In Deutschland bestehen große regionale Preisunterschiede. Ein für den privaten Verbrauch repräsentativer Warenkorb kostet in München fast ein Viertel mehr als im Bundesdurchschnitt. Bis zu 10 Prozent unter dem Durchschnitt liegen dagegen die Lebenshaltungskosten in manchen ländlichen Kreisen.
Regionale Preisniveaus: Wo es sich am günstigsten und wo am teuersten lebt
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
In Deutschland bestehen große regionale Preisunterschiede. Ein für den privaten Verbrauch repräsentativer Warenkorb kostet in München fast ein Viertel mehr als im Bundesdurchschnitt. Bis zu 10 Prozent unter dem Durchschnitt liegen dagegen die Lebenshaltungskosten in manchen ländlichen Kreisen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beobachtet zusammen mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumplanung (BBSR) die regionalen Preisunterschiede aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte.
Teure Städte
Im Jahr 2023 erwies sich, wie schon 2022, München als der mit Abstand teuerste Standort. Dort muss für ein einheitliches Güterbündel, das insgesamt den privaten Verbrauch repräsentativ abdeckt, gut 24 Prozent mehr ausgegeben werden als im Bundesdurchschnitt. Wer wegen der hohen Preise aus der Stadt ins Münchner Umland ziehen möchte, um preisgünstiger zu leben, wird indes keinen großen Kaufkraftanstieg erzielen. Denn die hohen Münchner Preise strahlen ins Umland aus. So ist der Landkreis München mit einem Preisindex von 117 – also 17 Prozent teurer als der bundesweite Durchschnitt – die zweitteuerste Region Deutschlands. Auch andere Landkreise im Münchner Umland wie Starnberg – der Kreis mit dem mit Abstand höchsten Pro-Kopf-Einkommen – und Fürstenfeldbruck befinden sich unter den Top-Ten der teuersten Standorte.
Besonders teuer ist das Leben aber auch in den anderen sogenannten Top-7-Städten und in manchen auch touristisch attraktiven Universitätsstädten. So liegen Frankfurt, Stuttgart und Hamburg auf den Plätzen drei, acht und neun. Freiburg und Heidelberg sind ebenfalls unter den Top-Ten der teuersten Standorte zu finden. Dort liegt das Preisniveau zwischen 10 und 15 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Knapp dahinter folgt auf dem zwölften Rang Mainz. Köln, Bonn und Düsseldorf liegen als teuerste Orte Nordrhein-Westfalens nicht nur geografisch, sondern auch preislich eng zusammen. Das Leben ist dort zwischen 8 Prozent (Bonn und Düsseldorf) und 9 Prozent (Köln) teurer als im Bundesdurchschnitt, woraus sich Platzierungen in den Top 20 ergeben. Für eine Millionen-Metropole relativ preisgünstig lebt es sich in Berlin. Hier sind die Preise nur gut 6 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Damit liegt Berlin lediglich auf Platz 29 der teuersten Kreise.
Günstiges Land
Am billigsten lebt es sich dagegen fernab der Großstädte, was auch daran liegt, dass nicht nur in München, sondern auch in den anderen Metropolen das hohe Preisniveau ins Umland ausstrahlt. Die drei günstigsten Regionen – Greiz, Görlitz und der Vogtlandkreis – liegen in Sachsen und Thüringen, also in den ostdeutschen Bundesländern, und sind knapp 10 Prozent günstiger als der Bundesdurchschnitt. Kaum teurer sind aber auch einige Regionen in Westdeutschland wie beispielsweise die Landkreise Wunsiedel und Hof in Bayern, Pirmasens in Rheinland-Pfalz, sowie die Landkreise Lüchow-Dannenberg und Holzminden in Niedersachsen.
Das regionale Preisniveau im Jahr 2023
Die Preisunterschiede zwischen Stadt und Land zeigen sich auch deutlich, wenn man die Landkreise und kreisfreien Städte nach ihrem Raumtyp eingruppiert. Mit Abstand am teuersten sind die sieben größten Städte Deutschlands, die als Gruppe betrachtet um gut 11 Prozent höhere Lebenshaltungskosten haben als Deutschland insgesamt. Die übrigen kreisfeien Großstädte und die städtischen Landkreise unterscheiden sich im Mittel preislich kaum voneinander und liegen in etwa auf Durchschnittsniveau. In den ländlichen Kreisen mit Verdichtungsansätzen lebt es sich 3,5 Prozent günstiger als im gesamtdeutschen Mittel und die dünn besiedelten ländlichen Kreise haben sogar einen Preisvorteil von knapp 5 Prozent.
