1. Home
  2. Studien
  3. MINT gewinnt: Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus
Axel Plünnecke IW-Kurzbericht Nr. 95 27. Dezember 2023 MINT gewinnt: Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus

Inderinnen und Inder verdienen in Deutschland am meisten und konnten ihren Lohnvorsprung im Vergleich zum Vorjahr stark ausbauen.

PDF herunterladen
Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus
Axel Plünnecke IW-Kurzbericht Nr. 95 27. Dezember 2023

MINT gewinnt: Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Inderinnen und Inder verdienen in Deutschland am meisten und konnten ihren Lohnvorsprung im Vergleich zum Vorjahr stark ausbauen.

Betrachtet man die Medianlöhne von Vollzeitbeschäftigten Ende 2022, so liegt der Lohn der Deutschen mit 3.785 Euro um 904 Euro über dem Medianlohn der Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus dem Ausland. Unter den Ausländerinnen und Ausländern liegen die Löhne von Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Indien mit 5.227 Euro weit vorn. Grund: viele Inderinnen und Inder sind in akademischen MINT-Berufen beschäftigt.

Zuwanderung wird in den nächsten Jahren immer wichtiger für die Fachkräftesicherung und hatte schon in den letzten zehn Jahren wichtige Effekte für das Beschäftigungswachstum in Deutschland. Während von Ende 2012 bis Ende 2022 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Deutschen um 8,4 Prozent gestiegen ist, nahm die Beschäftigung unter ausländischen Personen im selben Zeitraum um 128,5 Prozent zu (eigene Berechnungen auf Basis BA, 2023a). Besonders hoch war dabei das Beschäftigungswachstum unter ausländischen Personen an beiden Enden der Qualifikationsniveaus – unter akademischen MINT-Berufen und unter Helfertätigkeiten.

Ein Blick auf die letzten zehn Beschäftigungsjahre lohnt dabei aus verschiedenen Gründen: Seit dem Jahr 2012 wirbt die Bundesregierung auch um qualifizierte Zuwanderung aus demografiestarken Drittstaaten mit Schwerpunkt auf akademische MINT-Berufe. Nur so können auch in Zukunft die Herausforderungen von Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung gemeistert werden (Anger et al., 2023). Zweitens war bis 2012 die Beschäftigungsdynamik in akademischen MINT-Berufen unter Drittstaatsangehörigen gering, seitdem ist jedoch ein sehr dynamischer Beschäftigungszuwachs beobachtbar: Die Beschäftigung in akademischen MINT-Berufen ist unter Deutschen von Ende 2012 bis Ende 2022 um 38,1 Prozent, unter Ausländerinnen und Ausländern um 189,9 Prozent und unter Drittstaatsangehörigen (ohne Herkunftsländer der Geflüchteten) um 302,0 Prozent gestiegen (eigene Berechnungen BA, 2023a). Besonders bedeutsam war der Zuwachs in akademischen MINT-Berufen von Personen mit einer indischen Staatsbürgerschaft – die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg innerhalb der zehn Jahre von Ende 2012 bis Ende 2022 von 3.750 auf 27.566 und damit um 635,1 Prozent.

Inhaltselement mit der ID 12967
Inhaltselement mit der ID 12968

Neben den akademischen MINT-Berufen war das Beschäftigungswachstum unter Ausländerinnen und Ausländern auch sehr hoch in Helfertätigkeiten. Hier ist vor allem die Beschäftigung von Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Rumänien und Bulgarien sowie aus den Herkunftsländern der Geflüchteten wie Syrien stark gestiegen (eigene Berechnungen BA, 2023a).

