1. Home
  2. Studien
  3. Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten
Vera Demary / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 53 21. August 2023 Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten

Airbnb, Booking, Expedia und Tripadvisor werden für den Tourismus in Deutschland immer wichtiger. In welchem Ausmaß diese genutzt werden, wird an Daten von Eurostat deutlich. Die Auswirkungen variieren dabei innerhalb Deutschlands und das Ausmaß der Nutzung unterscheidet sich nach Herkunft der Reisenden.

PDF herunterladen
Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten
Vera Demary / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 53 21. August 2023

Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Airbnb, Booking, Expedia und Tripadvisor werden für den Tourismus in Deutschland immer wichtiger. In welchem Ausmaß diese genutzt werden, wird an Daten von Eurostat deutlich. Die Auswirkungen variieren dabei innerhalb Deutschlands und das Ausmaß der Nutzung unterscheidet sich nach Herkunft der Reisenden.

Der Tourismus trägt nennenswert zur Beschäftigung und zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei. Im Jahr 2019 und damit noch vor der Corona-Pandemie bot der Tourismus Arbeit für 2,8 Millionen Erwerbstätige und es wurden im Inland Waren sowie Dienstleistungen mit Tourismusbezug im Wert von  279,5 Miliarden Euro geschaffen (Statistisches Bundesamt, 2021, 8). Insbesondere konnten im Jahr 2019 fast 496 Millionen Übernachtungen in Deutschland verzeichnet werden (Statistisches Bundesamt, 2023a). Davon entfielen rund 406 Millionen auf Gäste mit Wohnsitz im Inland und nahezu 90 Millionen auf Gäste mit Wohnsitz im Ausland. Im Jahr 2022 waren es insgesamt fast 451 Millionen Übernachtungen. Dies entspricht einem Rückgang von rund neun Prozent im Vergleich zu 2019. Rund 383 Millionen Übernachtungen entfielen auf Gäste mit Wohnsitz im Inland (-5,7 Prozent im Vergleich zu 2019) und rund 68 Millionen Übernachtungen auf Gäste mit Wohnsitz im Ausland (-24,3 Prozent). Folglich hat sich der Tourismus im Jahr 2022 noch nicht wieder von der Pandemie erholt. Insbeondere ist ein ausgeprägter Rückgang von Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland zu verzeichnen. Der Anteil ausländischer Gäste betrug rund 18 Prozent im Jahr 2019, während es 2022 rund 15 Prozent waren.

Plattformdaten

Während der Tourismus gemäß amtlicher Statistik das Vor-Corona-Niveau in Bezug auf Übernachtungen noch nicht wieder erreicht hat, haben die Buchungen über vier große Plattformen das Niveau von 2019 bereits wieder überschritten (Tabelle). Die Daten zu den Übernachtungen werden von Eurostat (2023a) veröffentlicht und gehen auf eine Vereinbarung mit den vier großen Plattformen Airbnb, Booking, Expedia und Tripadvisor aus dem Jahr 2019 zurück (Eurostat, 2023b, 1), die eigene Daten bereitstellen.

Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass sich die bereits erwähnten Daten aus der Tourismusstatistik (Statistisches Bundesamt, 2023a) kaum mit den Daten der Plattformen überschneiden. In der öffentlichen Statistik zu Übernachtungen gehen Zahlen von Betrieben ab 10 Betten sowie 10 Stellplätzen im Camping¬bereich ein (Statistisches Bundesamt, 2023b).

Im Jahr 2019 entfielen bei den Buchungen über Plattformen jedoch 95 Prozent auf Betriebe unter 10 Betten (ebenda). Insbesondere handelt es sich dabei oft um privat vermietete Unterkünfte (ebenda). Mit diesen Angaben wird die Annahme von Busch et al. (2018) bestätigt, die bei ihrer Analyse der Bedeutung der Sharing Economy – unter anderem im Unterkunftsbereich – bereits davon ausgegangen sind, dass die überwiegende Anzahl der Buchungen insbesondere über Airbnb nicht in der Tourismusstatistik auftauchen. Hintergrund ist, dass beim sogenannten „Homesharing“ eben Privatwohnungen und keine Zimmer in Beherbergungsbetrieben gemietet werden.

Inhaltselement mit der ID 12542
Inhaltselement mit der ID 12543

Bedeutung der Plattformen

Busch et al. (2018) gingen zwar von der Hypothese aus, dass die Plattformen eine Bedeutung für den Tourismus in Deutschland haben. Bei der Abschätzung mussten sich die Autoren jedoch auf Konsumentenbefragungen stützen. Anhand der Daten seitens der vier großen Plattformen kann nun jedoch direkt mittels der Buchungsdaten die Bedeutung evaluiert werden.

