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Jan Büchel / Armin Mertens IW-Kurzbericht Nr. 32 13. Mai 2023 Wofür Unternehmen ChatGPT einsetzen

ChatGPT ist derzeit sehr populär. Die KI kann in Sekundenschnelle eingegebene Fragen beantworten, ganze Texte zusammenfassen oder Programmiercodes erstellen. Auf der einen Seite zeichnen sich viele Vorteile für Wirtschaft und Gesellschaft ab, auf der anderen Seite warnen Experten vor Gefahren und fordern Regulierung. Interessant ist deshalb, ob und wofür Unternehmen ChatGPT bereits einsetzen.

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Wofür Unternehmen ChatGPT einsetzen
Jan Büchel / Armin Mertens IW-Kurzbericht Nr. 32 13. Mai 2023

Wofür Unternehmen ChatGPT einsetzen

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

ChatGPT ist derzeit sehr populär. Die KI kann in Sekundenschnelle eingegebene Fragen beantworten, ganze Texte zusammenfassen oder Programmiercodes erstellen. Auf der einen Seite zeichnen sich viele Vorteile für Wirtschaft und Gesellschaft ab, auf der anderen Seite warnen Experten vor Gefahren und fordern Regulierung. Interessant ist deshalb, ob und wofür Unternehmen ChatGPT bereits einsetzen.

Die Einführung von ChatGPT durch das Unternehmen OpenAI im November 2022 hat eine hitzige Debatte über Vorteile, Risiken und Regulierungsbedarf der generativen Künstlichen Intelligenz (KI) entfacht. Mithilfe von generativer KI werden neue Inhalte wie Text oder Bilder erzeugt. ChatGPT findet dabei als Chatbot auf jegliche Fragen präzise Antworten, kann Texte zusammenfassen und erstellen oder Programmiercodes schreiben. Dabei nutzt der Algorithmus riesige Datenmengen an jeglichen im Internet verfügbaren Texten bis einschließlich September 2021 (ChatGPT-4). Er berechnet jeweils Wahrscheinlichkeiten, mit denen Wörter im Internet hintereinander auftreten und wählt, basierend auf der jeweiligen Fragestellung, die Wortreihenfolge mit der höchsten Wahrscheinlichkeit aus. ChatGPT „weiß“ somit nicht die Antwort, sondern generiert die Antwort aus bestehenden Texten im Internet, die am wahrscheinlichsten ist.

Darin liegt auch ein Kernpunkt der Kritik an ChatGPT und dem Bedürfnis zur Regulierung: Es gibt keine Gewährleistung dafür, dass die jeweiligen Antworten korrekt sind. Außerdem entsteht beispielsweise im Bildungsbereich die Sorge, dass aufgrund der jeweils individuellen Antworten von ChatGPT Studierende und Schüler ganze Haus- oder Abschlussarbeiten von ChatGPT erstellen lassen könnten, ohne dass sie über Plagiatsprüfungen auffallen würden.    

Neben Risiken besitzt ChatGPT auch Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Beispielsweise plant Microsoft als einer der größten Investoren von OpenAI, KI zukünftig verstärkt in seine Office-Programme zu integrieren (Microsoft, 2023). Dadurch könnten Ergebnisse einer Besprechung automatisiert zusammengefasst oder vollständige Emails sowie Präsentationen auf Basis von Stichworten erstellt werden. Unternehmen können ChatGPT aber auch außerhalb von bestehenden Anwendungen nutzen, beispielsweise für eigene Recherchen, zur Textgenerierung oder zur Erstellung von Programmiercodes. Einer Bitkom-Umfrage aus dem Frühjahr 2023 zufolge setzt allerdings bislang keines der 603 befragten Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland ChatGPT ein (Bitkom, 2023). Jedoch planen 17 Prozent einen Einsatz von KI-Anwendungen wie ChatGPT zur Textgenerierung und weitere 23 Prozent können sich eine Nutzung vorstellen.

Es lohnt sich daher, aktuelle Stellenanzeigen daraufhin zu analysieren, ob ChatGPT darin auftaucht. Stellenanzeigen gelten als direkter Indikator von Humankapital-investitionen der Unternehmen. Planen diese den Einsatz von ChatGPT, ist es für sie vorteilhaft, Beschäftigte mit entsprechenden Kompetenzen im Unternehmen zu haben.

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Die nachfolgende Analyse basiert auf Daten des Anbieters Textkernel, der Online-Stellenanzeigen aus dem ersten Quartal des Jahres 2023 in Deutschland aus über 60.000 Quellen wie verschiedenen Jobportalen zusammenführt. In diesem Zeitraum schrieben Unternehmen bundesweit insgesamt über 4,2 Millionen Stellenanzeigen aus. Eine Stichwortsuche nach „ChatGPT“ und den dahinterliegenden Sprachmodellen wie „GPT-4“ sowie eine anschließende manuelle Überprüfung der Stellenanzeigen ergibt 146 Treffer (Abbildung).

Demnach erwähnen Unternehmen ChatGPT in Stellenanzeigen bisher nur selten. Allerdings steigt die Nachfrage in den einzelnen Kalenderwochen des ersten Quartals 2023 kontinuierlich an. Zu beachten ist dabei, dass ChatGPT ein sehr spezifischer Begriff ist. Unternehmen könnten ChatGPT-Tätigkeiten zwar von neuen Beschäftigten fordern, dies aber nicht zwingend in Stellenanzeigen schreiben, genauso wenig wie sie einen Umgang mit Suchmaschinen wie Google nennen würden. Daher bilden die 146 Stellenanzeigen eine Art untere Grenze. In diesen Stellenanzeigen liegt ein besonders starker Fokus auf ChatGPT vor. Daraus können erste Trends für den Einsatz von ChatGPT in Unternehmen abgeleitet werden. Konkret zeichnen sich drei Trends ab.

