Es hätte alles so schön werden können: Mehr Fortschritt zu wagen, hatte man sich vorgenommen; Aufbruch, Harmonie und Einigkeit – und keine Nachtsitzungen mehr, um Koalitionsstreitigkeiten zu bereinige
Transformationspolitik – eine Halbzeitbilanz der Ampel-Koalition
in: Knut Bergmann / Matthias Diermeier (Hg.), Transformationspolitik
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Es hätte alles so schön werden können: Mehr Fortschritt zu wagen, hatte man sich vorgenommen; Aufbruch, Harmonie und Einigkeit – und keine Nachtsitzungen mehr, um Koalitionsstreitigkeiten zu bereinige
Nachdem sich letzteres bald nicht mehr vermeiden ließ, avancierte Krisenmodus zum Wort des Jahres 2023. Außen- wie innenpolitisch traten Herausforderungen auf, mit denen niemand rechnen konnte oder vielleicht auch wollte – wobei viel Wunschdenken dabei gewesen ist. Was sicherheitspolitisch der Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 bedeutete, war mindestens finanz-, wenn nicht gar innenpolitisch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November 2023 zur Nichtigkeit des zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021, mit dem die Umwidmung einer nicht benötigten Kreditermächtigung aus Zeiten der Corona-Pandemie in Höhe von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig erklärt wurde.
Für die Einleitung in diesen Band hat dies Vor- und Nachteile: Erstere liegen darin, dass man nur die Kommentare abschreiben müsste, um den Zustand der Koalition zu bebildern: Wegfall der Geschäftsgrundlage, das Ende nahe oder Koalitionäre als aufeinander zurasende Züge. Schon einige Zeit vor dem KTF-Urteil war in den Medien von einer blockierten Regierung, der nicht zur Ruhe kommenden Koalition oder gar einem Ampel-Märchen zu lesen. Andererseits sind die Folgen des Bundesverfassungsgerichtsurteils trotz der Einigung der Koalition vom 13. Dezember 2023, wie mit den Haushaltslöchern umgegangen werden soll, nicht bis zum Ende der Legislatur absehbar. Zu viele, auch strategische, Unwägbarkeiten, zu viele potenzielle Streitpunkte und damit in Summe zu viele potenzielle Ausstiegspunkte liegen auf dem 12 Transformationspolitik Weg bis zum regulären Bundestagswahltermin im Herbst 2025. Als markante Wegmarken seien neben den alljährlichen Haushaltsberatungen genannt die Europawahl im Juni 2024 und vor allem die drei Landtagswahlen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. In Umfragen liegt die AfD seit langem stabil auf Platz Eins, und auch die Europawahl in ihrer Eigenschaft als second-order-election – oder auch Nebenwahl (Reif/Schmitt 1980) – droht zu einem Freudenfest des deutschen wie europäischen Rechtspopulismus zu werden.
Transformationspolitik – eine Halbzeitbilanz der Ampel-Koalition
in: Knut Bergmann / Matthias Diermeier (Hg.), Transformationspolitik
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Wahrnehmung von politischem Engagement von Unternehmen
Obwohl gerade einmal ein Viertel der Bevölkerung es als Aufgabe von Unternehmen sieht, sich aktiv politisch zu beteiligen, wünschen sich mit 43,2 Prozent deutlich mehr Menschen ein Engagement ihres Arbeitgebers gegen die AfD.
IW
Zumutungsaversion als das neue Normal?
Schon der Titel des Koalitionsvertrages „Mehr Fortschritt wagen” machte Ambition und Aufgabe der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP deutlich: Transformationspolitik als täglich Brot.
IW