Die Corona-Pandemie hat viele Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung soweit möglich ins Homeoffice gezwungen. Dabei haben viele von ihnen die für sie neue Arbeitsform zu schätzen gelernt. Damit aber dieser Großversuch mit Experimentiercharakter langfristig nicht die Effizienz und die Qualität der erbrachten Leistungen mindert, muss die öffentliche Verwaltung in ihre digitale Infrastruktur investieren.
Homeoffice in der öffentlichen Verwaltung – Erfolgsmodell mit Nachbesserungsbedarf
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Corona-Pandemie hat viele Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung soweit möglich ins Homeoffice gezwungen. Dabei haben viele von ihnen die für sie neue Arbeitsform zu schätzen gelernt. Damit aber dieser Großversuch mit Experimentiercharakter langfristig nicht die Effizienz und die Qualität der erbrachten Leistungen mindert, muss die öffentliche Verwaltung in ihre digitale Infrastruktur investieren.
Durch Kontaktbeschränkungen haben Homeoffice und mobiles Arbeiten während der Corona-Pandemie rapide an Bedeutung gewonnen. Eine Auswertung von zahlreichen Studien aus dem In- und Ausland konnte zeigen, dass aufgrund positiver Erfahrungen während der Corona-Pandemie auch nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen mobiles Arbeiten in der Arbeitswelt häufiger verbreitet sein wird (Flüter-Hoffmann/Stettes, 2022).
Auch in der öffentlichen Verwaltung hat sich mit Beginn der Corona-Pandemie das Homeoffice als Arbeitsform schnell ausgebreitet: Waren es vor der Pandemie nur 16 Prozent, die zumindest gelegentlich von zuhause arbeiteten, so waren es im ersten Lockdown im März 2020 fast drei Viertel aller Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, nämlich 73 Prozent. Das ergab eine Studie der Universität Potsdam in Kooperation mit PwC, die knapp 1.200 Beschäftigte online befragten (Siegel et al., 2020, S. 281). Auch im September/Oktober 2020 lag der Anteil mit 42 Prozent deutlich über dem Niveau von vor der Pandemie.
Effizienz und Qualität der Arbeit
Diese erzwungene Ausweitung der Arbeit im Homeoffice war eine große Herausforderung für die öffentliche Verwaltung. In manchen Kommunen und Landesbetrieben wurde wie durch ein Brennglas überdeutlich, dass die Digitalisierung noch unterentwickelt ist.
In der Beschäftigtenbefragung der Universität Potsdam hat sich gezeigt, dass es noch Nachbesserungsbedarf bei der Umsetzung von Homeoffice in der öffentlichen Verwaltung gibt (Siegel et al., 2020, S. 284, siehe Abbildung). Dabei sagten knapp die Hälfte der Befragten (49 %), dass die Erreichbarkeit von Ansprechpersonen in anderen Dienststellen schlechter geworden ist. Auch im Hinblick auf die Menge der erbrachten Leistungen (39 %), die Effizienz der Abläufe (36 %) und die Qualität der erbrachten Leistungen (21 %) waren mehr Befragte der Meinung, dass das Homeoffice die Arbeitsleistungen verschlechtert hat, als dass Befragte angaben, dass das Homeoffice die Arbeitsleistungen verbessert hat. Zudem bemängeln einige Befragte, dass die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger (35 %) zurückgegangen ist.
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Digitale Ausstattung
Ein Grund für die schlechtere Effizienz und geringere Qualität der Arbeitsleistungen kann die nicht-ausreichende digitale Infrastruktur sein. Um ein effektives Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, ist eine gute digitale Ausstattung notwendig. Es fehlte an digitalen Ressourcen, sowohl an Software als auch an Hardware, um problemlos mobil arbeiten zu können. In der genannten Studie der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit PwC sagten 34 Prozent, dass sie für ihre Arbeit im Homeoffice auch teilweise private Technik genutzt haben (Gelep et al., 2021, S. 12). Zudem verfügten nach der Beschäftigtenbefragung der Universität Potsdam über die Hälfte der Befragten (52 %) maximal über eine eher gering vorhandene IT-Hardware, und 43 Prozent konnten bestenfalls auf eine eher gering vorhandene Netzwerkinfrastruktur zugreifen.