1.    IKT und Forschung als Vorreiter

33 Stellenanzeigen werden von Unternehmen aus dem IKT-Bereich ausgeschrieben. Neue Beschäftigte sollen beispielsweise mithilfe von ChatGPT Programmiercodes generieren. Zudem löst ChatGPT auch weitere Innovationsimpulse in den Unternehmen aus: Zum Beispiel sollen Chatbots entwickelt werden, die vergleichbar zu ChatGPT sind oder darauf basieren. Ein anderes IKT-Unternehmen möchte eine ähnliche Anwendung wie ChatGPT entwickeln, um Rechtstexte automatisiert zu generieren. 31 Stellenanzeigen stammen aus dem Bildungs- und Forschungsbereich. Es sind meist Universitäten oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die zu generativer KI im Kontext von ChatGPT forschen sowie Anwendungskontexte identifizieren möchten. Zudem ist eine Stelle für die Entwicklung von Open GPT-X ausgeschrieben, einer europäischen Antwort auf ChatGPT. 17 weitere Stellenanzeigen stammen von unternehmensnahen Dienstleistern, 13 aus dem Bereich Industrie und Technik und 11 aus dem Handel. Beispielsweise soll das Potenzial von ChatGPT in der Produktion eines Industrieunternehmens evaluiert werden.

Zu beachten ist, dass hierbei jeweils die Branchen der ausschreibenden Unternehmen betrachtet werden. Schaut man sich hingegen die konkreten in den Stellenanzeigen gefragten Berufe an, stechen vor allem die Einsatzbereiche Marketing und Medienkommunikation heraus. Gerade zum Erstellen von Textbeiträgen in Sozialen Medien oder auf Unternehmenswebseiten sollen Beschäftigte ChatGPT einsetzen. Auffällig ist zudem, dass in manchen Stellenanzeigen eine neue Kompetenz – sogenanntes Prompten – verlangt wird. Sie beschreibt die Fähigkeit, effektiv mit ChatGPT zu kommunizieren und die jeweils passenden Suchanfragen stellen zu können. Vereinzelt wurden Stellenanzeigen sogar mit ChatGPT verfasst und enthalten beispielsweise das Kürzel „written by ChatGPT“. Diese Unternehmen suchen zwar keine Fachkräfte mit entsprechenden Skills, verwenden aber offenbar ChatGPT in der Personalrekrutierung.

2.    Generative KI für jedermann

Im Gegensatz zu älteren großen Sprachmodellen, die nur mit hoher technischer Expertise sowie hohen Rechenkapazitäten oder Cloud-Computing-Kosten verwendet werden konnten, ist ChatGPT sofort einsatzbereit und einfach zu bedienen. Dadurch verwundert es nicht, dass Kenntnisse rund um ChatGPT von kleineren und mittleren Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sogar leicht häufiger nachgefragt werden (53 Prozent der Stellenanzeigen) als von großen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten (47 Prozent). Auch Start-ups sind unter den Unternehmen, die ChatGPT bereits einsetzen wollen, häufig vertreten (27 Prozent aller Stellenanzeigen). Denn gerade kleineren Teams mit weniger spezialisiertem Personal verspricht ChatGPT enorme Effizienzgewinne bei der Umsetzung von Projekten. Beispielsweise können mit Hilfe von ChatGPT auf Knopfdruck neue Produktfeatures identifiziert, Preismodelle erstellt, oder ganze Marketingstrategien entwickelt werden.

3.    Vorsichtiges Herantasten der Unternehmen

Trotz aller Vorteile von ChatGPT und dessen wachsender Beliebtheit tasten sich Unternehmen eher vorsichtig an die neue Technologie heran. Denn konkret werden Kompetenzen rund um ChatGPT in Stellenanzeigen bislang nur selten nachgefragt, auch wenn die Nachfrage steigt. Ein weiteres Indiz für den verhaltenen Umgang mit ChatGPT in deutschen Unternehmen wird deutlich beim Blick auf die Art der Arbeitsverhältnisse: Über ein Viertel der ChatGPT-Stellen sind Praktika, während der Anteil bei allen Stellenanzeigen nur bei etwa 4 Prozent liegt. Aus den Volltexten der ChatGPT-Stellen zeichnet sich zudem ab, dass vielen Unternehmen noch nicht klar ist, ob und wie die Technologie eingesetzt werden soll. Praktikumsstellen eignen sich aus Sicht der Unternehmen daher offenbar besonders gut als Test, inwiefern ChatGPT für das eigene Geschäftsmodell vorteilhaft sein kann, da sie nicht kostenintensiv und zeitlich begrenzt sind. Die Zurückhaltung der Unternehmen kann zudem entstehen, wenn sie Rechtsunsicherheit wahrnehmen. Zukünftig soll generative KI im Rahmen des AI-Act der EU reguliert werden (Europäische Kommission, 2023). Darin sollen verschiedene KI-Anwendungen je nach Risiko für Wirtschaft und Gesellschaft in verschiedene Klassen eingeteilt und unterschiedlich stark reguliert werden. In welche Klasse dabei generative KI wie ChatGPT fällt und welche Auswirkung dies für einsetzende Unternehmen hat, ist bislang noch nicht eindeutig geklärt. Dabei wäre schnelle Rechtssicherheit wichtig, damit Unternehmen wissen, wie sie ChatGPT mittel- bis langfristig nutzen können. Allerdings sollte der Rechtsrahmen so ausgestaltet sein, dass die Potenziale von ChatGPT für Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin nutzbar bleiben.   

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