Den Bahnkunden droht neues Ungemach. Schuld daran ist nicht die Deutsche Bahn, sondern die Rivalität zwischen zwei Gewerkschaften. Diese tragen ihren Streit im Schutze der Tarifautonomie auf dem Rücken der Bürger aus. Dem sollte der Gesetzgeber nicht untätig zusehen. Es fehlt eine gesetzliche Regelung, mit der die Tarifeinheit, also das bewährte Prinzip „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“, wiederhergestellt wird.
Der Gesetzgeber ist gefordert
Gestern scheiterte der Versuch, die rivalisierenden Bahngewerkschaften, die Lokführergewerkschaft (GdL) und die Eisenbahnergewerkschaft (EVG), zu einer Kooperation zu bewegen. Das sind schlechte Voraussetzungen für die am morgigen Mittwoch anstehenden Tarifverhandlungen zwischen der GdL und der Deutschen Bahn. Nähern sich die Parteien nicht an, drohen Streiks, bei denen wieder einmal unbeteiligte Dritte die Leidtragenden sind. Obwohl sich Union und SPD im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet haben, die Tarifeinheit wiederherzustellen, wurden die längst erarbeiteten Eckpunkte einer gesetzlichen Regelung noch nicht im Bundeskabinett beraten. Außerdem war schon länger absehbar, dass ein neuer Konflikt droht. Der Schienenverkehr ist seit Jahren die konfliktträchtigste Branche. Sich darauf zu verlassen, dass Arbeitsgerichte eingreifen und unverhältnismäßige Aktionen stoppen, wird die Bahnkunden kaum trösten. Denn schon eine Streikdrohung oder ein Streikaufruf führen zu massenweisen Umbuchungen und Verspätungen. Der Gesetzgeber steht in der Pflicht, den tarifpolitischen Ordnungsrahmen so zu justieren, dass Organisationskonflikte zwischen Gewerkschaften nicht innerhalb, sondern außerhalb von Tarifverhandlungen gelöst werden. Das verlangt eine funktionierende Tarifautonomie und kann nicht einfach auf die Rechtsprechung abgewälzt werden.
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