Adventszeit ist Spendenzeit: Die Monate rund um das Jahresende sind nicht nur von religiöser Tradition geprägt, sondern auch von besonders hoher Spendenbereitschaft in der deutschen Bevölkerung.
Spendensumme sinkt um 1,6 Mrd. Euro, bleibt aber auf hohem Niveau
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Adventszeit ist Spendenzeit: Die Monate rund um das Jahresende sind nicht nur von religiöser Tradition geprägt, sondern auch von besonders hoher Spendenbereitschaft in der deutschen Bevölkerung.
Das Spendenvolumen in Deutschland liegt im Jahr 2023 jedoch nur noch bei 12,5 Milliarden Euro. Dabei ist die Spendenhöhe pro Person mit rund 400 Euro nahezu stabil geblieben. Dafür haben weniger Menschen gespendet. Wer spendet noch wie viel?
Zahl der Spender geht zurück
Mit einer Summe von insgesamt 12,5 Milliarden Euro (2023) bleibt das Spendenvolumen in Deutschland insgesamt auf einem hohen Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr ist die durchschnittliche Spendenhöhe pro Person mit 402 Euro nahezu unverändert (2022: 404 Euro). Allerdings ist ein Rückgang bei der Anzahl der Spender zu verzeichnen. Im Jahr 2023 haben 45 Prozent der Erwachsenen in Deutschland gespendet, was einen Rückgang von 6 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022 (51 Prozent) bedeutet. Damit ist die Spendensumme (unter Berücksichtigung der Neuberechnung der Zahl der Erwachsenen basierend auf dem Zensus (2022) um etwa 1,6 Milliarden Euro niedriger als in 2022 (14,1 Milliarden Euro). Die Spendenbereitschaft ist trotz der anhaltenden russischen Invasion in der Ukraine und weiteren internationalen humanitären Notlagen zuletzt zurückgegangen. Es ist, wie bei anderen Krisen auch, ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten, der trotz unverminderter Kriegsereignisse die Spendenbereitschaft vermindert (DZI, 2023). Der Deutsche Spendenrat (2024) ist hingegen verhalten optimistisch, dass die Spendensumme 2024 wieder steigen wird.
Einflussfaktoren auf die Spendenbereitschaft
Die Spendenbereitschaft und -höhe sowie die Möglichkeiten zu spenden variiert stark je nach sozialem und demografischem Hintergrund. Ein essenzieller Faktor ist das Haushaltsnettoeinkommen: Menschen mit einem niedrigeren Einkommen können weniger spenden und spenden auch seltener. So lag der Anteil der Spender im vergangenen Jahr bei Haushalten mit einem Nettoeinkommen von unter 1.500 Euro bei 25 Prozent, und die durchschnittliche Spendenhöhe dieser Gruppe beträgt 108 Euro. Dagegen spendeten Menschen mit einem Einkommen von über 4.000 Euro deutlich häufiger und mehr: hier lag der Anteil der Spender bei 62 Prozent und die durchschnittliche Spendenhöhe bei 524 Euro. Dadurch wird deutlich, dass die Spendenbereitschaft stark von der finanziellen Lage abhängt.
Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle bei der Bereitschaft zu spenden. Besonders hohe Anteile an Spendern fanden sich bei den 18- bis 34-Jährigen, mit einer Spendenquote von 49 Prozent und einer durchschnittlichen Spendenhöhe von 575 Euro. Im Gegensatz dazu war die Spendenbereitschaft bei den 50- bis 64-Jährigen am niedrigsten, mit nur 41 Prozent Spendern und einer durchschnittlichen Spendenhöhe von 281 Euro.
Das Spendenverhalten unterscheidet sich auch zwischen weiteren sozio-demographischen Merkmalen über Einkommen und Alter hinaus. Regressionsanalysen zeigen, dass unter der Annahme, dass wenn alle anderen Faktoren unverändert bleiben, die Wahrscheinlichkeit zu spenden und die durchschnittliche Spendenhöhe je nach Bildungsabschluss und Wohnsitz und variiert (siehe Abbildung). Auch wenn deren Einkommenssituation kontrolliert wird, wiesen Menschen mit höherer Bildung eine sieben Prozentpunkte höhere Spendenwahrscheinlichkeit auf als solche mit mittlerer Reife. Wenn Sie spendeten, gaben sie zudem 268 Euro mehr. Ebenso war die Spendenbereitschaft im Westen Deutschlands um 224 Euro höher als im Osten und bei Männern 203 Euro höher als bei Frauen.
