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Thilo Schaefer / Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 65 20. September 2021 Weltweiter Klimaschutz bringt neue Absatzchancen auch für deutsche Hersteller

Der Weltklimarat IPCC hat in seinem jüngsten Sachstandsbericht die Dringlichkeit von weltweiten Klimaschutzmaßnahmen verdeutlicht. In den Jahren 2020 und 2021 wurden zudem nicht nur in Europa verschärfte Klimaziele verkündet, sondern auch von wesentlichen Emittenten wie den USA, China, Japan und Südkorea. Auch dort sind entsprechende Verschärfungen der klimapolitischen Regulierung zu erwarten. Darum ist mit einer steigenden Nachfrage nach entsprechenden klimafreundlichen Produkten zu rechnen. Damit auch deutsche Hersteller davon profitieren können, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, Innovationsförderung und Technologieoffenheit.

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Weltweiter Klimaschutz bringt neue Absatzchancen auch für deutsche Hersteller
Thilo Schaefer / Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 65 20. September 2021

Weltweiter Klimaschutz bringt neue Absatzchancen auch für deutsche Hersteller

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Weltklimarat IPCC hat in seinem jüngsten Sachstandsbericht die Dringlichkeit von weltweiten Klimaschutzmaßnahmen verdeutlicht. In den Jahren 2020 und 2021 wurden zudem nicht nur in Europa verschärfte Klimaziele verkündet, sondern auch von wesentlichen Emittenten wie den USA, China, Japan und Südkorea. Auch dort sind entsprechende Verschärfungen der klimapolitischen Regulierung zu erwarten. Darum ist mit einer steigenden Nachfrage nach entsprechenden klimafreundlichen Produkten zu rechnen. Damit auch deutsche Hersteller davon profitieren können, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, Innovationsförderung und Technologieoffenheit.

Die Exportchancen für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien sind zwar begrenzt (Matthes/Schaefer, 2021). Dennoch sehen viele deutsche Unternehmen gute Absatzchancen für klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen, wie die Ergebnisse der Unternehmensbefragung im Rahmen des IW-Zukunftspanels zeigen (Demary et. al., 2021).

Zusätzliche Absatzchancen werden von Unternehmen in allen Branchen gesehen. Allerdings dominieren nur in der Branchengruppe Energie-, Wasserversorgung, Entsorgung die Unternehmen, die zunehmende Möglichkeiten erwarten. In der Branchengruppe Maschinenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau halten sich optimistische und pessimistische Einschätzungen in etwa die Waage. In allen anderen Branchen beantworten weniger als die Hälfte der Unternehmen die Frage nach zusätzlichen Absatzchancen mit „Ja“ oder „eher Ja“ (Abbildung).

Fast 71 Prozent der Unternehmen, die neue Absatzchancen sehen, gehen davon aus, dass sie ihren Vorsprung beim Absatz klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen gegenüber der Konkurrenz langfristig mindestens beibehalten, teilweise sogar ausbauen können. Knapp 30 Prozent glauben dies dagegen nicht, obwohl sie zu den Unternehmen gehören, die grundsätzlich neue Absatzmöglichkeiten für klimafreundliche Produkte erwarten. Gut 15 Prozent rechnen nur mit Absatzvorteilen, die vorübergehen, sobald vor allem chinesische Mitbewerber aufgeholt haben werden. In der Branchengruppe Metallerzeugung und -bearbeitung sowie Herstellung von Metallerzeugnissen gibt es sogar mehr Unternehmen, die nur von einem vorübergehenden Vorsprung ausgehen, als solche, die glauben, ihren Vorsprung dauerhaft beibehalten oder sogar ausbauen zu können.

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Die Aussage einer abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit für bestehende Produkte verneint dagegen ein Großteil der Unternehmen in allen Branchen. Allen voran sehen die unternehmensnahen Dienstleister für ihre Produkte auch mit dem Green Deal, den die Europäische Kommission jüngst mit ihrem „Fit-for-55“-Maßnahmenpaket unterlegt hat, unverändert gute Chancen im Wettbewerb. Die höchsten Werte bei möglichen Einbußen in der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte weisen Unternehmen der Branchengruppe Chemie, Pharma, Gummi und Kunststoff auf. Nur rund 15 Prozent dieser Unternehmen beantworten die Frage nach einer abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit klar mit Nein.

