In Kombination mit dem Ausbau der Betreuungsinfrastruktur hat es das Elterngeld für Mütter attraktiver gemacht, früh in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Gleichzeitig haben die Partnermonate dazu geführt, dass auch zunehmend mehr Väter in Elternzeit gehen. Allerdings beschränken sie sich dabei zumeist auf diese Bonusmonate.
Elterngeld: Ein Gewinn für die Gleichstellung der Geschlechter
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
In Kombination mit dem Ausbau der Betreuungsinfrastruktur hat es das Elterngeld für Mütter attraktiver gemacht, früh in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Gleichzeitig haben die Partnermonate dazu geführt, dass auch zunehmend mehr Väter in Elternzeit gehen. Allerdings beschränken sie sich dabei zumeist auf diese Bonusmonate.
In den letzten Jahrzehnten haben sich die Geschlechterrollen in Deutschland grundlegend geändert. War es in den 1960er-Jahren noch der Normalfall, dass Frauen nur bis zur Eheschließung oder längstens bis zur Geburt des ersten Kindes erwerbstätig waren und sich dann ausschließlich um die Belange der Familie kümmerten, streben sie in den letzten Jahrzehnten eine immer gleichberechtigtere Teilhabe am Arbeitsmarkt an. Damit einhergehend haben die jungen Frauen ihren Bildungsstand im Zuge der Bildungsexpansion der vergangenen Jahre auch besonders stark erhöht. So ist der Frauenanteil an den Studierenden von nur 24,9 Prozent im Wintersemester 1967/1968 (Statistisches Bundesamt, 1969; eigene Berechnungen) auf 48,5 Prozent im Wintersemester 2016/2017 gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2018a; eigene Berechnungen). Betrachtet man nur die Studienanfänger, lag er im Wintersemester 2017/2018 mit 50,6 Prozent sogar bei über der Hälfte (Statistisches Bundesamt, 2018a).
Dennoch sind es in aller Regel nach wie vor die Frauen, die nach der Geburt eines Kindes beruflich kürzertreten. Für einen großen Teil der Paare ist dies auch ökonomisch folgerichtig, da die Männer die höheren Erwerbseinkommen erzielen. Grund hierfür ist vor allem das unterschiedliche Berufswahlverhalten von Männern und Frauen (vgl. Wrohlich/Zucco, 2017). Hinzu kommt, dass die Männer in rund drei Viertel der Ehen und zwei Drittel der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften älter sind als die Frauen und damit meist auch mehr Berufserfahrung haben. Zudem hat in 30 Prozent der Ehen und 21 Prozent der Lebensgemeinschaften der Mann ein höheres Qualifikationsniveau als seine Partnerin – umgekehrt ist dies nur bei 9 Prozent der Ehen und 14 Prozent der Lebenspartnerschaften der Fall (Stand 2014; Statistisches Bundesamt/WZB, 2016).
Um den Frauen nach der Geburt ihrer Kinder den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern, wurde die familienpolitische Förderkulisse in den letzten Jahrzehnten sukzessive reformiert. Ein zentraler Schritt war die Weiterentwicklung des Erziehungsgelds zum Elterngeld im Jahr 2007, mit dem einerseits ein finanziell gut abgesicherter Schonraum für die Familien im ersten Lebensjahr des Kindes geschaffen und andererseits eine frühe Rückkehr der Mütter in den Arbeitsmarkt gefördert werden sollte (BMFSFJ, 2008). Ergänzt wurde es durch den Ausbau der institutionellen Betreuungsangebote für unter Dreijährige seit den 2000er–Jahren und den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab zwölf Monaten seit dem Jahr 2013.
Dass diese Maßnahmen tatsächlich erfolgreich waren, zeigt die in der Abbildung dargestellte Entwicklung der Erwerbsbeteiligung von Müttern in den ersten Lebensjahren ihrer (jüngsten) Kinder. Während im Jahr 2017 deutlich weniger Mütter im ersten Lebensjahr des Kindes am Arbeitsmarkt aktiv waren als noch im Jahr 2006, stieg der Anteil im zweiten Lebensjahr des Kindes um rund 10 Prozentpunkte an. Im dritten Lebensjahr des Kindes lag er sogar um über 15 Prozentpunkte höher. Dabei arbeiten heute auch mehr Mütter bereits wenige Jahre nach der Geburt wieder in Vollzeit.
