Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Arbeitgeber die gesamte Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch erfassen müssen. Das verursacht nicht nur einen kaum absehbaren bürokratischen Mehraufwand, sondern stellt gegenseitige Vertrauensbeweise auf den Prüfstand.
EuGH-Urteil: Angriff auf die Vertrauensarbeit
Die Europäische Arbeitszeitrichtlinie und die nationalen Arbeitszeitgesetze sollen Beschäftigte vor potenziellen gesundheitlichen Risiken schützen, die sich aus einer zeitlichen Beanspruchung ergeben könnten. Das deutsche Arbeitszeitgesetz umfasst dabei nicht nur die wöchentliche Höchstarbeitszeiten und die Ruhezeit, sondern auch eine tägliche Höchstarbeitszeit. Deutsche Arbeitgeber sind bisher dazu verpflichtet, Arbeitszeit aufzuzeichnen, vorausgesetzt, sie geht über die tägliche Acht-Stunden-Höchstgrenze hinaus.
Unsinniger Mehraufwand
Dadurch lassen sich nicht nur Überstunden nachverfolgen: Indirekt wird so auch die maximale tatsächliche Arbeitszeit dokumentiert. Sie bewegt sich damit entweder unter acht Stunden – dann liegt keine Dokumentation vor – oder sie liegt bei acht Stunden, zuzüglich der dokumentierten Stunden. Juristen müssen klären, ob dieser Passus im deutschen Arbeitszeitgesetz von dem EuGH-Urteil betroffen sein könnte.
Kein Mehrwert für Arbeits- und Gesundheitsschutz
„Würde letztendlich tatsächlich eine Aufzeichnungspflicht für alle Beschäftigten in Deutschland in Kraft treten, würde dies bürokratischen Mehraufwand verursachen, ohne einen Beitrag zum Arbeitsschutz zu leisten“, sagt IW-Arbeitsexperte Oliver Stettes. So macht es aus Arbeits- und Gesundheitsschutzsicht beispielsweise keinen Sinn, die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten mit vier Stunden täglich zu erfassen. Hinzu kommt: Seit Jahren setzen immer mehr Unternehmen auf Vertrauensarbeitszeit. „Dieser gegenseitige Vertrauensbeweis wäre nicht mehr möglich, wenn aus dem Urteil eine Erfassungspflicht resultieren würde“, sagt Oliver Stettes.
Vier-Tage-Woche: Ein Experiment ohne Erkenntnisse
Ein groß angelegtes Experiment zeigt die angeblichen Vorteile einer Vier-Tage-Woche. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich jedoch: Viele Thesen der Befürworter der Vier-Tage-Woche sind durch die Ergebnisse nicht gestützt.
IW
Produktivität und Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich
Wöchentliche Arbeitszeiten von 60 oder 70 Stunden waren Ende des 19. Jahrhunderts keine Seltenheit. Im Jahr 1891 wurde die Sechstagewoche für Arbeiter Gesetz. Mittlerweile gilt eine werktägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden. Sie kann jedoch in ...
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