Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat heute seine langerwartete Industriestrategie vorgelegt. Das Dokument ist ein wirtschaftspolitischer Fortschritt – in zentralen Punkten drückt es sich aber vor konkreten Schritten. Es bleibt fraglich, ob die Ampel die Kraft für die notwendigen Schritte aufbringt.
Neue Industriestrategie: Gut erkannt heißt nicht gut gemacht
Lob, wem Lob gebührt: Mit der neuen Industriestrategie, die der Wirtschaftsminister heute in Berlin vorgelegt hat, stellt Robert Habeck unter Beweis, dass er die Sorgen der Unternehmen in Deutschland versteht und ernst nimmt. Und dennoch scheint sich der Vizekanzler, vom Koalitionsstreit zermürbt, vor konkreten Schritten zu scheuen – der ganz große Befreiungsschlag ist die Strategie nicht.
Immerhin: Das Papier bekennt sich zur Industrie als Kern der deutschen Wirtschaft, es analysiert ungeschönt die eigene Performance, vor allem mit Blick auf erdrückende Bürokratie und hohe Steuern, und es fordert einen Brückenstrompreis. Damit zeigt der Bundeswirtschaftsminister: Er hat verstanden, dass es in Anbetracht des Strukturwandels ohne staatliche Hilfen nicht geht. Er sieht aber auch die weitergefassten Probleme, etwa die geopolitischen Risiken, vor denen Deutschland steht.
Konkrete Schritte fehlen
Und doch bleibt die Sorge, dass sich die politische Kraft der Regierung erschöpft hat – es fehlen konkrete Ableitungen. Immerhin hat Habecks Haus verstanden, dass Deutschland zu hoch besteuert - einen Vorschlag, wie eine Steuerreform aussehen könnte, bleibt es aber schuldig. Wie sich eine Reform finanzieren lässt, wird nur angedeutet, und auch Habeck scheint den Streit um die heilige Kuh Schuldenbremse meiden zu wollen. Beim Industriestrompreis bleibt es beim einsamen Vorschlag des Wirtschafsministeriums, die Regierung kann sich auch nach Monaten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Dabei drängt gerade hier die Zeit, in der energieintensiven Industrie hat die Deindustrialisierung schon begonnen.
Bei Subventionen Anreize erhalten
Selbst da, wo Einigkeit bestehen dürfte – dass es eine Transformationsförderung braucht – bleibt zu viel im Unklaren. Wie eine Förderung der Transformation aussehen soll, die zielgerichtet wirkt und Dauersubventionen vermeidet, muss jetzt dringend geklärt werden. Zusätzlich muss die Koalition sich auf eine Wirtschaftspolitik festlegen, die den Unternehmen in der Breite zugutekommt, die Wettbewerbsbedingungen im Strukturwandel verbessert, aber Anreize erhält. Habecks Industriestrategie zeigt: Gerade in diesem Punkt ist die Ampel sich nicht grün, Deutschland könnte der nächste längliche Koalitionsstreit bevorstehen. Die deutsche Wirtschaft braucht zügig klare Signale.
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