Um die Gleichstellung noch stärker zu fördern und für die Väter einen Anreiz zu schaffen, sich in größerem Maße an den familiären Aufgaben zu beteiligen, wurden mit dem Elterngeld die sogenannten Partnermonate eingeführt. Mit ihnen erhöht sich die maximale Bezugsdauer für Paarfamilien von zwölf auf 14 Monate, wenn beide Elternteile für mindestens zwei Monate in Elternzeit gehen und Elterngeld beziehen. Dass diese Regelung erfolgreich war, zeigen Zahlen zur Väterbeteiligung am Elterngeld. Lag diese bei im Jahr 2008 geborenen Kindern noch bei nur 20,8 Prozent, waren es bei im Jahr 2014 Geborenen bereits 34,2 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2016) und bei im zweiten Quartal 2018 Geborenen sogar 35,7 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2018b). Für später Geborene liegen insbesondere vor dem Hintergrund der Erhöhung der maximalen Bezugsdauer des Elterngelds im Kontext der Einführung des ElterngeldPlus noch keine Werte vor.
Allerdings ist anzumerken, dass die meisten Väter nur die Partnermonate nutzen. So lag der Anteil der Väter mit einer Bezugsdauer von maximal zwei Monaten an allen männlichen Elterngeldbeziehern bei den im Jahr 2014 geborenen Kindern bei 79,4 Prozent und damit sogar deutlich höher als bei den 2009 geborenen Kindern mit 74,9 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2018c; eigene Berechnungen). Dieser Anstieg erklärt sich allerdings allein mit der stärkeren Väterbeteiligung am Elterngeld. Setzt man die Zahl der männlichen Elterngeldbezieher mit einer Bezugsdauer von über zwei Monaten ins Verhältnis zur Zahl der Geburten, ist der Anteil in den letzten Jahren von 5,8 Prozent bei im Jahr 2009 geborenen Kindern auf 7,0 Prozent bei im Jahr 2014 Geborenen gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2018c; eigene Berechnungen). Die Mütter nutzen zumeist die maximale Bezugsdauer für das Elterngeld aus. So lag diese bei 89,3 Prozent der Elterngeldbezieherinnen mit im Jahr 2014 geborenen Kindern bei zwölf und mehr Monaten, wobei eine längere Bezugsdauer im Kontext der Alleinerziehung möglich ist (Statistisches Bundesamt, 2018c; eigene Berechnungen).
Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass die Väter, wenn sie Elterngeld beziehen, im Schnitt viel höhere Leistungen erhalten als die Mütter. Der durchschnittliche monatliche Anspruch im Bezugszeitraum lag bei den Männern ohne ElterngeldPlus im ersten Quartal 2018 bei 1.181 Euro, bei den Frauen bei 798 Euro (Statistisches Bundesamt, 2018d). Hierin spiegeln sich unterschiedliche Einkommen von Frauen und Männern wider. Die Höhe des Elterngelds bemisst sich nämlich am Erwerbseinkommen in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt, das bei den Frauen insbesondere dann deutlich niedriger ist, wenn es sich um ein zweites oder weiteres Kind handelt und sie nach Ende des nicht anzurechnenden Elterngeldbezugs noch nicht wieder in vollem Umfang an den Arbeitsmarkt zurückgekehrt waren.
Das zum 1. Juli 2015 eingeführte ElterngeldPlus kann die Position der Mütter weiter verbessern, indem es ihnen ermöglicht, bereits früh in Teilzeit an den Arbeitsmarkt zurückzukehren, ohne dadurch Einbußen beim Elterngeld hinnehmen zu müssen. Ob die aktuellen ElterngeldPlus-Bezieherinnen dies tatsächlich tun oder die Elterngeldzahlungen zumeist nur auf eine längere Zeit verteilen, lässt sich derzeit noch nicht klären. Fraglich ist insbesondere, ob die für einen sehr frühen Einstieg häufig notwendigen Betreuungsplätze für Kinder unter einem Jahr in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.
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