Die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse, also der unbefristeten, abhängigen Stellen mit mehr als 20 Wochenstunden, befand sich jahrzehntelang auf Talfahrt. Erst mit den Hartz-Reformen wendete sich das Blatt. Doch diese positive Trendwende spielt in den jüngsten Medienberichten leider kaum eine Rolle.
Hartz IV brachte die Wende
Die Zahl der sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse – Teilzeit bis 20 Wochenstunden, geringfügige und befristete Jobs sowie Zeitarbeit – lag im Jahr 2013 mit 7,6 Millionen zwar deutlich höher als 20 Jahre zuvor (4,4 Millionen). Die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse fiel dagegen um 1,9 Millionen niedriger aus als 1993. Zu den Ursachen, die in diesem Zeitraum für die gegenläufige Entwicklung verantwortlich waren, zählen die Transformationskrise in den neuen Bundesländern, aber auch die jahrzehntelange Dauerkrise auf dem Arbeitsmarkt, die Deutschland einst den Titel des „kranken Manns Europas“ einbrachte.
Aus den beiden Werten für 1993 und 2013 zu schließen, dass die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse bis heute permanent abgenommen hat, ist jedoch verfehlt. Denn der Tiefpunkt war 2005 erreicht. In diesem Jahr trat mit „Hartz IV“ das letzte Gesetz der Agenda-Reformen in Kraft. Seither geht es wieder aufwärts: Bis 2013 entstanden fast 2 Millionen neue Normalarbeitsverhältnisse und zusätzlich noch einmal über 800.000 atypische Beschäftigungsverhältnisse. Die Reformen brachten das Ende der Dauerkrise auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Verluste der Krisenjahre konnten in nicht einmal einer Dekade wettgemacht werden (Grafik).
Das Wachstum der atypischen Beschäftigung geht im Wesentlichen auf einen Zuwachs der Teilzeit und der Minijobs zurück. Der Boom der Teilzeit steht dabei in engem Zusammenhang mit der Ausweitung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und stellt für diese in den meisten Fällen die gewünschte Erwerbsform dar: Nur 14 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen gibt in regelmäßigen Befragungen des Statistischen Bundesamtes an, keine Vollzeitbeschäftigung zu finden.
Entsprechend sollte man die jüngsten, aufgeregten Medienberichte über den angeblichen Verlust von „normalen Arbeitsverhältnissen“ in Deutschland kritisch hinterfragen.
Wer wie arbeitet
Bevölkerung nach Erwerbsstatus in Prozent
Bevölkerung 15-64 Jahre; Sonstige Beschäftigte: Selbstständige, mithelfende Familienangehörige, Nebenerwerbstätige in AusbildungUrsprungsdaten: Statistisches Bundesamt
Jobben in der Jugend: Eine Frage des Elternhauses
Ein zu ihren sonstigen Lebensumständen passender Nebenjob kann Jugendlichen helfen, am Arbeitsmarkt relevante Kompetenzen und Fertigkeiten zu erlernen und einzuüben.
IW
Der Arbeitsmarkt in Deutschland
Viele Erwerbstätige, wenige Arbeitslose und die EU-weit geringste Jugendarbeitslosenquote – für Arbeitnehmer sieht es auf dem deutschen Arbeitsmarkt sehr gut aus. Die Unternehmen haben allerdings mit dem ...
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