Die in den letzten Jahren zu beobachtende hohe Zuwanderung von Personen aus Drittstaaten in akademischen MINT-Berufen wirkt sich auch auf die Beschäftigungsstruktur der vollzeitbeschäftigten Personen im Alter zwischen 25 und 44 aus. So sind Ende 2022 in dieser Altersgruppe in Deutschland insgesamt knapp 7,3 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Personen in akademischen MINT-Berufen tätig, unter Deutschen gut 7,3 Prozent und unter Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit gut 7,1 Prozent. Am stärksten prägen die akademischen MINT-Berufe die Beschäftigung von Staatsangehörigen aus Indien – 33,8 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Personen im Alter zwischen 25 und 44 Jahren sind hier Ende 2022 in akademischen MINT-Berufen tätig. Bei Personen mit Staatsangehörigkeit aus China beträgt der entsprechende Anteil 25,0 Prozent, aus Brasilien 22,6 Prozent, dem Iran (17,5 Prozent), Russland (17,3 Prozent), Lateinamerika ohne Brasilien (16,8 Prozent) und Nordafrika (15,6 Prozent) (eigene Berechnungen auf Basis BA, 2023b). Unter Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Indien, Lateinamerika und Nordafrika ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in akademischen MINT-Berufen auch in den letzten Jahren besonders stark gestiegen (Anger et al., 2023).

Die Beschäftigungsstrukturen wirken sich auch bei den Medianlöhnen der Beschäftigten nach Staatsangehörigkeiten aus. Die Entgeltstatistik als Bestandteil der Beschäftigungsstatistik liefert ein differenziertes Bild über die sozialversicherungspflichtigen Bruttomonatsentgelte inklusive Sonderzahlungen und fußt auf Entgeltinformationen der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung und stellt damit eine Vollerhebung der Beschäftigten dar. Als Stichtag wird der 31. Dezember 2022 gewählt, wobei alle Angaben auf einen monatlichen Zeitraum normiert und auf sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte einer Kerngruppe bezogen werden.  

Betrachtet man die Medianlöhne aller in Vollzeit beschäftigten Personen, so ist zunächst ein Alterseffekt feststellbar – der Medianlohn von Personen im Alter von 45 Jahren und älter liegt mit 3.840 Euro über dem Medianlohn von Personen im Alter von 25 bis unter 45 Jahren mit 3.641 Euro. Insgesamt beträgt der Medianlohn 3.646 Euro und liegt unter dem Medianlohn der Deutschen mit 3.785 Euro über dem Medianlohn der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit mit 2.881 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Medianlohn aller vollzeitbeschäftigten Deutschen um 3,9 Prozent und unter ausländischen Beschäftigten um 5,6 Prozent gestiegen.

Betrachtet man die Regionen mit den höchsten Medianlöhnen der entsprechenden Staatsangehörigkeiten, so liegen die Inderinnen und Inder mit einem Medianmonatslohn von 5.227 Euro an der ersten Stelle unter den Vollzeitbeschäftigten in Deutschland – eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um 5,1 Prozent. Dies ist auf der einen Seite überraschend, da von rund 79.500 vollzeitbeschäftigten Personen mit indischer Staatsangehörigkeit nur 6,9 Prozent im Alter von 45 Jahren und älter sind. Der Hauptgrund des hohen Lohnniveaus liegt darin, dass rund ein Drittel der vollzeitbeschäftigten Inder in akademischen MINT-Berufen beschäftigt ist (BA, 2023b).

Vergleichsweise geringe Medianmonatslöhne weisen Vollzeitbeschäftigte mit einer Staatsangehörigkeit aus Bulgarien mit 2.339 Euro (2021: 2.164 Euro), Rumänien mit 2.444 Euro (2021: 2.262 Euro) und Syrien mit 2.519 Euro (2021: 2.314 Euro) auf. Auch für die Region restliches Afrika (ohne Nordafrika mit 3.129 Euro) liegt der Medianlohn mit 2.486 Euro (2021: 2.271 Euro) auf ähnlichem Niveau. Bei diesen Personengruppen liegt der Grund der geringen Medianlöhne darin, dass ein hoher Anteil bis über die Hälfte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Helfertätigkeiten beschäftigt sind. Im Vergleich zum Vorjahr ergeben sich prozentuale Zuwächse beim Medianlohn der Vollzeitbeschäftigten in Höhe von rund 8 bis 10 Prozent.

