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Jürgen Matthes / Hubertus Bardt IW-Kurzbericht Nr. 76 10. Dezember 2018 Auswirkungen des Brexits aus Sicht deutscher Unternehmen bisher begrenzt

Der Brexit führt im Vereinigten Königreich (UK) schon heute zu verschlechterten Wirtschaftsdaten. Für die deutsche Wirtschaft sind die Auswirkungen aber noch gering. Nur eines von 15 Unternehmen spürt negative Konsequenzen für Beschäftigung und Produktion. Selbst bei den Unternehmen, die auf die britischen Inseln exportieren, nennen nur knapp 29 Prozent verringerte Exporte. Das heißt jedoch nicht, dass der Brexit ohne Folgen für Deutschland wäre. Der Ausgang der Verhandlungen ist für die Zukunft der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem UK von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

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Auswirkungen des Brexits aus Sicht deutscher Unternehmen bisher begrenzt
Jürgen Matthes / Hubertus Bardt IW-Kurzbericht Nr. 76 10. Dezember 2018

Auswirkungen des Brexits aus Sicht deutscher Unternehmen bisher begrenzt

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Brexit führt im Vereinigten Königreich (UK) schon heute zu verschlechterten Wirtschaftsdaten. Für die deutsche Wirtschaft sind die Auswirkungen aber noch gering. Nur eines von 15 Unternehmen spürt negative Konsequenzen für Beschäftigung und Produktion. Selbst bei den Unternehmen, die auf die britischen Inseln exportieren, nennen nur knapp 29 Prozent verringerte Exporte. Das heißt jedoch nicht, dass der Brexit ohne Folgen für Deutschland wäre. Der Ausgang der Verhandlungen ist für die Zukunft der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem UK von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Die Brexit-Verhandlungen sind in der entscheidenden Phase. Eine Einigung auf ein gutes Abkommen ist zwar möglich (Matthes, 2018a). Doch auch ein No-Deal-Szenario mit einem harten Brexit ist weiterhin nicht auszuschließen (Bardt/Matthes, 2018) – mit den entsprechend negativen Rückwirkungen für beide Seiten (Busch/Matthes, 2016; Matthes et al., 2017; Hüther et al., 2018). Auch wenn die rechtlichen Folgen des Brexits erst 2019 oder nach einer Übergangszeit wirksam werden, sind wirtschaftliche Konsequenzen schon heute zu spüren. Eine aktuelle Umfrage des IW-Zukunftspanels zeigt, wie stark deutsche Unternehmen bereits die Konsequenzen der Austritts-Entscheidung des UK spüren.

Die bisherigen negativen Brexit-Effekte speisen sich aus verschiedenen Quellen:

  • So hat das britische Pfund gegenüber dem Euro merklich abgewertet. Die Abwertung hat die deutschen Warenexporte vor allem im zweiten Halbjahr 2016 nach dem Brexit-Referendum deutlich reduziert (Kolev et al., 2016; Matthes, 2018b).
  • Zudem hat sich die Dynamik der Nachfrage nach deutschen Gütern im UK gemindert, weil das Wirtschaftswachstum dort zurückgegangen ist (Matthes, 2017). Das liegt vor allem an dem abwertungsbedingten Anstieg der Inflation, der Realeinkommen und Konsumdynamik verringert hat (Matthes, 2018c) sowie an einer zunehmenden Investitionszurückhaltung aus dem In- und Ausland im UK (Matthes, 2018d), die viel mit der hohen Unsicherheit über die weitere Entwicklung zu tun hat.

Um die konkrete Wirkung der Brexit-Aussichten auf Unternehmen in Deutschland zu vermessen, wurden im September und Oktober 2018 im Rahmen des IW-Zukunftspanels rund 1.100 deutsche Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen befragt. Das Ergebnis der IW-Umfrage zeigt, dass der überwiegende Teil der deutschen Unternehmen sich bisher nicht oder nur geringfügig von dem anstehenden Brexit betroffen sieht. Dagegen melden die im UK aktiven deutschen Firmen durchaus deutlich negative Effekte auf ihre Investitionen dort.

Die umsatzgewichteten Zahlen zeigen für Deutschland (Abbildung): Unter allen befragten Unternehmen sehen rund 88 Prozent keine Auswirkungen auf ihre Beschäftigung und Produktion. Stark negative Auswirkungen sieht so gut wie kein Unternehmen und leicht negative Effekte bemerken nur rund 6 Prozent. Bei einer weiteren Unterteilung der Unternehmen zeigen sich keine großen Unterschiede. So ist der Anteil der Firmen, die keine Auswirkungen auf ihre Beschäftigung und Produktion melden, durchweg sehr hoch. Das gilt gleichermaßen für Großunternehmen ab 250 Mitarbeitern (82 Prozent), Industrieunternehmen (90 Prozent), Firmen mit UK-Export (92 Prozent) und Firmen mit UK-Produktion (84 Prozent).

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Auch für Unternehmen, die direkt in das UK exportieren, sind die bisher spürbaren Auswirkungen überschaubar. Fast 2 von 3 der Unternehmen (66 Prozent) mit UK-Export geben an, bislang keine Auswirkungen des Brexits auf ihre Exporte gespürt zu haben. Knapp ein Viertel (24 Prozent) sieht zwar eher negative Effekte auf die eigenen Ausfuhren, aber nur rund 5 Prozent der Firmen mit UK-Export melden stark negative Auswirkungen. 4 Prozent sehen sogar positive Wirkungen für den eigenen Export. Das Resultat zeigt, dass auch die exponierten deutschen Unternehmen trotz der deutlichen Pfundabwertung und der Wachstumsverlangsamung im UK nur in Teilen leicht betroffen sind und die negativen Brexit-Wirkungen sich bislang in engen Grenzen halten.

Dagegen sind die negativen Auswirkungen auf das UK aus Sicht der befragten deutschen Firmen, die im UK produzieren, teilweise durchaus relevant. Zwar sind hier aufgrund der geringen Fallzahlen nur Tendenzaussagen möglich. Es zeigt sich aber, dass gut die Hälfte ihre Investitionen im UK verringert hat. Dabei melden sogar mehr Firmen mit UK-Produktion stark negative als eher negative Effekte. Während weniger neu investiert wird, bleiben die Auswirkungen auf bestehende Teile der Wertschöpfungskette und der UK-Kapazitäten eng begrenzt.

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