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(© Foto: Manakin/iStock)
Jürgen Matthes / Berthold Busch IW-Nachricht 17. Januar 2017

EU-Austritt: Harter Brexit, weiche Landung?

Die Briten wollen den vermeintlich harten Brexit: raus aus dem Binnenmarkt und raus aus der Zollunion. Das machte Premierministerin Theresa May in ihrer heutigen Rede klar. Doch auch das muss nicht das Ende des freien Handels zwischen der EU und Großbritannien bedeuten. Vielmehr ist ein Freihandelsabkommen 3.0 – also einer neuen Generation – denkbar. Dafür müssen aber beide Seiten aufeinander zugehen.

Nachdem den Briten klar geworden ist, dass sie nicht im Binnenmarkt bleiben und gleichzeitig die Zuwanderung aus den EU-Mitgliedstaaten kontrollieren können, wollen sie raus aus dem gemeinsamen Markt. Das hat die britische Premierministerin in ihrer Grundsatzrede zum Brexit klargemacht. Auch die Zollunion werden die Briten wohl verlassen. Das ist allerdings wenig überraschend – wenn London in Freihandelsabkommen mit Drittstaaten eigene Zölle erheben will, ist ein Austritt unvermeidlich.

Doch auch ohne vollen Binnenmarktzugang und ohne Zollunion gibt es noch Chancen für den Freihandel zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. So schlug May ein umfassendes Freihandelsabkommen vor. Dazu gehört üblicherweise die weitgehende Zollfreiheit im Warenhandel.

Doch je nachdem, wie weit das Vereinigte Königreich auf die EU zugeht, wäre noch mehr drin – möglicherweise sogar der weitgehende Zugang zum freien Warenverkehr für Industrieprodukte in der EU. Damit könnten in Großbritannien zugelassene britische Industrieprodukte ohne zusätzliche Zulassung in der EU verkauft werden – und umgekehrt. Das spart enorme Kosten, weil nicht unterschiedliche Produktvarianten für beide Märkte hergestellt werden müssen.

Der Zugang zum freien Warenverkehr wäre zwar ein großes Zugeständnis der EU gegenüber London, weil die EU den wesentlich größeren Absatzmarkt zu bieten hat. Dennoch scheint das Ziel erreichbar. Das Vereinigte Königreich müsste dazu seine technischen Produktstandards auch in Zukunft mit den EU-Vorschriften harmonisieren. Weitere britische Zugeständnisse wie begrenzte Beitragszahlungen an die EU erscheinen ebenfalls plausibel und politisch durchsetzbar.

Würden sich beide Seiten darauf einigen, wäre dies ein Freihandelsabkommen 3.0 – also ein Abkommen einer ganz neuen Kategorie. Bei TTIP, das als Freihandelsabkommen 2.0 gelten kann, ist die Zulassung von Produkten des Partnerlandes im eigenen Land ohne weitere Prüfung ein wichtiges Ziel. Allerdings sind die Regulierungen in der EU und den USA so unterschiedlich, dass eine gegenseitige Anerkennung nur in ausgewählten Produktbereichen möglich wäre. Wenn aber die Produktstandards beider Partner weitgehend harmonisiert sind, ist der Zugang zum freien Warenverkehr möglich und würde einen erheblichen Fortschritt gegenüber herkömmlichen Freihandelsabkommen bedeuten.

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Jürgen Matthes / Berthold Busch IW-Report Nr. 37 12. Dezember 2016

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