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Pekka Sagner / Michael Voigtländer Gutachten 10. Juni 2021 Wohneigentumspolitik in Europa

Die Wohneigentumsquote in Deutschland stagniert, obwohl Wohneigentum im letzten Jahrzehnt erheblich an Attraktivität gewonnen hat. Zwar sind die Wohnungspreise beträchtlich gestiegen, aber die Zinsentwicklung hat diese Preisentwicklung vielerorts überkompensiert. Entsprechend sind die Kosten für ein Darlehen, das in 35 Jahren getilgt werden soll, in 50 Städten um durchschnittlich 6 Prozent gesunken.

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Wohneigentumspolitik in Europa
Pekka Sagner / Michael Voigtländer Gutachten 10. Juni 2021

Wohneigentumspolitik in Europa

Gutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Wohneigentumsquote in Deutschland stagniert, obwohl Wohneigentum im letzten Jahrzehnt erheblich an Attraktivität gewonnen hat. Zwar sind die Wohnungspreise beträchtlich gestiegen, aber die Zinsentwicklung hat diese Preisentwicklung vielerorts überkompensiert. Entsprechend sind die Kosten für ein Darlehen, das in 35 Jahren getilgt werden soll, in 50 Städten um durchschnittlich 6 Prozent gesunken.

Darüber hinaus kann durch Wohneigentum die Altersvorsorge gestärkt, die Vermögensverteilung gleichmäßiger und Gentrifizierung verhindert werden. Dennoch stagniert die Wohneigentumsbildung in Deutschland, gerade auch bei jüngeren Haushalten. Ihnen fehlt schlicht das notwendige Eigenkapital, um Erwerbsnebenkosten bedienen zu können und um sich für einen Immobilienkredit zu qualifizieren. In diesem Gutachten wurde geprüft, wie sieben andere Länder den Zugang zu Wohneigentum gestalten. Neben der Haltung zu Wohneigentum wurde insbesondere analysiert, wie die Grunderwerbsteuer gestaltet ist, wie das selbstgenutzte Wohneigentum steuerlich behandelt wird und welche weiteren Unterstützungen es bei der Finanzierung gibt.

Bei der Gestaltung der Grunderwerbsteuer zeigt sich, dass die betrachteten Länder zwei Wege beschreiten. Ein Teil der Länder, vor allem die skandinavischen Länder, Irland und die Niederlande, haben sehr niedrige Grunderwerbsteuersätze, die die Haushalte nur wenig belasten. Andere Länder, wie Großbritannien, Belgien oder Frankreich, haben zwar insgesamt etwas höhere Sätze, differenzieren aber stärker und unterstützen so vor allem Haushalte, die erstmals oder günstige Immobilien kaufen. Dies wird ermöglicht durch Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer oder einen Stufentarif wie in Großbritannien. Gerade ein solcher Stufentarif wäre auch für Deutschland ein Reformmodell. Grundsätzlich sind zwar niedrige Steuersätze aus Effizienzgründen zu bevorzugen, aber dies ist aufgrund der Sonderstellung der Grunderwerbsteuer im Finanzausgleich kaum möglich. Sofern bei der Grunderwerbsteuer ein Freibetrag und ein Stufentarif gelten, werden Haushalte, die kleine und günstige Wohnungen kaufen, besonders stark entlastet. Für vermietete Objekte sollte dann wie bisher ein Pauschalsteuersatz gelten. Eine Bevorzugung von Haushalten, die im Eigentum leben, leitet sich auch aus der steuerlichen Behandlung des selbstgenutzten Wohneigentums ab. In Deutschland wird selbstgenutztes Wohneigentum wie ein Konsumgut behandelt, vermietetes Wohneigentum dagegen wie ein Investitionsgut. Dies ist für viele selbstnutzende Haushalte ein Nachteil. In den Niederlanden, Schweden und Dänemark können Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer dagegen ihre Zinskosten weitestgehend steuerlich geltend machen, die gesparte Miete wird dagegen kaum besteuert. Deutschland sollte diesem Ansatz nicht folgen, aber zumindest wie andere Länder den Haushalten im Eigentum dafür einen Ausgleich gewähren, um eine Benachteiligung gegenüber Anlegerinnen and Anlegern zu vermeiden.

Auch bei der Finanzierung unterstützen die betrachteten Länder die Haushalte in verschiedenster Weise, etwa über vergünstigte Kredite oder aber auch Kreditversicherungen. Gerade Kreditversicherungen, wie sie in Frankreich, Belgien und den Niederlanden üblich sind, wären auch für Deutschland attraktiv. Schließlich hat eine solche Versicherung zwei wesentliche Vorteile. Zum einen schafft sie Planungssicherheit für Haushalte, da auch im Fall von Arbeitslosigkeit oder Scheidung die Raten weiterbezahlt werden können. Zum anderen können Banken aufgrund der höheren Sicherheit auf Eigenkapital verzichten. Finanziert wird eine solche Versicherung beispielsweise in den Niederlanden durch einen Einmalbetrag bei Versicherungsbeginn. Üblich ist in allen Ländern, dass die Preis-Einkommensrelation sowie wie die Stabilität des Einkommens der Haushalte geprüft werden, bevor die Versicherung abgeschlossen werden kann. Das Beispiel Frankreich verdeutlicht darüber hinaus, dass auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein eigenes System aufbauen können, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Erwerb von Wohneigentum zu unterstützen.

Schließlich zeigt sich aber auch in allen betrachteten Ländern, dass es eine gänzlich andere Haltung zu Wohneigentum gibt. Wohneigentum spielt nicht nur für die individuelle Vermögensbildung eine wichtige Rolle, sondern trägt dazu bei, Altersarmut zu vermeiden und die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft zu stärken, da ein größerer Teil der Bevölkerung an Wertsteigerungen partizipiert. Wohneigentum wird somit auch als Inbegriff sozialen Aufstiegs verstanden. Daher sollte auch in der deutschen Politik Wohneigentum als Aufstiegsversprechen stärker in den Fokus genommen werden.

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Pekka Sagner / Michael Voigtländer Gutachten 10. Juni 2021

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Gutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

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