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Barbara Engels IW-Kurzbericht Nr. 72 1. Oktober 2021 Kaum Dienstreisen während Corona: Unternehmen sparen 11 Mrd. Euro

Die meisten Unternehmen führen seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich weniger Dienstreisen durch als vorher. Stattdessen finden viele Meetings virtuell statt. Allein im Jahr 2020 haben die Unternehmen dadurch 11 Milliarden Euro eingespart.

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Kaum Dienstreisen während Corona: Unternehmen sparen 11 Mrd. Euro
Barbara Engels IW-Kurzbericht Nr. 72 1. Oktober 2021

Kaum Dienstreisen während Corona: Unternehmen sparen 11 Mrd. Euro

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die meisten Unternehmen führen seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich weniger Dienstreisen durch als vorher. Stattdessen finden viele Meetings virtuell statt. Allein im Jahr 2020 haben die Unternehmen dadurch 11 Milliarden Euro eingespart.

Die Corona-Pandemie hat die Notwendigkeit von Dienstreisen in vielen Branchen auf die Probe gestellt. Zum Schutz ihrer Mitarbeitenden, wegen fehlender Planungssicherheit, aber auch wegen mangelnder Transport- und Übernachtungsmöglichkeiten haben viele Unternehmen seit Beginn der Pandemie deutlich weniger Dienstreisen veranlasst (VDR, 2021a). Stattdessen wurden viele Meetings virtuell abgehalten, neue Konferenzformate haben sich verbreitet. Die Kosten für Dienstreisen sanken deutlich: Gaben Unternehmen 2019 noch 55,3 Milliarden Euro für Dienstreisen aus (VDR, 2020), waren es im Pandemiejahr 2020 nur noch 10,1 Milliarden Euro (VDR, 2021b).

Die Differenz von 45,2 Milliarden Euro ist allerdings nicht unmittelbar als Ersparnis zu interpretieren. Manche Dienstreisen gelten als „business critical“, sie sind entscheidend für den Unternehmenserfolg. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn technische Probleme vor Ort gelöst werden müssen. Teilweise ist dann der Ersatz durch ein virtuelles Meeting wie eine Videoschalte nicht möglich. Dies gilt zum Teil auch für neue Geschäftsabschlüsse (siehe Engels, 2018). Es ist anzunehmen, dass der starke Rückgang der Dienstreisen seit Beginn der Corona-Pandemie dann geschäftsschädigend für Unternehmen war, wenn notwendige Dienstreisen nicht stattfinden konnten.

Nicht immer sind Dienstreisen aber notwendig und dienen einem dringenden unternehmerischen Zweck. 17 Mal fragte der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) zwischen dem 4.9.2020 und dem 23.8.2021 seine Mitglieder (Wirtschaftsunternehmen sowie Organisationen/Institutionen mit Geschäftsreisen), ob es ihrer Einschätzung nach dringend nötig sei, „in [i]hrem Unternehmen wieder (mehr) Geschäftsreisen durchzuführen“ (VDR, 2021a). Im Schnitt antworteten 38,3 Prozent der Befragten im Jahr 2020 und 24,8 Prozent im Jahr 2021, dass die Durchführung von (mehr) Geschäftsreisen derzeit nicht dringend nötig sei. Es ist anzunehmen, dass dieser Anteil an Befragten zufrieden mit der reduzierten Anzahl an Dienstreisen ist, da offenbar vor allem auch unnötige Dienstreisen reduziert wurden. Rechnet man den 2020er-Umfragewert von 38,3 Prozent auf die um 45,2 Milliarden Euro reduzierten Dienstreiseausgaben um, ergibt sich eine geschätzte Ersparnis von 17,3 Milliarden Euro. Es wird allerdings angenommen, dass die Unternehmen 2020 noch stark unter dem Eindruck der Bedrohung durch die Pandemie standen. Möglicherweise sind die Umfragewerte von 2021 deshalb adäquater für die Berechnung der Ersparnis. Mit dem 2021er-Umfragewert ergibt sich eine Ersparnis von 11,2 Milliarden Euro.

Diese geschätzte realisierte Ersparnis liegt deutlich über der für 2018 errechneten möglichen Ersparnis von 8,3 Milliarden Euro (Engels, 2018). Dienstreisen sind tatsächlich ein großer, teurer Posten in der unternehmerischen Rechnung, der das Potenzial für deutliche Einsparungen birgt. Mehr als drei Viertel der Unternehmen haben das realisiert und erwarten eine dauerhafte Reduktion der Reisetätigkeit gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 (VDR, 2021b).

Auch in Zukunft werden viele Dienstreisen durch virtuelle Meetings und Konferenzen ersetzt werden. Kostenlos sind diese nicht: Oft fallen Lizenzgebühren für Onlinetools an, außerdem muss in die Technikausstattung der Mitarbeitenden investiert werden. Neben initialen Kosten fallen insbesondere auch laufende Kosten an, etwa für IT-Sicherheit und Updatemanagement (Engels, 2018). Der Kostenersparnis bei den Dienstreisen sind deshalb die zusätzlichen IT-Ausgaben gegenüberzustellen. Allerdings sind diese nicht direkt von der Dienstreisekostenersparnis abzuziehen, da Technologien wie Videotelefonie nicht allein als Ersatz von Dienstreisen dienen, sondern umfassendere, nachhaltige Effekte haben.

In der Corona-Pandemie hat sich die Rolle der IT von einer reinen Unterstützungsfunktion zu einer Kernfunktion im Unternehmen entwickelt (Rossbach/Hammermeister, 2020). IT-Investitionen haben die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesichert und gestärkt (ebd.). Zwei Drittel der Unternehmen empfinden digitale Technologien als Helfer bei der Pandemiebewältigung (Bitkom, 2021). Insbesondere ermöglicht eine entsprechende IT-Ausstattung auch das Arbeiten aus dem Homeoffice, das sich anhaltender Beliebtheit erfreut (Erdsiek, 2021).

Trotz der Liquiditätsprobleme durch Corona stiegen die IT-Ausgaben im Jahr 2020 weltweit um 0,9 Prozent. Für 2021 wird ein Anstieg von 8,6 Prozent erwartet (Gartner, 2021). Insbesondere die IT-Sicherheit erfordert zusätzliche Investitionen, da Homeoffice die Unternehmen vulnerabler gegenüber Cyberangriffen macht (Engels, 2021). Im Gegensatz zu den Dienstreisen sollte bei der IT-Sicherheit nicht gespart werden. Sie ist in jedem Fall „business critical“.

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