Ostdeutschland mit Preisvorteil
Daher überrascht es auch nicht, dass es sich im weniger stark besiedelten Ostdeutschland günstiger lebt als im Westen. Insgesamt macht der Preisvorteil der ostdeutschen Länder gegenüber Westdeutschland 4 Prozent und gegenüber dem Bundesdurchschnitt gut 3 Prozent aus, wenn man Berlin den ostdeutschen Ländern zuordnet. In den ostdeutschen Flächenländern ist das Preisniveau dagegen um 5,5 Prozent günstiger als im Bundesdurchschnitt. Die Preisdifferenzen zwischen Ost und West erklären sich gleichwohl nicht allein aus der Bevölkerungsdichte. Denn auch in den ostdeutschen Großstädten sind die Preise vergleichsweise günstig. Teuerste ostdeutsche Großstadt ist mit weitem Abstand Potsdam, wo die Preise um 7,5 Prozent höher liegen als im Bundesdurchschnitt. Hier wirkt sich das nahe Berlin als großes Einzugsgebiet, die attraktive Innenstadt und das Umland mit einem hohen Freizeitwert anziehend und preistreibend aus. Damit liegt das Preisniveau in Potsdam sogar etwas höher als in Berlin (Index 106,4). Deutlich überdurchschnittlich ist das Preisniveau ostdeutscher Großstädte sonst nur noch in Jena (Index 103,1). Rostock und Dresden haben ein durchschnittliches Preisniveau, während es sich in allen anderen ostdeutschen Großstädten, darunter auch Erfurt und die Messestadt Leipzig, günstiger lebt als im Durchschnitt.
Vor allem Wohnkosten entscheidend
In attraktiven Regionen, die viele Zuzüge aufweisen, sind in der Regel auch die Wohnungen knapp und teuer. Und gerade die Unterschiede bei den Wohnkosten dominieren die regionalen Preisunterschiede insgesamt. So sind die Wohnkosten je Quadratmeter in München fast 81 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Im angrenzenden Landkreis München, den zweitteuersten Wohnstandort, zahlt man für Miete und Nebenkosten 56 Prozent mehr als bundesweit. Besonders niedrig sind die Wohnkosten in den drei auch insgesamt günstigsten Landkreisen. Dort beträgt der Preisvorteil beim Wohnen gegenüber dem Bundesdurchschnitt jeweils mehr als 30 Prozent.
Weit geringer sind die Preisunterschiede dagegen bei den sonstigen Lebenshaltungskosten, das heißt bei den Positionen ohne die Wohnkosten. Zwar variieren die Preise auch bei manch anderer Gütergruppe deutlich, fasst man alle Kostenpositionen außerhalb der Wohnkosten zusammen, beträgt die Spanne zwischen dem günstigsten und dem teuersten Standort jedoch weniger als 4 Prozent. Hier macht sich bemerkbar, dass es insbesondere bei vielen Waren kaum Preisunterschiede gibt. So differenzieren Möbel- und Bekleidungsketten ihre Preise nicht regional. Bei den Lebensmitteln haben die Supermärkte zwar kleinere Preisunterschiede. In diesem Segment ist aber der Marktanteil der Discounter, deren Preise regional nicht variieren, hoch.
Im Vergleich zum Vorjahr (Goecke et al., 2023) haben sich die Preisunterschiede zwischen Stadt und Land strukturell kaum verändert. Die hohe Inflation im Jahr 2023 – 5,9 Prozent im Jahresdurchschnitt – war damit flächendeckend in gleicher Weise zu spüren.
Die Berechnung des regionalen Preisindex
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat zusammen mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), gefördert durch ein Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), einen regionalen Preisindex entwickelt (Goecke et al., 2023). Für alle 400 deutschen Kreise und kreisfreien Städte wird ein Preisindex ausgewiesen, der für den Bundesdurchschnitt auf 100 normiert ist.
Das Besondere an dem Preisvergleich der beiden Institute ist, dass die Daten von diversen frei zugänglichen Internetseiten automatisiert erfasst, ausgelesen und weiterverarbeitet werden. Dafür haben die Big-Data-Spezialisten des IW unter anderem diverse Scraper programmiert, um die Daten von Geschäftsketten wie beispielsweise rewe.de und von Portalen wie check24 zu erfassen. So können Millionen Einzeldaten erhoben werden und die Wiederholbarkeit ist deutlich vereinfacht. Der vorliegende Kurzbericht beschreibt somit bereits die Ergebnisse der zweiten Welle des regionalen Preisvergleichs. Für die Wohnkosten haben die Forscher die Angebotsmieten aller verfügbaren Jahre erhoben und mithilfe eines Modells auf Bestandsmieten umgerechnet.
Um die deutsche Konsumstruktur repräsentativ abzubilden, nutzt das Instituts-Duo den Warenkorb des Statistischen Bundesamtes zur Erfassung der Inflationsrate mit den dort angegebenen Wägungsanteilen. Hiervon können Güter mit einem Gesamtgewicht von knapp 86 Prozent erfasst werden. Ein Zeitvergleich ist mit der nächsten Welle geplant. Dann sind die sehr kleinräumigen Bevölkerungszahlen der letzten Volkszählung verfügbar und die neueste Ausgabe des nur alle vier Jahre erhobenen Wohnungsmoduls des Mikrozensus kann eingearbeitet werden.
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