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Galina Kolev-Schaefer / Judith Niehues Pressemitteilung Nr. 14 21. März 2016

Ungleichheit und Wachstum: Zu komplex für einfache Wahrheiten

Die zunehmende Ungleichheit in Deutschland habe zu weniger Wirtschaftswachstum geführt: So lautet das Ergebnis einer OECD-Studie, die in Verteilungsdebatten immer wieder zitiert wird. Doch eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) belegt, dass dieser Befund nicht haltbar ist.

Die IW-Studie zeigt zwar, dass die Ungleichheit einen negativen Einfluss auf das Wachstum haben könnte. Allerdings nicht generell, sondern in Volkswirtschaften mit einem geringen Bruttoinlandsprodukt (BIP) – als Orientierungswert zeigen die Schätzungen ein BIP von 9.000 US-Dollar pro Kopf. Denn in jenen Ländern sind ärmere Bevölkerungsgruppen meist von Bildung ausgeschlossen, und das Gesellschaftssystem insgesamt ist eher instabil. Für Industrienationen wie Deutschland ist der Zusammenhang zwischen Ungleichheit und Wachstum hingegen, wenn überhaupt nachweisbar, eher positiv, weil Ungleichheit die Anreize für Unternehmertum und Innovationen steigert.

Das gilt zumindest, solange die Ungleichheit nicht überhandnimmt. Das IW Köln hat berechnet, dass es ab einem Gini-Koeffizienten von etwa 0,35 wahrscheinlicher wird, dass Ungleichheit das Wirtschaftswachstum hemmt. Der Gini-Koeffizient ist das bekannteste Ungleichheitsmaß. Beim Wert 0 erhielten alle gleich viel Einkommen, beim Wert 1 würde ein einziger Mensch alles auf sich vereinen. Die OECD-Länder liegen mit durchschnittlich 0,32 unterhalb der vom IW berechneten Grenze, Deutschland mit 0,29 sowieso, in den USA sieht es mit knapp 0,40 dagegen tatsächlich nicht so rosig aus.

Laut IW-Studie legte die Ungleichheit in Deutschland einzig von 2000 bis 2005 merklich zu, als auch die Wirtschaft schwächelte. Die Ungleichheit taugt also nicht zur Erklärung des Wirtschafts-Einbruchs, da sie parallel und nicht in der Vorperiode anstieg. Die Ungleichheit führt zudem keineswegs zu einer immer stärker verunsicherten Gesellschaft: Zu kaum einem Zeitpunkt waren die Sorgen um die allgemeine und eigene wirtschaftliche Situation geringer als heute. „Man sollte aufhören, eine Gesellschaft krampfhaft verunsichern zu wollen, die gar nicht verunsichert ist. Das könnte auch für mehr Zuversicht bei der Flüchtlingsintegration sorgen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther.

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