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Hanno Kempermann / Johannes Ewald / Manuel Fritsch / Christian Kestermann / Thomas Okos / Benita Zink Gutachten 10. Dezember 2021 Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte der Strukturförderung im Rheinischen Revier

Das Rheinische Revier steht vor einem großen Wandel. Basierend auf den Empfehlungen der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission wurde im Jahr 2020 ein vorgezogener Kohleausstieg bis spätestens 2038 beschlossen. Die damit einhergehenden Abschaltungen der letzten Kraftwerke betreffen direkt das Rheinische Revier, das größte Braunkohlen-Abbaugebiet Europas.

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Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte der Strukturförderung im Rheinischen Revier
Hanno Kempermann / Johannes Ewald / Manuel Fritsch / Christian Kestermann / Thomas Okos / Benita Zink Gutachten 10. Dezember 2021

Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte der Strukturförderung im Rheinischen Revier

Studie für das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE)

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Das Rheinische Revier steht vor einem großen Wandel. Basierend auf den Empfehlungen der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission wurde im Jahr 2020 ein vorgezogener Kohleausstieg bis spätestens 2038 beschlossen. Die damit einhergehenden Abschaltungen der letzten Kraftwerke betreffen direkt das Rheinische Revier, das größte Braunkohlen-Abbaugebiet Europas.

Die installierte Nettoleistung der deutschen Braunkohlekraftwerke liegt bei gut 20 Gigawatt. Mit etwa 10 Gigawatt entfällt davon rund die Hälfte auf das Rheinische Revier. Durch die Abschaltung der Kraftwerke gehen in den Kohlerevieren Wertschöpfung und Beschäftigung verloren. Um den beschleunigten Strukturwandel gezielt zu unterstützen, wurde neben dem Kohleausstiegsgesetz auch das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen vom Deutschen Bundestag und dem Bundesrat im Juli 2020 verabschiedet. Damit sollen die Kohleregionen bei der Gestaltung des Strukturwandels unterstützt werden.

Die betroffenen Braunkohleregionen erhalten deshalb bis 2038 bis zu 14 Milliarden Euro Finanzhilfen für investive Maßnahmen. Die Bundesregierung unterstützt die Regionen mit weiteren bis zu 26 Milliarden Euro durch Maßnahmen in ihrer eigenen Zuständigkeit. Von diesen insgesamt 40 Milliarden Euro entfallen 14,8 Milliarden Euro auf das Rheinische Revier. Dies ist eine historische Chance, um die Region zukunftsfest zu positionieren. 14,8 Milliarden Euro sind ein signifikanter Impuls: 18,9 Prozent des aktuellen jährlichen Bruttoinlandsproduktes des Rheinischen Reviers fließen damit zusätzlich in den nächsten rund 17 Jahren in die Region.

Mit der im Sommer 2021 seitens der Zukunftsagentur Rheinisches Revier vorgelegten zweiten Fassung des Wirtschafts- und Strukturprogramms (WSP 1.1), das unter Beteiligung verschiedenster Akteure der Region erarbeitet wurde, entstand ein Strategiepapier für den eingeleiteten Transformationsprozess. Die Landesregierung hatte mit der Zuordnung des Budgets von 14,8 Milliarden Euro zu den Förderschwerpunkten das Wirtschafts- und Strukturprogramm für das Rheinische Revier operationalisiert. Diese Budgetverteilung auf die einzelnen Förderschwerpunkte dient als Ausgangspunkt der Berechnungen.

In der vorliegenden Studie wird der durch die Strukturförderung geschaffene Investitionsimpuls in neue Arbeitsplätze übersetzt. Über eine für Nordrhein-Westfalen regionalisierte Input-Output-Tabelle der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, Literatur zur Wirkung von Infrastrukturinvestitionen und eigenen Berechnungen zur Wirkung von Ökosystem-Effekten analysiert das vorliegende Gutachten, welche Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte durch die Strukturmittel ausgelöst werden.

