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Michael Hüther bei der Rheinischen Post online Interview 15. Februar 2024

Wachstumsschwäche: „Die schlechte Stimmung hat sich durch die Politik verhärtet”

Die Weltkonjunktur kann die deutsche Wachstumsschwäche aus Sicht von IW-Direktor Michael Hüther nicht erklären: Sie bessere sich längst. Im Interview mit der Rheinischen Post sieht er die Hauptursache in der schlechten Stimmung, die sich durch eine widersprüchliche Politik verhärtet habe.

Herr Professor Hüther, Sie sind Direktor des von den Arbeitgebern getragenen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), eines in der Öffentlichkeit einflussreichen Forschungsinstituts. Warum genau verschlechtert sich der Konjunkturausblick für Deutschland gerade?

Wir sind schwach aus dem Jahr 2023 herausgekommen. Im vergangenen Jahr ist die deutsche Wirtschaft bereits um 0,3 Prozent geschrumpft. Die Auftragseingänge sind weiterhin schwach. Insofern sehen wir unsere Prognose für 2024 mit einem Minus zwischen 0,3 und 0,4 Prozent bisher als bestätigt an, einen Anlass zur Aufwärtsrevision sehen wir nicht. Zu der aus guten Gründen restriktiven Geldpolitik ist eine Finanzpolitik hinzugekommen, die ebenfalls restriktiv wirkt und ihren Kurs noch nicht gefunden hat. Denn die Aufstellung des Bundeshaushalts ist eine große Herausforderung. Versprechen an die Wirtschaft werden von der Regierung nicht eingehalten: Die Netzentgelte-Dämpfung entfällt, das Wachstumschancengesetz ist mit Zutun der Opposition in seiner Wirkung verpufft.

Was muss die Regierung tun, um das Ruder herumzureißen?

Sie sollte den Blick auf die Investitionen richten, sowohl kurzfristig als auch auf mittlere Sicht. Das Wachstumschancengesetz beinhaltet eigentlich alle darauf zielenden Instrumente, man müsste nur mutiger sein: Sofortabschreibung für alle bewegliche Wirtschaftsgüter, Thesaurierungsbegünstigung, degressive Abschreibung und technologieneutrale Investitionsprämie. Dazu gehört natürlich endlich ein richtiger Schritt im Bürokratieabbau. Hier wurde bisher nur angekündigt.

Was sollte Wirtschaftsminister Habeck in der Energiepolitik tun?

Die Energiekostensituation muss stabilisiert werden. Die eigentlich geplante Deckelung der Netzentgelte sollte jetzt reaktiviert werden. Klar ist aber, dass die Finanzierung der erheblichen Steuerausfälle und Kosten für die Stromnetzentgelte die gegenwärtigen budgetären Spielräume überdehnt. Die Länder sind ja schon beim bisherigen Volumen der Wachstumschancengesetzes überfordert. Es muss ein Kompromiss mit der Opposition gesucht werden.

Wie stark ist die schwache Wirtschaftsleistung konjunkturbedingt, wie stark beruht sie auf strukturellen Schwächen?

Die Konjunktureinschätzung für die großen Volkswirtschaften hat sich nicht verschlechtert, im Gegenteil: für die USA wird allenfalls ein Soft-Landing nach dem Aufschwung erwartet und keine Rezession mehr. China wurde bereits schwächer gesehen, ist aber für deutsche Unternehmen unverändert stark. Entsprechend sind die besseren Exporterwartungen bereits der verbesserten Lage der Weltwirtschaft gefolgt. Daran liegt es also nicht. Die schlechte Stimmung hat sich durch die von der Politik der Regierung und der Opposition ausgelösten Verunsicherungen verhärtet. Sie wird damit in einem Umfeld mehrjähriger Stagnation zu einer eigenständigen Belastung.

Zum Interview auf rp-online.de

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