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Holger Schäfer in der Fuldaer Zeitung Gastbeitrag 10. September 2013

Viele Minijobber sind mit ihrer Arbeitszeit zufrieden

Minijob-Gegner wollen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse einfach abschaffen. In einem Gastkommentar für die Fuldaer Zeitung sieht IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer diese Forderung kritisch und warnt vor unrealisitischen Erwartungen.

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Minijobs sind in die Kritik geraten: Die geringfügige Beschäftigung sei keine Brücke in reguläre Beschäftigung, sondern eine Prekaritätsfalle. Den Arbeitnehmern fehle eine eigenständige soziale Absicherung, woraufhin ihnen Abhängigkeit und Altersarmut drohe. Deshalb dringen manche politische Kräfte auf die ersatzlose Abschaffung der Minijob-Regeln. Ist die Forderung berechtigt? Und welche Folgen hätte das für die betroffenen Arbeitnehmer und Betriebe?

Zurzeit gibt es in Deutschland rund 4,9 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte. Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung hat sich diese Zahl seit 2005 nicht mehr nennenswert erhöht. Geringfügig beschäftigt sind Hausfrauen und –männer, Rentner, Schüler und Studenten sowie Arbeitslose. Schon der Blick auf diese sozialrechtlichen Gruppen zeigt, dass ein Minijob nicht automatisch mit prekärer Beschäftigung gleichgesetzt werden kann. Schüler sowie Hausfrauen und –männer verfügen in der Regel zwar über geringe eigene Einkommen, sind aber meist über Eltern oder Partner sozial abgesichert. Und auch die Rentner arbeiten nicht zwingend wegen finanzieller Not: Nur ein Drittel der geringfügig beschäftigten Rentner meint, den Verdienst zu benötigen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Keiner muss allein vom Verdienst aus einem Minijob leben. Wer keine weiteren Einkünfte hat, hat einen Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosengeld 2 und stellt sich mit einer solchen Kombination aus Erwerbseinkommen und Transfer besser als derjenige, der ausschließlich ALG 2 bezieht.

Ein grundsätzlicher Fehler in der Argumentation der Minijob-Gegner ist die implizite Unterstellung, dass die Arbeitnehmer durchweg mehr arbeiten wollen – gegebenenfalls sogar in Vollzeit. Diese Annahme wird aber durch die Empirie nicht gedeckt. Die Hälfte der geringfügig Beschäftigten erklärte in einer Befragung durch das Statistische Bundesamt, dass sie mit ihrer Arbeitszeit zufrieden sei. Ein weiteres Viertel würde gern mehr arbeiten, sieht sich aber durch persönliche Umstände daran gehindert. Lediglich ein Viertel gibt an, mehr arbeiten zu wollen und keine passende Stelle gefunden zu haben. Andere Untersuchungen zeigen, dass der Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung durchaus vorhanden ist, sich aber nur auf eine moderate Anhebung der Stundenzahl bezieht. Der unfreiwillig geringfügig Beschäftigte, der eigentlich Vollzeit arbeiten will, ist somit eher untypisch.

Problematisch ist auch die Annahme, die betroffenen Beschäftigten würden durch Abschaffung der Minijobs automatisch über eine eigenständige soziale Sicherung verfügen. Das Problem liegt jedoch nicht in den Minijobs, sondern in der geringen gearbeiteten Stundenzahl. Geringfügig Beschäftigte wären auch dann nicht nennenswert sozial abgesichert, wenn sie – bei gleichem Verdienst – sozialversicherungspflichtig wären. Dafür sind mit Ausnahme der gesetzlichen Krankenversicherung die Leistungen viel zu gering. Wer zum Beispiel monatlich 300 Euro brutto verdient, käme bei voller Sozialversicherungspflicht auf ein Arbeitslosengeld von nicht einmal 150 Euro. Auch die Rentenansprüche wären nicht existenzsichernd – nicht zuletzt deshalb optieren die meisten Minijobber gegen die freiwillige Rentenversicherung. Die Arbeitnehmer gewönnen durch die Abschaffung der Minijobs also kaum etwas, dafür müssten sie aber künftig 20 Prozent ihres Verdienstes an die Sozialversicherung abgeben.

Für die Betriebe sind Minijobs in erster Linie ein Flexibilisierungsinstrument. Die Arbeitskosten sind hingegen sogar höher als bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, da der pauschale Arbeitgeberbeitrag hier 30 Prozent statt der regulären 20 Prozent beträgt. Aber wenn ein Supermarkt lediglich am Samstagmittag für einige Stunden Bedarf für eine zusätzliche Kassenkraft hat, dann ändert an dieser Einsatzlogik auch eine Sozialversicherungspflicht nichts.

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