Arbeitszufriedenheit und Arbeitgeberattraktivität
Trotz der teilweise defizitären Ausstattung im Homeoffice durch fehlende Hardware, Software und unzureichende Netzwerkinfrastruktur waren die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung mit ihrer Arbeit während des Lockdowns sehr zufrieden (Siegel et al., 2020, S. 282). Fast drei Viertel der Befragten (73 %) gaben an, gern im Homeoffice zu arbeiten, und sogar 85 Prozent empfanden die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können, als motivierend.
Auch im Rahmen der beiden Befragungen der Studie „Verwaltung in Krisenzeiten“ von Next:Public in Kooperation mit der Hertie School of Governance zeigte sich die Zustimmung zum Homeoffice sehr hoch: 92 Prozent der Beschäftigten in Verwaltungen, deren Jobs grundsätzlich dafür geeignet sind, möchten zukünftig im Homeoffice arbeiten (Fulde/Köppl, 2021). Es zeigte sich, dass bei den Beschäftigten ein großer Wunsch nach Verstetigung von Homeoffice besteht. Aber die digitalen Prozesse müssten weiterentwickelt werden: Zwar sei die IT-Infrastruktur schon nachgebessert worden, aber vielfach gebe es beispielsweise noch keine elektronische Aktenführung. Der erhoffte Digitalisierungsschub sei zu einem „Digitalisierungsschubs“ verkümmert (Fulde/Köppl, 2021, S. 5).
In der Studie der Universität Potsdam mit PwC sagte eine große Mehrheit der Befragten, nämlich 87 Prozent, dass sie Homeoffice als wichtigen Faktor für die Attraktivität der öffentlichen Verwaltung als Arbeitgeberin einschätzen (Gelep et al., 2021, S. 10). Im Kampf um die besten Köpfe muss auch die öffentliche Verwaltung attraktive Arbeitsbedingungen anbieten können. Und für viele Fachkräfte gehört das Angebot von Homeoffice unbedingt dazu.
Fazit und Ausblick
Homeoffice ist für viele Beschäftigte eine Erfolgsgeschichte: Wer Aufgaben hat, die geeignet sind, wer sich selbst gut managen kann, wer die geeigneten Räumlichkeiten und die entsprechende Ausstattung hat und wer über die notwendigen digitalen Kompetenzen verfügt, für diese Person kann Homeoffice erfolgreich sein.
Aber auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Durch die pandemiebedingt überstürzte Flucht ins Homeoffice sind vielfach Geschäftsprozesse nicht neu organisiert worden, Zuständigkeiten nicht eindeutig geregelt und Erwartungen nicht klar formuliert worden. Dadurch gab es zahlreiche Motivationsverluste, Leistungsminderungen und reduzierte Produktivität, was zur Unzufriedenheit der Kundschaft, also der Bürgerinnen und Bürger führte.
Zudem hat die Corona-Pandemie das Gefahrenpotenzial von Cyberangriffen gerade in öffentlichen Verwaltungen, Behörden und Gesundheitseinrichtungen enorm verstärkt. Denn durch die Notsituation zu Beginn waren viele Beschäftigte technisch unzureichend ausgestattet und hinsichtlich der Cybersicherheit zu wenig geschult. So konnte in der Gesamtwirtschaft ein Schaden von 52,5 Milliarden Euro durch das Homeoffice entstehen, weil Cyberkriminelle durch Phishing-Mails oder unsichere Passwörter unberechtigten Zugriff auf die Netzwerke von Firmen und Verwaltungen erhalten haben (Engels, 2021).
Wenn aber die Rahmenbedingungen für Homeoffice in der öffentlichen Verwaltung nachgebessert werden, sodass Datenschutz und Datensicherheit sowie Effizienz und Effektivität bei den Geschäftsprozessen stimmen, dann wird Homeoffice wirklich zum Erfolgsmodell.
Homeoffice in der öffentlichen Verwaltung – Erfolgsmodell mit Nachbesserungsbedarf
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