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Krankenversicherung für Flüchtlinge IW-Nachricht 18. Februar 2016

Sprengstoff für das Solidaritätsprinzip

Die pauschalen Krankenversicherungsbeiträge für Flüchtlinge decken die Kosten nicht – dieses Argument ist momentan häufig zu hören, birgt aber erheblichen Sprengstoff. Denn das gleiche gilt für inländische Hartz-IV-Empfänger oder Geringverdiener. Nimmt man das Argument aber ernst, dann sollte der einkommensbezogene Sozialausgleich in der GKV gänzlich ins Steuer-Transfer-System verlagert werden.

Sobald sie als Asylbewerber anerkannt sind und ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten, fallen Flüchtlinge unter dieselben Bestimmungen wie alle anderen Hartz IV-Empfänger. Sie werden dann in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgesichert. Wie bei den inländischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen überweist deren Träger einen pauschalen Beitrag von knapp 90 Euro pro Monat an die GKV. Das sei aber nicht kostendeckend, moniert nun unter anderem der DGB – und fordert einen höheren Bundeszuschuss.

Hintergrund ist ein Hamburger Erfahrungswert, nach dem durchschnittliche GKV-Kosten von 180 bis 200 Euro pro Monat für einen Flüchtling anfallen. Allerdings lässt sich diese Zahl nur schwer belegen: Im Durchschnitt aller gesetzlich Versicherten betrugen die monatlichen Leistungsausgaben im Jahr 2014 knapp 245 Euro. Da das Ausgabenrisiko aber bis zu einem Alter von Mitte 50 deutlich unterdurchschnittlich ausfällt, dürften die GKV-Ausgaben für junge Zuwanderer niedriger liegen.

Ohnehin sind die politischen Konsequenzen, die mit der Forderung nach einem höheren Steuerzuschuss für Grundsicherungsempfänger einhergehen, der entscheidende Faktor:

Ein anerkannter Flüchtling soll grundsätzlich die gleichen Rechte genießen und den gleichen Pflichten unterliegen wie die heimische Bevölkerung. Deshalb lässt sich kaum begründen, warum für ihn andere Regeln gelten sollten, wenn er Hartz IV bezieht. Oder anders gewendet: Wenn DGB und Co. fordern, dass die Beiträge für Bezieher von Grundsicherungsleistungen die Kosten in der GKV decken sollen, muss das unabhängig vom Herkunftsland gelten.

Damit stellt sich aber einmal mehr die Frage nach dem Solidaritätsprinzip. Denn die Idee eines kostendeckenden Beitrags führt zu einem ganz anderen Modell – zu dem der Gesundheitsprämie: Hier bliebe der risikobezogene Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Jung und Alt sowie Männlein und Weiblein erhalten, wohingegen der soziale Ausgleich im allgemeinen Steuer-Transfer-System organisiert würde.

Man muss aber nicht gleich das ganze System umbauen. Ziel sollte es vielmehr sein, die Zuwanderer erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn je eher die Flüchtlinge in eine sozialversicherungspflichte Beschäftigung gelangen, desto eher werden die Finanzen der GKV entlastet – im Idealfall sogar zum Vorteil der etablierten Mitglieder.

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