So konnten im Jahr 2019 insgesamt 37.235.826 Übernachtungen über die vier Plattformen in Deutschland verzeichnet werden. Auf Gäste aus dem Inland entfielen rund 23,5 Millionen und auf Gäste aus dem Ausland rund 13,7 Millionen Übernachtungen. Folglich entfielen circa 37 Prozent der Übernachtungen auf Gäste mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands. Im Jahr 2022 konnten insgesamt mehr als 38,5 Millionen über Plattformen gebuchte Übernachtungen verzeichnet werden (Tabelle). Dies waren somit 3,6 Prozent mehr als 2019. Die Übernachtungen von inländischen Gästen sind 2022 im Vergleich zu 2019 um 15,9 Prozent auf mehr als 27 Millionen gestiegen. Die Übernachtungen ausländischer Gäste sind in diesem Zeitraum um 17,5 Prozent auf 11,3 Millionen gesunken. Während die Buchungen ausländischer Gäste noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben, hat die verstärkte Nutzung durch Inländer diesen negativen Trend mehr als ausgeglichen. Eine zunehmende Verwendung digitaler Anwendungen der inländischen Gäste kann eine Nachwirkung der Corona-Pandemie darstellen, die dazu quasi gezwungen hat.

Der Hintergrund für den höheren Anteil ausländischer Gäste wurde bereits von Busch et al. (2018) analysiert: Da es sich bei den Plattformen um international tätige Unternehmen handelt, haben die entsprechenden Gäste die App bereits installiert und nutzen diese auch für Buchungen in Deutschland. Diese Gäste buchen somit beispielsweise nicht bei den lokalen Hotels, Reisebüros oder Buchungsplattformen, sondern nutzen ihre gewohnte App.  

Beliebteste deutsche Reiseziele

Bei der Betrachtung der Übernachtungen nach Wohnsitz des Gastes im Jahr 2022 werden auch interessante Unterschiede bezüglich des Reiseziels deutlich. Bei Gästen mit Wohnsitz im Inland waren insbesondere Ziele an der See (6 von den 10 beliebtesten Zielen) und im Harz (2 von 10) beliebt. Mit rund 1,5 Millionen Übernachtungen war der Kreis Vorpommern-Rügen mit Abstand am gefragtesten. Ostholstein folgt mit rund 0,9 Millionen Übernachtungen mit deutlichem Rückstand. Dahinter liegt Berlin mit rund 0,8 Millionen Übernachtungen, das mit einem Rückgang von mehr als 16 Prozent im Vergleich zu 2019 deutlich an Attraktivität eingebüßt hat.

Gäste mit Wohnsitz im Ausland nutzen Plattformen dagegen in Deutschland vor allem für Städtereisen (6 von den 10 beliebtesten Zielen). 1,8 Millionen Übernachtungen entfielen allein auf Berlin. Dahinter folgt München mit lediglich rund 0,4 Millionen Übernachtungen vor dem Ortenaukreis mit rund 0,3 Millionen Übernachtungen. Beim letztgenannten Ziel ist jedoch nicht klar, ob der Schwarzwald oder das französische Straßbourg ausschlaggebend für den Besuch sind. Ebenfalls interessant sind die gravierenden Rückgänge ausländischer Gäste in den Städten. Den höchsten Rückgang verzeichnet Köln mit 53 Prozent im Vergleich zu 2019 vor Düsseldorf und Berlin mit jeweils mehr als 45 Prozent.  

Der Beliebtheit bei ausländischen Gästen verdankt Berlin den Spitzenplatz im Gesamtranking mit rund 2,6 Millionen Übernachtungen. Die touristischen Regionen an Nord- und Ostsee folgen mit Abstand dahinter.

Fazit

Große Buchungsplattformen gewinnen für den Tourismus in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Dies wird dadurch deutlich, dass die Übernachtungen über Plattformen bereits das Vor-Corona-Niveau überschritten haben, während dies insgesamt noch nicht der Fall ist. Besonders die vermehrte Nachfrage der inländischen Gäste infolge der Pandemie dürfte die Plattformbetreiber freuen, die in Deutschland zuvor mit einer geringen Nutzung des Internets konfrontiert waren. Auch für private Vermieter ergeben sich aus dieser Situation Chancen, denn durch die Plattformen lässt sich einfach ein größerer Kundenkreis erreichen. Es ist davon auszugehen, dass die ausländische Nachfrage im laufenden Jahr wieder anzieht und auch hier oftmals Plattformen genutzt werden.

PDF herunterladen
Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten
Vera Demary / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 53 21. August 2023

Die Bedeutung großer Onlineplattformen für den Tourismus in deutschen Kreisen und Städten

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Der digitale Faktor - Wie Deutschland von intelligenten Technologien profitiert
Lennart Bolwin / Tillman Hönig / Christian Kestermann / Hanno Kempermann / Hilmar Klink / Felicitas Kuttler / Sebastian van Baal Gutachten 25. September 2023

Der digitale Faktor - Wie Deutschland von intelligenten Technologien profitiert

Digitale Technologien und KI bieten große Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Sie können ganz neue Tätigkeitsfelder und Wirtschaftsbereiche hervorrufen, Innovationen bewirken und gesellschaftliche Partizipation stärken.

IW

Artikel lesen
Vera Demary / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 61 5. September 2023

Onlinereisebuchungen in Europa

Digitalisierung macht auch vor dem Tourismus nicht halt. Vor allem mithilfe digitaler Plattformen sind Buchungen von Reisen unterschiedlichster Art digital einfach möglich. Die Deutschen sind hier jedoch noch zurückhaltend. Dies gilt vor allen für die Buchung ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880