Die Frage, ob Kostensteigerungen das eigene Geschäftsmodell gefährden, verneinen rund 60 Prozent aller Unternehmen (nein oder eher nein). Umgekehrt sehen damit rund 40 Prozent eine mögliche Gefährdung (ja oder eher ja), aber nur gut 10 Prozent eine unmittelbare Gefahr (ja). Dieser Anteil liegt in der Branchengruppe Chemie, Pharma, Gummi und Kunststoff sogar bei 27 Prozent und damit höher als in allen anderen hier verglichenen Branchengruppen. Im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt beträgt er knapp 19 Prozent. Von diesen besonders betroffenen Industriefirmen (N = 95) geht gut jede fünfte davon aus, das Geschäftsmodell erfolgreich anpassen zu können (ja oder eher ja). Knapp vier von fünf Firmen sehen diese Möglichkeit jedoch kaum oder nicht (61 Prozent eher nein, 18 Prozent nein). Damit sieht etwa jedes siebte Industrieunternehmen sein Geschäftsmodell ohne klare Anpassungsperspektiven gefährdet. Unter allen Unternehmen mit einem bedrohten Geschäftsmodell (N = 136) hält gut ein Drittel eine erfolgreiche Anpassung für möglich, doch sind mit zwei Dritteln doppelt so viele Firmen eher pessimistisch.

Für etablierte Branchen wie den Maschinenbau ergeben sich vor allem Chancen bei der Ausrüstung mit klimafreundlichen Anlagen. Das globale Umsatzpotenzial bis 2050 wird demnach auf 10 Billionen Euro geschätzt (BCG/VDMA, 2020). Fast die Hälfte der weltweit im Jahr 2018 produzierten Maschinen und Anlagen kamen aus Europa, Deutschland war mit einem Anteil von 16,5 Prozent Weltmarktführer (Fritsch et al., 2021). Im breit gefassten Bereich der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz sind deutsche Anbieter aus etablierten Industriebranchen bislang global gut positioniert. Weltweit besteht ein großer Bedarf an energieeffizienten Maschinen und Anlagen, gerade in Märkten mit besonders hohen deutschen Weltmarktanteilen und komparativen Vorteilen. Hier ist die Ausgangsposition eine andere als bei Gütern zur Gewinnung erneuerbarer Energien, bei denen eine rentable Produktion erst entstehen musste.

Auch wenn die deutsche Positionierung im Bereich von Produkten zur Gewinnung erneuerbarer Energien im Vergleich zu den vormals gehegten Hoffnungen recht ernüchternd ist, haben etablierte Industrien (wie etwa der deutsche Maschinenbau) die Chance, auf bestehenden komparativen Vorteilen aufzusetzen, um an der erwarteten globalen Marktexpansion zu partizipieren. Aber dazu müssen sie Produktionsverfahren teilweise neu aufstellen und sich neue Wettbewerbsvorteile erarbeiten. Sowohl im Maschinenbau als auch in der Automobilindustrie hängt der künftige Erfolg deshalb davon ab, inwiefern das Geschäftsmodell auf klimafreundliche Produkte und Technologien umgestellt werden kann. Ein Beispiel ist die batterieelektrische Mobilität.

Besonders energieintensive Wirtschaftszweige stehen vor der Herausforderung, ihre hohen energie- und prozessbedingten Emissionen zu senken. Dies betrifft vor allem die Grundstoffindustrien wie die Stahl- und Chemiebranche sowie Hersteller von Zement oder Aluminium. Gerade energieintensive Unternehmen müssen aufgrund der Klimaschutzanforderungen erhebliche Transformationsleistungen erbringen, um komparative Vorteile zu erhalten oder neu zu entwickeln.Damit deutsche Standorte dennoch attraktiv bleiben, müssen die politischen Rahmenbedingungen innovations- und investitionsfreundlich ausgestaltet werden.

Wenn die notwendigen Innovationssprünge gelingen, dürften deutsche Unternehmen maßgeblich vom globalen Marktwachstum bei Umwelttechnik und Ressourceneffizienz profitieren oder sich erfolgreich an transformierte Produktionsnotwendigkeiten anpassen können. Allerdings ist zu bedenken, dass dies entsprechende Standortbedingungen in Deutschland voraussetzt. Zudem gelten im globalen Markt für Klimaschutzgüter sehr unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen, denn die klimapolitischen Ambitionsniveaus unterscheiden sich und werden je nach Ansatz der Länder eher mit Subventionen, Bepreisung oder Regulierung umgesetzt. Zahlreiche Länder wollen vom expandierenden Weltmarkt profitieren. Vor allem China nutzt dabei eine stark wettbewerbsverzerrende industriepolitische Förderung.

Vor diesem Hintergrund sind vor allem adäquate und verlässliche Rahmenbedingungen, die Technologieoffenheit sicherstellen, nötig, damit die Unternehmen die notwendigen Innovationen planen und implementieren können. Gerade energieintensive Industrien brauchen staatliche Unterstützung bei der Transformation ihrer Herstellungsprozesse.

Ohne Förderinstrumente sind viele klimafreundliche Produktionsverfahren und Technologien bislang noch nicht wettbewerbsfähig. Entscheidend ist zudem eine steigende Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten. Dazu kann sowohl die derzeit im Aufbau befindliche EU-Taxonomie beitragen, mit der sich der Einsatz emissionsarmer Inputfaktoren darstellen und auf die Klima-Bilanz von Endproduktherstellern anrechnen lässt, als auch die öffentliche Beschaffung, die durch den gezielten Einsatz klimafreundlicher Baustoffe und Verfahren die Nachfrage ankurbeln kann.

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