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Zeige Bild in Lightbox Eine Ölplattform vor der Küste von Brasilien
Eine Ölplattform vor der brasilianischen Küste (© Getty Images)
Simon Gerards Iglesias IW-Nachricht 14. März 2023

Brasilien und Kolumbien: Warme Worte reichen nicht

Die Südamerika-Reise von Robert Habeck und Cem Özdemir unterstreicht die gewachsene Bedeutung des Kontinents – bei Handel und Klimaschutz braucht Deutschland neue Partner. Doch der globale Systemkonflikt ist auch dort längst im Gange: China hat seine Investitionen in der Region zuletzt stark erhöht.

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Agrarminister Cem Özdemir sind am Samstag für sechs Tage nach Südamerika gereist. Deutschland will enger mit Brasilien und Kolumbien zusammenarbeiten, zudem soll die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens näher rücken. Neben neuen wirtschaftlichen Allianzen erhofft man sich Zugänge zu unverzichtbaren Rohstoffen wie Seltenen Erden, aber auch grünem Wasserstoff. Die Bundesregierung hat die beiden Länder wegen ihres Reichtums an solchen Rohstoffen als zentrale Partner in der Handels- und Klimapolitik ausgemacht.  

Doch nicht nur Deutschland hat die strategische Bedeutung Südamerikas erkannt, auch China mischt in der Amazonasregion stark mit. So flossen 2021 mindestens 5,8 Milliarden Dollar chinesische Neuinvestitionen nach Brasilien. Weil die Datenlage intransparent ist, dürfte der tatsächliche Wert deutlich höher ausfallen. Zwischen 2015 und 2020 lag das Investment hingegen im Durchschnitt nur bei 4,2 Milliarden Euro. In Kolumbien tätigte China 2021 mit einem einzigen Großinfrastrukturprojekt eine Investition in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar. Durch strategische Engagements in Energie- und Verkehrsinfrastruktur versucht China seit Jahren, seinen Einfluss in der Region zu mehren. 

Deutsche Investitionen rückläufig 

Die deutschen Investitionen in Brasilien sind hingegen in den vergangenen Jahren zurückgegangen. 2019 lag der Investitionsbestand noch bei 21 Milliarden Euro, ein Jahr später war er auf 17,7 Milliarden Euro gefallen. Deutsche Unternehmen haben vor allem in den Automobilsektor, die chemische Industrie sowie den Maschinenbau investiert – strategisch wichtige Zukunftssektoren spielen kaum eine Rolle. „Deutsche Unternehmen haben das makroökonomische Risiko der Region gescheut und sich stattdessen auf China fokussiert. Doch die Zeiten haben sich geändert. Deutschland muss sich von China emanzipieren und braucht neue Partner“, sagt IW-Ökonom Simon Gerards Iglesias. 

Kurzfristig sind beide Länder jedoch auch wichtige Lieferanten für fossile Energieträger in der aktuellen Energiepreiskrise. Die Menge der importierten Kohle aus Kolumbien stieg 2022 etwa um 206 Prozent. Insbesondere Brasilien verfügt auch über andere wichtige Rohstoffe, die als kritisch für die Dekarbonisierung eingestuft werden, darunter Tantal, Niob, Zinn und Seltene Erden. 

Strategisches Engagement notwendig 

Zudem sind Brasilien und Kolumbien wegen ihrer großen Waldbestände Schlüsselstaaten bei der Erreichung der globalen Klimaziele. Kolumbien ist schon seit einiger Zeit einer der führenden Klimaakteure in der Region. Brasiliens Präsident Lula hat angekündigt, den Amazonas-Regenwald stärker zu schützen. Beide Länder wären wichtige Partner im von Olaf Scholz angedachten Klimaclub. 

„Deutschland muss viel strategischer in der Region auftreten“, sagt Simon Gerards Iglesias. „Statt warmen Worten braucht es gezielte Investitionen in Zukunftsthemen und Infrastruktur, die die Länder konkret voranbringt. Wenn wir es nicht tun, wendet sich Südamerika Staaten mit anderen Vorstellungen von Demokratie und Klimaschutz zu.“ 

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