassungen an die tatsächliche Inflationsrate vorgesehen sind.
Der fünfte Steuerprogressionsbericht vom 2. November 2022 (Bundesregierung 2022a) bildet die Grundlage für die Anpassung des Einkommensteuertarifs zum 1. Januar 2023 und zum 1. Januar 2024. Dieser geht von einer Inflationsrate von 7,2 % für das Jahr 2022 und 6,3 % für 2023 aus. Entsprechend der bisherigen Logik des Ausgleichs der kalten Progression wird die Inflation eines Jahres erst im Folgejahr bei der Anpassung des Tarifs berücksichtigt (nachgelagert). Ergo werden die Tarifeckwerte zum 1. Januar 2023 um 7,2 % und zum 1. Januar 2024 um 6,3 % verschoben, was am 10. November 2022 vom Deutschen Bundestag im Rahmen des Inflationsausgleichsgesetzes beschlossen wurde. Im Zuge dessen wurden auch die Anpassungen des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags beschlossen, die den Berechnungen im 14. Existenzminimumbericht (Bundesregierung 2022b) folgen.
Ein automatischer Ausgleich der kalten Progression würde vor allem die Mitte der Einkommensverteilung vor Mehrbelastungen schützen
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
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