Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) weisen erhebliche wirtschaftliche Potenziale auf. Bislang sind es jedoch vor allem die Großunternehmen, die KI anwenden, und weniger der Mittelstand. Des Weiteren ist der Mittelstand wesentlich skeptischer gegenüber KI. Dies muss sich dringend ändern, damit die deutsche Wirtschaft in der Breite zukunftsfähig bleibt.
Mittelstandsskepsis gegenüber Künstlicher Intelligenz
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) weisen erhebliche wirtschaftliche Potenziale auf. Bislang sind es jedoch vor allem die Großunternehmen, die KI anwenden, und weniger der Mittelstand. Des Weiteren ist der Mittelstand wesentlich skeptischer gegenüber KI. Dies muss sich dringend ändern, damit die deutsche Wirtschaft in der Breite zukunftsfähig bleibt.
Aus ökonomischer Sicht versprechen Anwendungen der Künstlichen Intelligenz viele Vorteile: Dazu zählen unter anderem die Möglichkeiten der Produktivitätssteigerungen, der Kosteneinsparungen und der Optimierung von Produktions- und Fertigungsprozessen, der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie positiver gesamtwirtschaftlicher Effekte. Skepsis gegenüber KI macht sich gerade im gesellschaftlichen Diskurs unter anderem an Themen wie den Auswirkungen auf die Arbeit, der Privatsphäre und ethischen Aspekten fest.
In diesem Spannungsfeld bewegen sich Unternehmen in der digitalen Transformation, die über ihren Umgang mit der Technologie entscheiden müssen. Je eher Unternehmen KI als Chance wahrnehmen, desto schneller und umfassender gelingt die Durchdringung der Wirtschaft mit der Technologie und desto zügiger lassen sich die positiven Wirkungen von KI realisieren. Umgekehrt gilt, je mehr die Unternehmen KI als Risiko wahrnehmen, desto schwieriger wird sich die flächendeckende Integration von KI in Prozesse, Produkten und Dienstleistungen sowie Geschäftsmodelle zukünftig darstellen.
Bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Breite der deutschen Volkswirtschaft sind insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) von besonderer Bedeutung, da diese 99 Prozent aller deutschen Unternehmen ausmachen (Statistisches Bundesamt, 2019). In einer Befragung im Rahmen des IW-Zukunftspanels im Herbst 2019 wurden Unternehmen aller Größen aus Industrie und Industrienahen Dienstleistern zum Thema KI befragt. Insgesamt nahmen 681 Unternehmen teil und gaben verwertbare Antworten (Demary/Goecke, 2019). KMU mit weniger als 250 Beschäftigten machten knapp 86 Prozent der Stichprobe aus, nämlich 584 Unternehmen.
Dabei unterscheiden sich die befragten KMU und Großunternehmen deutlich voneinander: Während 16,5 Prozent der Großunternehmen Verfahren der Künstlichen Intelligenz einsetzten, waren es unter den KMU lediglich rund 9 Prozent.
In einem weiteren Schritt wurden die befragten Unternehmen gebeten, die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz auf einer Skala zwischen Risiko (0 Punkte) und Chance (100 Punkte) einzuordnen. Dabei wurde nacheinander der Fokus auf die vier Bereiche eigenes Unternehmen, eigene Branche, gesamte deutsche Volkswirtschaft und Weltwirtschaft gelegt, um zu analysieren, ob sich die Einschätzung der Technologie ändert, wenn nicht das eigene Unternehmen im Fokus steht.
Es zeigt sich, dass die KMU KI für ihr eigenes Unternehmen und die Branche, in der ihr Unternehmen tätig ist, wesentlich negativer einschätzen als große Unternehmen (siehe Abbildung). Etwa 40 Prozent der KMU schätzen KI eher als Gefahr für ihr Unternehmen und ihre Branche ein (Werte zwischen 0 und 40). Bei den großen Unternehmen teilen diese Einschätzung nur etwa 10 Prozent. Auf der anderen Seite schätzen auch knapp 40 Prozent der KMU Künstliche Intelligenz eher als Chance (Werte zwischen 60 und 100) für ihr Unternehmen und ihre Branche ein. Bei den Großunternehmen teilen hingegen knapp 60 Prozent diese positive Einschätzung. Diese unterschiedliche Bewertung zeigt sich auch bei der Betrachtung des Mittelwerts der Antworten: Bei den KMU beträgt dieser gut 45 Punkte, während er bei großen Unternehmen bei etwa 60 Punkten liegt.
Diese Diskrepanz in der Einschätzung von KI zwischen diesen beiden Unternehmensgrößen verschwindet jedoch nahezu vollständig, wenn der Fokus auf die gesamte deutsche Volkswirtschaft beziehungsweise die Weltwirtschaft gelegt wird. Hier sehen sowohl KMU als auch Großunternehmen KI überwiegend als Chance - bei den KMU sind es jeweils etwa 60 Prozent und bei den Großunternehmen sogar jeweils etwa 70 Prozent.
Die Befragungsergebnisse zeigen insgesamt, dass Unternehmen KI national wie auch global als Chance einschätzen. Insbesondere KMU nehmen diese Technologie für ihr Unternehmen und ihre Branche jedoch auch als Bedrohung wahr. Hier gilt es nachzusteuern, um KI für die gesamte Breite der deutschen Unternehmen greifbar zu machen und zu erschließen.
Dazu bieten die Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren des Bundeswirtschaftsministeriums erste Ansatzpunkte. Ihre Angebote, wie beispielsweise KI-Trainer, die konkrete individuelle Unterstützung für KMU anbieten, sollten in der Breite des Mittelstands stärker bekannt gemacht werden. Best-Practice-Beispiele von bereits KI-anwendenden KMU sollten zielgruppengerecht aufbereitet und einfach zugänglich gemacht werden. Die Gruppe der KMU ist zudem dezidierter Bestandteil der KI-Strategie der Bundesregierung. Es gilt allerdings nun, die Unternehmen nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch mit den Potenzialen der Künstlichen Intelligenz vertraut zu machen.
Vera Demary / Henry Goecke: Mittelstandsskepsis gegenüber Künstlicher Intelligenz
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