Die starke Flüchtlingszuwanderung der letzten Monate hat gezeigt, dass die EU-Länder in der Migrations- und Entwicklungspolitik endlich stärker zusammenarbeiten müssen. Das fordert nicht nur der Sachverständigenrat für Integration und Migration – auch IW-Berechnungen sprechen eine eindeutige Sprache.
Ganz Europa muss liefern
Insgesamt 141.000 der 308.000 Personen, die im vergangenen Jahr in der EU Flüchtlingsschutz erhielten, wurden von Deutschland aufgenommen. Das sind 45,8 Prozent. An zweiter Stelle lag Schweden mit 32.000 bzw. 10,5 Prozent, danach folgt Italien mit 30.000 bzw. 9,6 Prozent. Das zeigen Auswertungen des IW Köln. Betrachtet man nur Flüchtlinge aus Syrien, so entfiel mit 101.000 von 162.000 sogar ein Anteil von 62,6 Prozent auf Deutschland. Auf Schweden kamen 18.000 oder 11,4 Prozent.
Diese Zahlen zeigen, dass sich auch künftig wohl kaum genug EU-Mitglieder bereit erklären werden, die im EU-Türkei-Pakt vereinbarte Aufnahme von syrischen Flüchtlingen freiwillig umzusetzen. Die EU-Mitgliedsländer müssen sich endlich auf einen europäischen Verteilungsmechanismus einigen – und zwar bald. Nur so können Flüchtlinge zügig aufgenommen und integriert werden und die damit verbundenen Lasten gerechter verteilt werden.
Doch die europäische Zusammenarbeit endet nicht bei den Flüchtlingen. Auch bei der gesteuerten Zuwanderung von Fachkräften ist eine Kooperation nötig, auch wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt und die demografische Entwicklung in den einzelnen EU-Ländern deutlich unterscheiden. Im europäischen Binnenmarkt ist es für Unternehmen wichtig, dass Fachkräfte aus Drittstaaten bei Bedarf auch zeitnah in anderen EU-Ländern eingesetzt werden können. Zudem sollten die EU-Länder im Rahmen einer europäischen Entwicklungspolitik in den Herkunftsländern gemeinsam Bildungsangebote aufbauen, die Zuwanderungsinteressierte auf einen Aufenthalt in Europa vorbereiten und verhindern, dass es durch die Wanderung von Fachkräften zu einem Brain Drain kommt.

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