Strukturmittel können im Rheinischen Revier knapp 27.000 neue Arbeitsplätze ermöglichen

Die 14,8 Milliarden Euro, die bis 2038 ins Rheinische Revier fließen werden, können erhebliche Innovationsimpulse und Wachstumseffekte erzeugen. Die Mittel werden einen Investitionsimpuls von voraussichtlich rund 22,2 Milliarden Euro auslösen. Dies geschieht über notwendige Kofinanzierungen von Land, Kommunen und Unternehmen sowie weitere Multiplikatoreffekte. Die Mittel fließen in unterschiedlichste Projekte entlang der vier Zukunftsfelder Energie und Industrie, Ressourcen und Agrobusiness, Innovation und Bildung sowie Raum und Infrastruktur, die die Säulen des Wirtschafts- und Impact der Strukturförderung im Rheinischen Revier 6 Strukturprogramms für das Rheinische Revier bilden. Die 22,2 Milliarden Euro lösen Wertschöpfungspotenziale in Höhe von über 53 Milliarden Euro aus, indem sie direkt, indirekt, induziert und als Ausstrahlungseffekte wirken.

Innerhalb dieser Zukunftsfelder gibt es drei Projektphasen, in denen die Mittel wirken:

  • Investitions- und Betriebsphaseneffekte. Zu Beginn des Förderzeitraums entstehen relativ viele Arbeitsplätze in der Investitionsphase, da in den nächsten Jahren bspw. neue Gebäude oder Infrastrukturen gebaut werden müssen. Danach wird die Mehrheit der Arbeitsplätze in der Betriebsphase entstehen, bspw. im Rahmen von Innovationstransferprojekten wie der Digitalisierung des Mittelstands, durch den Aufbau von Industrieallianzen oder den Betrieb von geförderten zusätzlichen Maschinen und Anlagen. Für diese beiden Phasen werden die 22,2 Milliarden Euro aufgewendet. Die Investitionsphase und die Betriebsphase führen bis 2038 zu durchschnittlich 4.100 bzw. 20.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen im Vergleich zu 2021. Die dauerhafte Wirkung der Betriebsphaseneffekte wird nach 2038 umso größer sein, je eher die Strukturmittel auf die Etablierung neuer Prozesse, Produkte oder Geschäftsmodelle in Unternehmen einzahlen. Ein entscheidender Schlüssel dafür ist, dass die geförderten Projekte eine solch hohe Wirtschaftlichkeit entfalten, dass sie auch ohne Förderung weitergeführt werden.
  • Ausstrahlungseffekte. Durch die investierten Mittel können zusätzliche positive Effekte entstehen, indem eine neue wirtschaftliche Dynamik im Rheinischen Revier entsteht. Durch eine engere Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Hochschulen mit Unternehmen, sich neu an siedelnden Unternehmen aufgrund einer leistungsfähigeren Infrastruktur und attraktiven Flächen oder erhöhten Startup-Aktivitäten entstehen zusätzliche Arbeitsplätze. Als konkrete Beispiele seien die in den aktuell laufenden Projektaufruf REVIER.GESTALTEN eingespeisten Projektvorhaben „Innovationsplattform Entrepreneurship Center Rheinisches Revier“ (ECRR) oder das „AI Village“ in Hürth (Campus im Themenfeld künstliche Intelligenz und Robotik) genannt, die Ausstrahlungseffekte für das ganze Rheinische Revier und darüber hinaus erzeugen werden. Das Innovations-Ökosystem in Hürth wird so gezielt durch mehrere komplementäre lokale Aktivitäten gestärkt, wodurch zusätzliche sich selbst verstärkende Wachstumsimpulse entstehen können. Nach den ersten Anlaufjahren der Investitions- und Betriebsphase kommen sukzessive immer mehr Arbeitsplätze durch diese Ausstrahlungseffekte hinzu. Im Durchschnitt wird bis 2038 durch die Ausstrahlungseffekte im Rheinischen Revier ein Aufbau von gut 2.800 Arbeitsplätzen im Vergleich zu 2021 erwartet. Im Jahr 2038 sind es zusätzlich rund 6.600 Arbeitsplätze.
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