Menschen im Ruhrgebiet haben ein geringeres Vertrauen in ihre Mitmenschen und sind in vielerlei Hinsicht besorgter als Menschen aus anderen Regionen. Gleichzeitig ist das Vertrauen in die Demokratie durchschnittlich, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Ruhrgebiet: Demokratiezufriedenheit trotz Pessimismus
Auch nach Jahrzehnten des Strukturwandels kommt das Ruhrgebiet selten aus den Negativschlagzeilen. Eine Befragung von mehr als 1.000 Menschen im Ruhrgebiet zeigt, dass sich die Menschen dort größere Sorgen um Kriminalität, Zuwanderung, ihre Altersvorsorge und auch um ihre Gesundheit machen als Befragte außerhalb der Region. Das allgemeine Vertrauen in die Mitmenschen fällt unterdurchschnittlich aus. Zudem schätzen Bürger im Ruhrgebiet Probleme wie Armut und Arbeitslosigkeit teils deutlich zu pessimistisch ein: Die Befragten des Ruhrgebiets glauben im Durchschnitt, dass die Arbeitslosenquote in Deutschland 29 Prozent beträgt – tatsächlich lag sie zum Befragungszeitpunkt im Sommer 2020 bei rund sechs Prozent. Die Befragung wurde gemeinsam mit der Ruhr-Universität in einem von der Brost-Stiftung geförderten Projekt durchgeführt.
Erfolgreiche Regionalpolitik
Trotz pessimistischer Einschätzungen sind die Menschen im Ruhrgebiet im Schnitt zufrieden mit der Demokratie. Ein Grund könnte unter anderem in der besonderen lokalen Verbundenheit liegen, die etwa durch die zahlreichen Lokalmedien gefördert wird. Ebenso hat die Politik das Ruhrgebiet nicht allein gelassen. „Die Aufgabe der Regionalpolitik ist es, Menschen vor Ort dabei zu helfen, ein wirtschaftlich erfolgreiches Leben zu führen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Es ist allerdings ein gutes und wichtiges Signal, dass das Vertrauen in die Demokratie groß ist. Das dürfte auch an dem attraktiven Angebot von Bildungs-, Digital- und Verkehrsinfrastruktur liegen.“
Interaktive Plattform als beteiligendes Informationsangebot
Das IW hat mit Hilfe der Befragungsergebnisse ein interaktives Tool gebaut, über das jeder sein Wissen zu Themen wie Armut oder Arbeitslosigkeit testen, vergleichen und einordnen kann. Außerdem können die Teilnehmer persönliche Sorgen, Einschätzungen und Politikpräferenzen angeben und diese mit dem im Ruhrgebiet vorherrschenden Stimmungsbild abgleichen:
„,Wir schaffen das' war Leitspruch der Menschen im Ruhrgebiet. Nun erscheinen viele ,überstresst'“, sagt Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung. „Wenn die Kluft zwischen Wahrnehmung und Realität zu groß ist, droht nervöse Irrationalität. Wenn übersteigerte Ängste dazu kommen, hat der Populismus sein Spielfeld. Die Studie zeigt eindrucksvoll: Aufklärung ist möglich aber auch dringend nötig. Die Wissenschaftler stellen diesmal nicht nur fest, sondern liefern ein Werkzeug für Volksbildung.“

Sorgen und Demokratiezufriedenheit – das Ruhrgebiet als Sonderfall
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

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