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Hagen Lesch / Lennart Eckle IW-Report Nr. 38 8. August 2023 Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2023: Inflation facht Tarifkonflikte an

Im ersten Halbjahr fanden in den zwanzig der im IW-Konfliktmonitoring einbezogenen Branchen 13 Tarifverhandlungen statt, unter anderem im Öffentlichen Dienst, im Einzelhandel, im Groß- und Außenhandel, bei der Deutschen Post und bei der Deutschen Bahn. Viele der Tarifkonflikte eskalierten stärker als gewöhnlich.

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Inflation facht Tarifkonflikte an
Hagen Lesch / Lennart Eckle IW-Report Nr. 38 8. August 2023

Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2023: Inflation facht Tarifkonflikte an

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Im ersten Halbjahr fanden in den zwanzig der im IW-Konfliktmonitoring einbezogenen Branchen 13 Tarifverhandlungen statt, unter anderem im Öffentlichen Dienst, im Einzelhandel, im Groß- und Außenhandel, bei der Deutschen Post und bei der Deutschen Bahn. Viele der Tarifkonflikte eskalierten stärker als gewöhnlich.

Oft endet die Eskalation in Tarifverhandlungen beim Warnstreik. Im ersten Halbjahr spitzten sich einige Konflikte aber weiter zu. Es gab Urabstimmungen bei Post und Bahn, Schlichtungen bei der Bahn und im Öffentlichen Dienst sowie juristische Auseinandersetzungen bei der Bahn und in der Süßwarenindustrie. Im Durchschnitt fielen je Konflikt 14,4 Konfliktpunkte an. Das ist der höchste Wert seit 2015, als 17,8 Punkte anfielen. Im Vorjahr waren es lediglich 5,1 Punkte.

Am ruppigsten ging es zwischen der Eisenbahnergewerkschaft EVG und der Deutschen Bahn zu. Dort summierten sich die verschiedenen Konflikthandlungen bis Ende Juni 2023 auf insgesamt 33 Punkte. Dann einigten sich die Streitparteien auf eine Schlichtung. Es folgen der Öffentliche Dienst mit 29 Punkten, die Papierverarbeitende Industrie mit 22 und der Einzel- sowie Groß- und Außenhandel mit jeweils 21 Punkten. Harmonisch blieben die Verhandlungen bei den Fluggesellschaften. Bei der Lufthansa galt im Tarifkonflikt mit den Piloten allerdings noch bis zum 30. Juni eine Friedenspflicht. Bis dahin gab es lediglich eine Drohung des Unternehmens, die Flotte im Mutterkonzern zu reduzieren, wenn die Kosten nicht gesenkt würden. Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings verhandelt mit den Piloten. Hier gab es im ersten Halbjahr keine Eskalation. Bei Verhandlungen zwischen Eurowings und dem Kabinenpersonal gab es bislang drei Konfliktpunkte.

Angesichts der anhaltenden Inflation sind die Lohnforderungen der Gewerkschaften zuletzt stetig angestiegen. Vielfach wird ein Mindestbetrag gefordert, um kleinere Einkommen, die unter der Inflation am meisten leiden, überdurchschnittlich anzuheben. Die hohen Forderungen belasten die Tarifverhandlungen, da auch viele Unternehmen mit den Folgen der Inflation kämpfen und von ihren Arbeitgeberverbänden keine zu große Konzessionsbereitschaft erwarten. Ein zentrales Instrument der Kompromissfindung wurde die im Zuge der Konzertierten Aktion gegen den Preisdruck von der Bundesregierung angebotene steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie. Angesichts der in den letzten drei Jahren entstandenen Reallohnverluste und dem Arbeits- und Fachkräftemangel wird sich der Verteilungskonflikt wohl weiter verschärfen, zumal ver.di mit seiner konfliktfreudigen Strategie des „Organisierens am Konflikt“ viele neue Mitglieder gewinnen konnte.

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