Die von US-Präsident Trump angekündigten Strafzölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China schädigen vor allem die betroffenen Nachbarstaaten der USA. Doch auch Deutschland ist negativ betroffen.

Trump macht ernst: Erste Runde im Zollkonflikt
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die von US-Präsident Trump angekündigten Strafzölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China schädigen vor allem die betroffenen Nachbarstaaten der USA. Doch auch Deutschland ist negativ betroffen.
Im Jahr 2026 dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung um rund 0,4 Prozent niedriger ausfallen als ohne die neuen Zölle. Über die Jahre 2025 und 2026 beliefen sich die Kosten auf insgesamt rund 25 Milliarden Euro.
Trump zielt auf engste Handelspartner
Donald Trump macht seine Drohungen wahr und kündigt ab dem 4. Februar zusätzliche Zölle von 25 Prozent auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada (außer 10 Prozent auf kanadische Energie) und von 10 Prozent für Einfuhren aus China an. Auch wenn die Zölle auf mexikanische und kanadische Güter zunächst für Verhandlungen einen Monat ausgesetzt werden, drohen Mexiko und Kanada mit Gegenmaßnahmen, auf die Donald Trump mit einer weiteren Eskalation reagieren dürfte. China ergreift Gegenmaßnahmen und erwägt eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO). Trumps Strafzölle erscheinen handelsrechtlich fragwürdig. Er nutzt mit seinen Dekreten am US-Kongress vorbei ein rechtliches Schlupfloch, den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA), indem er eine gesundheitliche Notlage ausruft. Offenbar bringen in erster Linie mexikanische Drogenkartelle Fentanyl, das oft mit Vorprodukten aus China hergestellt wird, aus Mexiko und Kanada in die USA, wo der Drogenmissbrauch zu sehr vielen Todesfällen geführt hat. Mit den Strafzöllen will Trump die drei Staaten dazu bringen, das zu ändern.
Der Zollkonflikt wird vor allem Mexiko und Kanada hart treffen. Denn beide Länder sind anders als die USA stark vom Handel abhängig. Zudem sind die USA für sie der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Nach Daten des US-Bureau of Economic Analysis für das Jahr 2023 beläuft sich der gesamte US-Handel mit Mexiko, Kanada und China auf insgesamt nur knapp 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA. Dagegen kann allein der Handel Mexikos mit den USA auf über 44 Prozent des mexikanischen BIP beziffert werden. Für Kanada liegt der entsprechende Wert bei knapp 36 Prozent.
Deutschland indirekt betroffen
Deutschland ist hiervon indirekt betroffen. Zwar mögen deutsche Exporteure vereinzelt von Umlenkungseffekten profitieren, wenn ihre Produkte US-Importe aus Kanada, Mexiko oder China ersetzen, die unter den neuen Zöllen leiden. Doch insgesamt ist vor allem aus drei Gründen mit negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft zu rechnen:
- Erstens werden deutsche Vorprodukte in den drei Ländern weiterverarbeitet und in die USA verkauft. Eine IW-Rechnung mit internationalen Input-Output-Daten für das Jahr 2023 zeigt: Insgesamt hängen rund 12,5 Milliarden Euro der gesamten deutschen Bruttowertschöpfung (BWS) (0,33 Prozent) an den Exporten dieser drei Länder in die USA. In Mexiko sind es rund 5,2 Milliarden Euro an deutscher BWS (0,14 Prozent), in Kanada 3,1 Milliarden Euro (0,08 Prozent) und in China 4,2 Milliarden Euro (0,11 Prozent). Besonders betroffene deutsche Branchen sind die Elektroindustrie, die Metallerzeugung und die Chemische Industrie. Die Strafzölle bedrohen aber nur einen Teil dieser Wertschöpfung.
- Zweitens dürfte der Zollkonflikt das Wachstum der betroffenen Länder teils deutlich dämpfen und somit auch ihre Nachfrage nach deutschen Produkten.
- Drittens erhöht der Handelskonflikt die globale wirtschaftspolitische Unsicherheit, was Gift für das Investitionsklima ist und das Geschäft der deutschen Investitionsgüterhersteller beeinträchtigt.
<iframe class="everviz-iframe" src="https://app.everviz.com/embed/i0lK5KkO_/?v=23" title="Chart: Auswirkung auf das preisbereinigte BIP " style="border: 0; width: 100%; height: 500px"></iframe>
Stärker direkt betroffen sind deutsche Firmen, die in Mexiko, Kanada und China produzieren und von dort in die USA exportieren. In Mexiko sind das nach Angaben der AHK Mexiko rund 2.100 deutsche Unternehmen. Wenn es hier Einbußen gibt, geht es in erster Linie um mexikanische Arbeitsplätze. Die deutsche Volkswirtschaft kann auch etwas betroffen sein, falls weniger Vorleistungen aus Deutschland eingekauft oder geringere Gewinne nach Deutschland überwiesen werden.
Simulationsergebnisse
Um die Auswirkung der US-Strafzölle abzuschätzen, wird das Global Economic Model von Oxford Economics genutzt. Das Modell erfasst die Wechselwirkungen in der Weltwirtschaft und somit auch Zweitrundeneffekte auf die Handelspartner der direkt betroffenen Länder. Die Auswirkungen des von den USA angestoßenen Zollkonflikts im Modell sind vielseitig. An erster Stelle leidet der Handel der betroffenen Länder. Die Zölle schmälern die Spezialisierungsvorteile und haben negative Konsequenzen für deren Wirtschaftsleistung (BIP). Zudem steigt die wirtschaftspolitische Unsicherheit, was sich negativ auf das Vertrauen von Verbrauchern und Investoren sowie auf die Aktienkurse auswirkt.
Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen deuten darauf hin, dass Mexiko und Kanada einen gravierenden Wirtschaftseinbruch durch die US-Strafzölle erleiden werden (Abbildung). Selbst ohne Vergeltungsmaßnahmen dürfte das preisbereinigte BIP in Kanada im Jahr 2026 um 1,9 Prozent unter dem Niveau liegen, das ohne die neuen Zölle zu erwarten wäre. In Mexiko beläuft sich der Effekt aufgrund der höheren Abhängigkeit Mexikos von der US-Wirtschaft sogar auf –2,7 Prozent. Die USA selbst müssen mit –0,6 Prozent im Jahr 2026 rechnen, während China in diesem Szenario ein um 0,5 Prozent geringeres BIP verzeichnen dürfte.
Der Rest der Welt wird die Auswirkung des eskalierenden Zollkonflikts ebenfalls deutlich zu spüren bekommen. Für die EU bedeuten die neuen Maßnahmen ein um 0,3 Prozent geringeres BIP-Niveau im Jahr 2026, für die Welt als Ganzes beläuft sich der Effekt auf –0,4 Prozent. Auch die deutsche Wirtschaft muss aufgrund ihrer Handelsoffenheit mit einem um 0,4 Prozent geringeren BIP im Jahr 2026 rechnen, was die schwachen Wachstumsaussichten hierzulande weiter beeinträchtigen wird. Insgesamt summieren sich die Kosten der neuen US-Strafzölle für die deutsche Wirtschaft für die Jahre 2025 und 2026 auf etwa 25 Milliarden Euro.
Sollten die betroffenen Länder Vergeltung üben, wären die Schäden deutlich höher. Würden die drei Länder ihre Zölle auf die Importe aus den USA um den gleichen Prozentsatz steigern, so fiele das BIP der USA im Jahr 2026 um 1,5 Prozent geringer aus. Kanada müsste mit einem Minus von –3,5 Prozent rechnen. Bei Mexiko beliefe sich der Effekt auf –3,9 Prozent, bei China auf –0,8 Prozent. Für die deutsche Wirtschaft hieße das ein um 0,8 Prozent geringeres BIP. Dass die drei Länder mit so umfangreichen Maßnahmen reagieren, ist unwahrscheinlich, da sie sich aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von den USA vor allem selbst schaden würden. Die bereits veröffentlichten Listen mit Produkten, für die Kanada Vergeltungszölle plant, umfassen nur einen Bruchteil der kanadischen Importe aus den USA.
Diese Schätzungen sind mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren, da bilaterale Handelsverflechtungen im verwendeten makroökonometrischen Modell nicht direkt erfasst werden. Daher ist ein Vergleich mit anderen Studien sinnvoll, der allerdings dadurch erschwert wird, dass unterschiedliche Modelle und Annahmen verwendet werden. So kommt das IfW Kiel (2025) für ein Szenario von 25 Prozent US-Zollerhöhung (ohne Vergeltung) auf Importe aus Mexiko und Kanada (inklusive Öl) auf einen Rückgang des realen BIP in Mexiko von 4,1 Prozent und in Kanada von 2,9 Prozent in der kurzen Frist. Die USA wären nur leicht mit –0,2 Prozent betroffen. McKibbin und Noland (2025) schätzen in einem Szenario mit 25 Prozent US-Zollerhöhung auf Importe aus Mexiko und Kanada (ohne Vergeltung) und 10 Prozent auf Importe aus China (mit Vergeltung) einen Rückgang des realen BIP im Jahr 2026 in Kanada von rund 1 Prozent und in Mexiko von 0,7 Prozent. China und die USA wären mit –0,2 Prozent und –0,3 Prozent leichter betroffen. Für Mexiko und Kanada liegen die IW-Ergebnisse (ohne Vergeltung) demnach zwischen den Ergebnissen der anderen beiden Studien, für China und die USA leicht darüber. Der Effekt für Deutschland wird in keiner der anderen Studien simuliert. Sollte Trump zudem mit generellen US-Importzöllen einen transatlantischen Handelskrieg mit der EU anstoßen, dürften die Kosten für Deutschland und die EU noch deutlich höher ausfallen (Obst et al., 2024).
Ausblick
Ist der US-Zollkonflikt in Nordamerika und mit China nur vorübergehend? Wenn Trump die Zölle tatsächlich nur als Hebel nutzt, um das Drogenproblem zu lösen, kann dieser Streit möglicherweise bald wieder enden, falls Mexiko, China und Kanada entschieden agieren. Doch sollte der US-Präsident das Drogenproblem nur als Vorwand nutzen, um als Teil seiner wirtschaftlichen Strategie im Handstreich Zölle zu erheben, könnte das nur der Auftakt sein für einen globalen Handelskonflikt, wie ihn die Welt seit den 1930er Jahren nicht erlebt hat.

Trump macht ernst: Erste Runde im Zollkonflikt
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Zölle: „Trump wiederholt beharrlich, was er schon vor vier Jahren versucht hat“
Was bedeuten Trumps neue Zölle für die US-Wirtschaft – und was für den globalen Handel? Im Handelsblatt-Podcast „Economic Challenges“ diskutieren IW-Direktor Michael Hüther und HRI-Präsident Bert Rürup die Auswirkungen für Unternehmen, Verbraucher und die ...
IW
Trumps reziproke Zölle: EU nur punktuell betroffen
Eine Angleichung der US-Zölle an das Niveau der US-Handelspartner wäre ein Schock für viele Entwicklungs- und Schwellenländer. Für die EU würde sie insgesamt nur einem Anstieg des durchschnittlichen Zollsatzes zwischen etwa 0,5 und 1,7 Prozentpunkte ...
IW