In akademischen MINT-Berufen liegen die Medianlöhne bei Deutschen und Ausländerinnen und Ausländern in der Altersgruppe ab 45 Jahren über der Beitragsbemessungsgrenze von 6.750 Euro, sodass eine Differenzierung hier nicht möglich ist. Interessant ist daher ein Blick auf die Medianlöhne in akademischen MINT-Berufen für die Altersgruppe der 25 bis 44-Jährigen. Der Medianlohn der Deutschen ist hier von 5.333 Euro im Jahr 2021 auf 5.504 Euro im Jahr 2022 um 3,2 Prozent gestiegen. Unter Ausländerinnen und Ausländern stieg der Medianlohn in dieser Altersgruppe in akademischen MINT-Berufen von 5.211 Euro auf 5.411 Euro um 3,8 Prozent. Die Anzahl der 25 bis 44-jährigen vollzeitbeschäftigten Deutschen stieg im Vorjahresvergleich in akademischen MINT-Berufen um 2,9 Prozent, die der Ausländerinnen und Ausländer um 16,0 Prozent.

Für die Beurteilung des Erfolgs der qualifizierten Zuwanderung aus Drittstaaten ist ein Blick auf die Lohnentwicklung im Vergleich zum Vorjahr bei gleichzeitiger Betrachtung der Entwicklung der Vollzeitbeschäftigten 25 bis 44-Jährigen in akademischen MINT-Berufen interessant. Besonders stark nahm die Gesamtzahl der Inderinnen und Inder in dieser Altersgruppe mit 28,2 Prozent von 19.045 auf 24.418 im Vorjahresvergleich zu. Der Medianlohn der 25 bis 44-jährigen Vollzeitbeschäftigten Inderinnen und Inder in akademischen MINT-Berufen stieg von 5.477 Euro auf 5.724 Euro um 4,5 Prozent. Trotz höherer Beschäftigungszuwächse nahmen auch die Löhne bei Inderinnen und Indern stärker zu als bei Deutschen. Die Unterschiede bei den Lohnniveaus zwischen Deutschen und einzelnen ausländischen Staatsangehörigen sind dabei nicht Folge von Benachteiligungen einzelner Gruppen. Vielmehr sind Unterschiede bei der Fächerwahl und bei der regionalen Verteilung der Zuwandernden relevant. So sind die Löhne einer Gruppe höher, wenn diese zu höheren Anteilen in der Industrie in den wirtschaftsstarken Regionen um München und in Baden-Württemberg beschäftigt ist.

PDF herunterladen
Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus
Axel Plünnecke IW-Kurzbericht Nr. 95 27. Dezember 2023

MINT gewinnt: Inder bauen ihren Lohnvorsprung aus

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Ökologische Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Weiterbildung
Sabine Köhne-Finster / Susanne Seyda IW-Trends Nr. 4 5. Dezember 2024

IW-Weiterbildungserhebung 2023: Ökologische Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Weiterbildung

Die IW-Weiterbildungserhebung 2023 zeigt, dass sich viele Unternehmen intensiv mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Bei der Umsetzung und Planung ökologisch nachhaltiger Maßnahmen zeigt sich hingegen erst eine moderate Aktivität.

IW

Artikel lesen
Paula Risius / Franziska Arndt / Philip Herzer Gutachten 4. Dezember 2024

KOFA-Kompakt 11/2024: Anreize setzen: Wie Unternehmen Teilzeitkräfte für mehr Stunden gewinnen

Fast jede:r dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland arbeitet in Teilzeit – mit steigender Tendenz. Teilzeit bietet vielen Beschäftigten erst die Möglichkeit, trotz weiterer Verpflichtungen oder Einschränkungen, erwerbstätig zu sein.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880