Parteizugehörigkeit und Spenden
Auch politische Präferenzen korrelieren mit der Spendenbereitschaft und -höhe. Wähler der Grünen waren besonders spendenfreudig: 59 Prozent der Grünen-Anhänger spendeten und die durchschnittliche Spendenhöhe lag bei 609 Euro. Dagegen war die Spendenbereitschaft bei AfD-Anhängern am niedrigsten: nur 28 Prozent der AfD-Sympathisanten spendeten – im Durchschnitt etwa 364 Euro.
Wenn für Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter, Bildung, Wohnort (Ost/West) und Einkommen kontrolliert wird, verringern sich die Unterschiede hingegen. Sichtbar blieb etwa im Vergleich zu den Unionsanhängern eine sieben respektive acht Prozentpunkte höhere Spendenwahrscheinlichkeit in der SPD- bzw. der Grünen-Klientel; sowie eine 14 Prozentpunkte niedrigere Wahrscheinlichkeit bei den Unterstützern der AfD. Bei der Spendenhöhe gleichen die sozio-demographischen Unterschiede die variierende Generosität noch stärker aus. Statistisch signifikant unterscheidet sich nur die Spendenhöhe der Linken-Anhänger – mit rund 265 Euro weniger als Sympathisanten der Unionsparteien.
Sicher spenden
Ein entscheidender Faktor für die Spendenbereitschaft ist das Vertrauen in die Organisationen, die Spenden sammeln. In Deutschland existiert eine Vielzahl von Hilfsorganisationen und wohltätigen Institutionen, die mit gezielten Kampagnen um finanzielle Unterstützung bitten und Spenden annehmen. Das Deutsche Spendensiegel (https://www.dzi.de/spendenberatung/spenden-siegel/) fungiert hierbei als Gütesiegel für seriöse Spendenorganisationen, da es als Zeichen für Transparenz und verantwortungsbewusste Mittelverwendung gilt. Das Siegel listet vertrauenswürdige Institutionen auf und gibt Aufschluss über deren Kostenstruktur, insbesondere in Bezug auf Verwaltung und Marketing. Effiziente Organisationen weisen dabei eine Verwaltungskostenquote von etwa 10 bis 20 Prozent auf, die vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI, 2006) als angemessen erachtet wird. Spender können so zielgenau auswählen, wofür und wo sie spenden wollen.
Der emotionale Antrieb hinter der Spendenbereitschaft
Das Spendenverhalten ist dabei allerdings meistens wenig effektiv, sondern erfolgt aus dem Bauch heraus. Ein umfassend untersuchter Bias (Verzerrung) bei Entscheidungen ist der „Identifiable Victim Bias“ (Jenni/Loewenstein, 1997). Menschen sind besonders bereit zu spenden, wenn sie konkrete Einzelschicksale vor Augen haben. Diese rufen eine stärkere emotionale Bindung hervor als abstrakte Zahlen oder Statistiken. Diese Bindung erklärt, warum individuell erzählte Geschichten häufig effektiver zur Mobilisierung von Spenden beitragen als Berichte über anonyme Massen von Bedürftigen. Gleichzeitig führt die ständige Konfrontation mit großen Zahlen, etwa im Kontext globaler Krisen, zu einer gewissen Abstumpfung – ein Effekt, der die Spendenbereitschaft insgesamt verringern kann. Effektives Spenden würde bedeuten, den Organisationen Geld oder Zeit zu schenken, die das persönlich wichtigste Ziel mit den geringsten Ressourcen erreichen. Zeitspenden und bürgerschaftliches Engagement gehen in diese Spendenstatistik nicht mit ein. Spendenbereitschaft – und -höhe sind zusammen mit dem ehrenamtlichen Engagement ein wichtiges Zeichen, dass allen Debatten zum Trotz die Menschen in Deutschland zusammenhalten und in schwierigen Zeiten einander helfen, um aktuelle Krisen gemeinsam zu überwinden.
Die Auswertungen basieren auf der IW-Personenbefragung (Diermeier et al., 2024) aus dem Frühjahr 2024. Vom 26. April 2024 bis zum 8. Mai 2024 wurden im Auftrag des Instituts der deutschen Wirtschaft über das Online-Access-Panel von respondi&Bilendi 5.437 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die Befragung ist repräsentativ quotiert nach den Merkmalen Geschlecht/Alter (Kreuzquote), Wohnsitz nach Bundesländern sowie dem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen. Die valide Nettostichprobe umfasst 5.350 Personen. Der Frageblock bezüglich des Spendenverhaltens im Vorjahr wurde einer Zufallsauswahl von 2.732 Personen gestellt.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
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