Die deutsche Rentenversicherung steht durch den demografischen Wandel unter enormem Reformdruck. Trotz großer Besorgtheit findet keine Reform der im Versicherungssystem angelegten Stellschrauben eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung.
Reform der Rentenversicherung in Deutschland: Eine Empirie zu Reformaversionen
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die deutsche Rentenversicherung steht durch den demografischen Wandel unter enormem Reformdruck. Trotz großer Besorgtheit findet keine Reform der im Versicherungssystem angelegten Stellschrauben eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung.
In einem Vignettenexperiment im Rahmen der IW-Personenbefragung 2023 werden Beitragssatz, Sicherungsniveau und Regelaltersgrenze zueinander in Beziehung gesetzt und die möglichen Reformanpassungen simuliert. Auch das explizite Aufzeigen von Reformoptionen verhindert die bestehenden Reformaversionen nicht. Bei der direkten Gegenüberstellung der Reformoptionen erfährt eine Erhöhung des Beitragssatzes die geringste Ablehnung. Rentenkürzungen werden als am schmerzhaftesten eingeordnet. Im direkten Vergleich wird ein späterer Renteneintritt um ein Jahr ähnlich negativ bewertet, wie eine Erhöhung des Beitragssatzes um rund 3 Prozentpunkte oder eine Absenkung der Rente um etwa 4 Prozent. Die geringste Reformbereitschaft besteht bei den Personen, die eine Reform am wenigsten treffen würde: bei den über 50-Jährigen. In der Bevölkerungsgruppe der unter 50-Jährigen werden alle Reformoptionen deutlich weniger stark abgelehnt. Dass der sichtbare Druck auf das Rentensystem gerade jüngeren Menschen Flexibilität abtrotzt, sollte Ausgangspunkt des Werbens für eine Reform sein. Tatenlosigkeit würde ein stärkeres Engagement in der betrieblichen und privaten Altersvorsorge erfordern oder bei gleichzeitiger Zusicherung eines konstanten Rentenniveaus zu einer immensen Belastung des Staatshaushalts führen. Das weitere Herauszögern einer Reform, birgt die Gefahr, die Anspruchshaltung der Bevölkerung an ein konstantes Rentenniveau ohne eigene Gegenleistung zu verfestigen, Spielräume einzuengen und den Rentendiskurs zu verhärten.
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