Seit dem Ausbruch der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 befindet sich die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) im Krisenmodus. Die Übersetzung der wachsenden Geldmenge auf eine höhere Inflation beziehungsweise Inflationserwartung gestaltet sich schwierig.

Geldmenge und Inflation in Europa: Ist der Zusammenhang verloren?
IW policy paper
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Seit dem Ausbruch der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 befindet sich die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) im Krisenmodus. Die Übersetzung der wachsenden Geldmenge auf eine höhere Inflation beziehungsweise Inflationserwartung gestaltet sich schwierig.
Den aktuell niedrigen Inflationsraten und Inflationserwartungen versuchen die Zentralbanker unter anderem mit einer Geldpolitik extremer quantitativer Lockerung habhaft zu werden. Die Bilanzausweitung des Eurosystems ging hierbei problemlos von statten, und auch die Erhöhung der Geldmenge gelang der EZB zuletzt wieder. Allerdings gestaltet sich die Übersetzung der wachsenden Geldmenge auf eine höhere Inflation beziehungsweise Inflationserwartung als weitaus schwieriger.
Ergebnisse der empirischen Betrachtung
- Für die heterogene Ländergruppe der Eurozone bleibt die Formulierung einer passenden Geldpolitik eine Herausforderung.
- Von drei geldpolitischen Politikinstrumenten ist die Geldmengensteuerung aktuell das letzlich verbliebene Mittel.
- Die Geldmengenentwicklung ist aktuell von der Inflationsentwicklung entkoppelt. Am aktuellen Rand besteht in den verschiedenen Euro-Ländern ein Strukturbruch.
- Das EZB-Anleihekaufprogramm sowie die damit einhergehende Verschiebung von langfristigen hin zu kurzfristigen Aktiva in den Bankbilanzen ist eine Teilursache dieser Entwicklung.
- Im aktuellen Regime extrem niedrigerer Zinsen besteht für einzelne Länder ein starker Zusammenhang zwischen den Verbindlichkeiten und der Kreditvergabe der Geschäftsbanken und der Inflation.
- Zwei Probleme behindern eine einheitlich wirksame Geldpolitik in der Eurozone: die realwirtschaftliche Divergenz sowie die unterschiedliche Funktionsweise der Finanzintermediation in den verschiedenen Ländern.
Empfehlungen
- Schwerpunkt der Geldpolitik muss die Erhöhung der privaten Nachfrage durch eine stärkere Kreditvergabe für die Erreichung des Inflationsziels sein.
- Nachfrageseitig ist eine Verringerung der allgemeinen und politischen Unsicherheit, angebotsseitig eine kritische Reflektion regulatorischer Vorgaben notwendig.
- Damit die Geldpolitik in allen Euro-Ländern wieder wirkungsvoller werden kann, müssen die Banken ihrer eigentlichen Rolle gerecht werden können. Die Bereinigung der Bankbilanzen und die Auflösung notleidender Kredite sind bitter notwendig.
- Empfehlungen 2 und 3 können nicht geldpolitisch gelöst werden. Gefordert sind die Regierungen der jeweiligen Mitgliedsstaaten. Diese müssen die Beschäftigungsintensität des Wachstums erhöhen und die regulatorische als auch aufsichtsrechtliche Bilanzbereinigung der Banken forcieren.

Matthias Diermeier / Henry Goecke: Geldmenge und Inflation in Europa – Ist der Zusammenhang verloren?
IW policy paper
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Matthias Diermeier / Henry Goecke: Money supply and inflation in Europe – Is there still a connection?
IW policy paper

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