1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Oxfam-Studie: An der Realität vorbei
Zeige Bild in Lightbox
Die Ungleichheit wachse stark, sagt die Hilfsorganisation Oxfam. (© Dan Kitwood / Getty Images)
Judith Niehues / Maximilian Stockhausen IW-Nachricht 15. Januar 2024

Oxfam-Studie: An der Realität vorbei

Auch in diesem Jahr prangert die Hilfsorganisation Oxfam pünktlich zum Weltwirtschaftsforum in Davos die angeblich steigende Ungleichheit der Vermögen an. Doch die Zahlen zur Entwicklung der Vermögensungleichheit in Deutschland zeichnen ein anderes Bild, zeigen Auswertungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Glaubt man Oxfam, dürften die Reichen auch in den vergangenen Jahren wieder reicher, die Armen ärmer geworden sein. Die Erhebungen zur Vermögensverteilung zeigen für Deutschland ein anderes Bild: Nach Zahlen der Deutschen Bundesbank hat sich die Vermögensungleichheit zwischen 2017 und 2021 sogar leicht reduziert. Insgesamt sind die Vermögen nicht nur in der Breite, sondern insbesondere auch in Haushalten mit geringen Vermögen überdurchschnittlich stark gewachsen. 

Und auch die von Oxfam verwendeten Daten aus dem Credit Suisse Global Wealth Report, der Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels aus dem Jahr 2017 bis 2022 fortschreibt, zeigen für Deutschland eine leicht rückläufige Entwicklung der Vermögensungleichheit. So sank der Gini-Koeffizient von 81,6 Punkten im Jahr 2019 auf 76,9 Punkte im Jahr 2022. Der Gini-Koeffizient ist in aller Regel zwischen 0 (alle besitzen das gleiche) und 100 (einer besitzt alles) begrenzt.

Starker Sozialstaat verzerrt Ergebnisse

Dass die Vermögensungleichheit damit merklich höher ausfällt als die Ungleichheit der Einkommen, lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Beispielsweise ist das soziale Netz in Deutschland viel stärker als in anderen Ländern. Berücksichtigt man auch die gesetzlichen Rentenansprüche, reduziert sich die Vermögensungleichheit um mehr als ein Fünftel. Auch der Umstand, dass Vermögen insbesondere mit steigendem Alter höher ausfallen, hebt statistisch die Vermögensungleichheit. Mit diesem Wissen erscheinen die Zahlen weit weniger dramatisch, auch deshalb hebt Oxfam vermutlich die Entwicklung extremer Vermögen seit dem Tiefpunkt der Aktienmarktentwicklung im März 2020 ins Bild – und fordert eine Besteuerung extremer Vermögen in Europa. 

Vermögensteuer belastet Unternehmen

Die wäre für Deutschland aber kontraproduktiv. Erst heute bestätigte das Statistische Bundesamt die Rezession im Jahr 2023, in der IW-Verbandsumfrage aus dem Dezember berichteten 30 von 47 befragten Wirtschaftsverbänden von verschlechterten Geschäften. Eine Vermögensteuer wäre in dieser Situation eine weitere Belastung für deutsche Unternehmen, das würde den Spielraum für Investitionen weiter schmälern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit verschlechtern.  
 

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Rentner nicht stärker betroffen als andere Haushalte
Martin Beznoska / Judith Niehues / Ruth Maria Schüler / Maximilian Stockhausen Pressemitteilung 3. April 2024

Inflation: Rentner nicht stärker betroffen als andere Haushalte

Die Kaufkraft von Rentnern der Gesetzlichen Rentenversicherung sank in den vergangenen Jahren nicht stärker als bei anderen Haushalten. Während die Coronapandemie Rentner nicht so stark getroffen hat, führten die Preissteigerungen spätestens seit 2022 zu ...

IW

Artikel lesen
Helena Bach/Andrea Hammermann IW-Trends Nr. 4 29. Dezember 2023

Zahlen tarifgebundene Unternehmen besser?

In der Debatte um die erodierende Tarifbindung wird häufig darauf verwiesen, wie wichtig Tarifverträge sind, um Beschäftigten hohe Gehälter zu sichern.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880