Bislang stellt der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule für viele Familien ein großes Problem dar. Heute wurde nun endlich der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder final beschlossen – allerdings ist fraglich, ob die Qualität auch gesichert werden kann.
Ganztag: Endlich wird die letzte Betreuungslücke geschlossen
Eine gut ausgebaute Betreuungsinfrastruktur ist für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unverzichtbar: Nur so können beide Elternteile tatsächlich so viel arbeiten wie sie möchten. Betreuungsangebote fördern die Kompetenzentwicklung der Kinder, sie ermöglichen Kindern mit allen Hintergründen Teilhabechancen. Dennoch hat Deutschland mit dem gezielten Ausbau der Betreuungsinfrastruktur sehr spät begonnen: So wurden der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren erst 1996 und der Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder zwischen einem und drei Jahren im Jahr 2013 verabschiedet. Der notwendige Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen ist längst nicht abschlossen.
Bis zur Umsetzung vergehen noch Jahre
Nun haben Bundesrat und Bundestag den fehlenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Grundschulkinder auf den allerletzten Drücker auf den Weg gebracht. Anders als die meisten anderen entwickelten Länder hat Deutschland ein Halbtagsschulsystem, entsprechend kurz sind die Unterrichtszeiten. Tatsächlich soll der Rechtsanspruch allerdings erst ab dem Schuljahr 2026/2027 greifen, und dann auch nur für die Erstklässler und erst sukzessive für die weiteren Grundschulklassen. Bis die Betreuung der Grundschulkinder in Deutschland flächendeckend gesichert sein wird, wird es also noch Jahre dauern.
Vorbild Hamburg
Einzelne Bundesländer sind hier sehr viel weiter. So hat Hamburg für Kinder bis 14 Jahren im Jahr 2012 einen Anspruch auf einen Ganztagsschulplatz beschlossen, der im Jahr 2015 in Kraft getreten ist. 2019 wurden hier 92 Prozent der Grundschulkinder betreut, der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur ist also abgeschlossen. Auch in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben Eltern einen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung für ihre Grundschulkinder, entsprechend hoch sind die Quoten. In Baden-Württemberg wurden dagegen 2019 nur 22 Prozent der Grundschüler, in Schleswig-Holstein 31 Prozent und in Bayern 38 Prozent ganztags betreut. Hier muss der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur in den nächsten Jahren also besonders stark vorangetrieben werden.
Nicht ohne Lernhilfen
Problematisch ist allerdings noch die Qualitätssicherung: Erfolgt außerhalb des regulären Unterrichts nur eine Beaufsichtigung der Kinder, ist das sowohl im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als auch die Entwicklungschancen der Kinder kaum hilfreich. Deshalb muss während der Betreuung auch eine Lernbegleitung stattfinden, die über die Hausaufgabenbetreuung hinaus auch das Üben von Lesen und Rechnen beinhaltet. Im Rahmen der Betreuung sollten vielfältige weitere Aktivitäten angeboten werden, die den Neigungen der Kinder entsprechen und ihre Entwicklung fördern. Neben dem Rechtsanspruch braucht es unbedingt Maßnahmen zur Qualitätssicherung, am besten gesetzlich verankert.
Aufwachsen in bildungsfernen Familien: Ergebnisse des Mikrozensus zu Häufigkeit und Folgen
In den letzten Jahren wachsen immer mehr Kinder in Deutschland in bildungsfernen Milieus auf. So ist der Anteil der Minderjährigen mit Eltern ohne berufsqualifizierenden Abschluss einer eigenen Auswertung des Mikrozensus zufolge zwischen den Jahren 2011 und ...
IW
IW-Agenda 2030: Bildungspolitik
Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl, die am 23. Februar 2025 stattfinden soll, wird das Institut der deutschen Wirtschaft in einer virtuellen Veranstaltungsreihe die wichtigsten wirtschaftspolitischen Handlungsfelder ausleuchten. Jede Woche ein Termin, ...
IW