Die Teuerung behält Deutschland und die Europäische Union weiter fest im Griff. IW-Direktor Michael Hüther beunruhigt die Entwicklung zwar noch nicht. Im Interview mit der Passauer Neuen Presse warnt er allerdings vor einer „Preis-Lohn-Preis-Spirale”.

„Inflationssorgen lassen sich bis Jahresende wieder beruhigen”
Die Inflationswelle läuft. Ifo rechnet für 2022 mit einer Teuerung von vier Prozent. Haben die meisten Experten die Entwicklung unterschätzt, als sie von vorübergehenden Effekten sprachen?
Ich muss zugeben, auch ich habe bis in den Herbst hinein gesagt, das ist eine vorübergehende Entwicklung. Dies bleibt es zwar auch, aber es dauert länger. Wir haben keine Erfahrung mit solchen angebotsseitigen Schocks, wenn Lieferketten gestört und Logistiksysteme nicht mehr funktionsfähig sind, wie wir das in der Pandemie erleben. Ich halte die vier Prozent allerdings nicht für realistisch und gehe von drei Prozent aus. Es gibt große Prognoseunsicherheit, auch, weil wir nicht wissen, wie lange China bei seiner verfehlten Pandemie-Strategie bleibt, immer wieder Lockdowns zu verfügen statt die Bevölkerung forciert zu impfen.
Wann wird die Teuerungswelle abebben?
Man muss begrifflich unterscheiden. Im Moment erleben wir eine Teuerung. Die rührt von Kostensteigerungen her. Inflation wird das erst, wenn der Geldmantel für sich genommen zum Problem wird. Das beobachten wir aber noch nicht. Das wäre dann gegeben, wenn es zu einer Preis-Lohn-Preis-Spirale kommt. Entscheidend ist daher: Wenn in diesem Jahr die zentralen lohnpolitischen Akteure, etwa in der Metall- und Elektroindustrie, einigermaßen Kurs im Sinne ihrer Stabilisierungsaufgabe halten, dann kann sich das bis zum Jahresende wieder beruhigt haben und wir können dann durchaus bei zwei Prozent Preissteigerung sein. Andernfalls müsste die Geldpolitik den Fehdehandschuh der Lohnpolitik aufnehmen.
Ist der Geldmantel also schon zu groß?
Er ist schon ziemlich groß, denn die Europäische Zentralbank ist lange sehr expansiv gewesen. Aber das ist nicht der Treiber der Inflation. Es gibt für die Notenbank daher bislang noch keinen Zwang zum zinspolitischen Handeln in diesem Jahr. Sie muss jedoch deutlich machen, dass sie das tun wird, wenn es zu einer Preis-Lohn-Preis-Spirale auf europäischer Ebene kommt. Bevor sie beim Zins aktiv wird, muss sie allerdings zunächst all ihre unkonventionellen Maßnahmen beenden, wie die Wertpapier-Kaufprogramme und den Strafzins auf kurzfristige Bankeneinlagen aufheben.
Inflationstreiber sind momentan die Preise für importierte Energien. Hat die Bundesregierung irgendeine Möglichkeit, deren Anstieg zu dämpfen?
Im Einkauf nein. Kurzfristig hat sie da kaum Möglichkeiten. Ihr bleibt nur zu versuchen, ihre Einkaufsquellen zu diversifizieren. Ansonsten kann sie mit Blick auf die Verbrauchsseite etwas tun, um den Strompreis zu drücken: Die EEG-Umlage rasch abbauen oder auch die Stromsteuer reduzieren.
Zum Interview auf pnp.de.

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