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Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Policy Paper Nr. 19 19. September 2021 Einkommensteuerpolitik im Bundestagwahlkampf: Analyse der Parteiprogramme und Ausblick auf die kommende Legislaturperiode

Die Einkommensteuerpolitik spielt in den Wahlprogrammen eine relevante Rolle. Darin unterscheidet sich der Bundestagswahlkampf 2021 nicht von vergangenen Wahlkämpfen. Allerdings ist es in den vergangenen 15 Jahren trotz Ankündigungen zu keiner grundlegenden Reform der Einkommensteuer gekommen. Dabei wäre angesichts der in den beiden vergangenen Jahrzehnten gestiegenen Einkommensteuerquote eine Entlastung gerechtfertigt.

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Analyse der Parteiprogramme und Ausblick auf die kommende Legislaturperiode
Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Policy Paper Nr. 19 19. September 2021

Einkommensteuerpolitik im Bundestagwahlkampf: Analyse der Parteiprogramme und Ausblick auf die kommende Legislaturperiode

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Einkommensteuerpolitik spielt in den Wahlprogrammen eine relevante Rolle. Darin unterscheidet sich der Bundestagswahlkampf 2021 nicht von vergangenen Wahlkämpfen. Allerdings ist es in den vergangenen 15 Jahren trotz Ankündigungen zu keiner grundlegenden Reform der Einkommensteuer gekommen. Dabei wäre angesichts der in den beiden vergangenen Jahrzehnten gestiegenen Einkommensteuerquote eine Entlastung gerechtfertigt.

Nach den Wahlprogrammen streben im Grunde alle Parteien Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sowie für Haushalte mit Kindern an. An dem Punkt hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf: Während Union und vor allem FDP über alle Einkommensgruppen hinweg die Belastung senken oder zumindest nicht erhöhen wollen, fordern SPD, Grüne und Linke eine höhere Belastung für Steuerzahler mit hohen Einkommen. Je nach Partei beginnen bei einem Single diese hohen Einkommen bei 80.000 Euro bis 120.000 Euro.

Ein weiterer Unterschied betrifft das Familienbild. SPD, Grüne und Linke planen durch die Abschaffung oder Einschränkung des Ehegattensplittings Steuererhöhungen für Ehepaare, bei denen die Erwerbstätigkeit und in der Folge der Verdienst der Ehepartner unterschiedlich ist; der Extremfall ist ein Alleinverdiener-Ehepaar. Ziel ist es, die Zweitverdiener und damit vor allem die Ehefrauen zu einer höheren Erwerbstätigkeit zu motivieren. Ein Bestandsschutz für bestehende Ehen könnte den Effekt dämpfen oder die Wirkung in die Zukunft verlagern. Allerdings käme es bei einem Bestandsschutz zu der fragwürdigen Situation, dass zwei Ehepaare mit identischem Einkommen unterschiedlich viel Steuern zahlen – je nach Jahr der Heirat. Im Gegenzug sollen Familien durch die Einführung einer Kindergrundsicherung kompensiert werden. Die Analyse zeigt, dass bei einer kombinierten Einführung beider Reformen eine Mehrbelastung für Familien ab einem Bruttohaushaltseinkommen von etwa 100.000 Euro bestehen bleibt, während Familien mit geringerem Einkommen entlastet werden. Union und FDP wollen dagegen am bestehenden Ehegattensplitting und auch am Kindergeld und Kinderfreibetrag festhalten.

Die Einkommensteuerpolitik könnte je nach Wahlausgang zu einem Zankapfel in den Koalitionsverhandlungen werden. Dies gilt insbesondere für die Frage, inwieweit Steuerzahler mit höheren Einkommen entlastet oder belastet werden sollen und wie die Ehe künftig besteuert werden soll. Sollte es zu einer Einigung über eine Einkommensteuerreform kommen, ist davon auszugehen, dass Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen besonders profitieren. Bei Haushalten mit Kindern, die insgesamt auch mit Entlastungen rechnen können, kommt es bei Ehepaaren als Eltern auf die Zusammensetzung des Haushaltseinkommens an. Insbesondere Alleinverdiener-Familien könnten insgesamt höhere Steuern zahlen. Für Spitzenverdiener und Ehepaare ohne (steuerlich zu berücksichtigende) Kinder sind Mehrbelastungen denkbar.

Aufgrund der Haushaltslage infolge der Corona-Pandemie ist es naheliegend, eine strukturelle Reform nicht auf einen Schlag umzusetzen, sondern zeitlich zu strecken, um den Aufkommenseffekt zu verteilen. Es ist allerdings auch nicht ausgeschlossen, dass mit Verweis auf Schuldenstand und Schuldenbremse eine Entlastung der Einkommensteuerzahler auch nach der Bundestagswahl 2021 einmal mehr ausfällt.

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