Die Aktienmärkte einer Reihe von großen Volkswirtschaften sind in jüngster Zeit deutlich schwächer geworden. Die Angst vor Inflation – und damit wieder ansteigenden Zinsen – haben dem langjährigen kräftigen Aufwärtstrend erst einmal ein Ende beschert, schreibt IW-Konjunkturforscher Michael Grömling.
Konjunkturampel: Robust, aber nicht immun
Die relativ guten weltwirtschaftlichen Perspektiven zeichnen jedenfalls für diesen Rückgang nicht verantwortlich. Vielmehr haben sich diese weiter aufgehellt – wie die ak-tuelle Version der IW-Konjunkturampel zeigt. Die letzten roten Signale, die für den jeweiligen Indikator einen spürbaren Rückgang gegenüber den vorhergehenden drei Monaten signalisieren, waren im Herbst 2016 zu sehen. Seitdem steht die Ampel auf gelb, was eine stabile Entwicklung widerspiegelt, und mehr und mehr auf grün.
Besonders gute Perspektiven zeigen sich für Europa. Alle Felder stehen hier auf grün. Dass in einigen europäischen Ländern die politischen Verhältnisse keine klare Richtung erkennen lassen, scheint die kurzfristige konjunkturelle Entwicklung nicht groß zu belasten. Derzeit ist jedenfalls die Eurozone eine wichtige weltwirtschaftliche Konstante. Zwar gibt es auch bei den Konjunkturindikatoren für die USA und für China keine roten Flecken. Das Gesamtbild ist aber von deutlich mehr gelb durchzogen. Das gilt insbesondere für die dortigen Arbeitsmärkte. Beschäftigung und Arbeitslosigkeit stagnieren. Die Einkäufer sind in beiden Ländern zuletzt zögerlicher geworden.
Die Perspektiven für China sind freilich noch ausgesprochen gut. Auch für dieses Jahr darf wieder ein Wirtschaftswachstum von 6,5 % erwartet werden. Die Binnennachfrage zeigt sich robust. Konsum und Konsumentenvertrauen sind ungetrübt. Die Wirtschaftsleistung verschiebt sich allmählich von der Industrie zu den Dienstleistungen. Damit dürfte auch der Außenhandel an Bedeutung für das chinesische Wachstum abnehmen. Zudem wird die Regierung schnell und kräftig in die Konjunktur eingreifen, wenn diese an Zugkraft verliert. Das hat sie ja auch im vergangenen Jahr mit ihren Investitionsprogrammen gezeigt. Ob dies zu langfristig tragfähigen Wirtschaftsstrukturen und Produktionskapazitäten führt, steht auf einem anderen Blatt.
Die Gefahr eines Handelskrieges zwischen den USA und der Volksrepublik scheint nicht akut zu sein. Vom Tisch ist sie aber nicht. Dies hängt auch von der weiteren Gangart mit Nordkorea ab. Einige chinesische Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit Nordkorea haben, wurden bereits mit Sanktionen belegt. Ernst zu nehmen ist auch die private Verschuldung in China – mit all den möglichen Auswirkungen auf das chinesische Finanzsystem. Die hohe Unternehmensverschuldung scheint auf den ersten Blick vorwiegend eine interne Herausforderung zu sein. In der Gemengelage global richtungsloser Aktienmärkte sollte aber nicht von einer Immuntät der Weltwirtschaft gegen chinesische Finanzmarktprobleme ausgegangen werden.
„Wir müssen die Struktur neu denken”
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