Unsicherheiten, politische Unberechenbarkeit und Handelskonflikte belasten den internationalen Handel wie die Investitionstätigkeit. Das bekommt die deutsche Industrie zu spüren. Ein Gastbeitrag von IW-Konjunkturexperte Michael Grömling in den VDI-Nachrichten.
IW-Konjunkturampel: Konsum robust, Investitionen anfällig
Die Weltwirtschaft ist keine Teflonpfanne, an der die neuen Zölle, Zolldrohungen und andere handelsbeschränkende Maßnahmen der USA nicht anhaften. Im Sommer hat sich die Situation in den transatlantischen Handelsbeziehungen zwar zunächst entspannt. Eine weitere Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China ist aber nicht vom Tisch. Die Unberechenbarkeit der US-Administration bleibt ein bedeutendes politisches und ökonomisches Risiko für die Weltkonjunktur.
Die politische Situation in einer Reihe von Schwellenländern wie der Türkei oder Argentinien hat zudem deren wirtschaftliche Perspektiven stark belastet und sie für Krisen anfälliger gemacht. Dies führt auch dazu, dass die Robustheit der Finanzmärkte wieder auf dem Prüfstand steht. Die hohe Staatsverschuldung Italiens und das Agieren der dortigen Regierung können ebenfalls zu einem Wiederaufflammen der Banken- und Staatsschuldenkrise im Euroraum führen. Dazu kommen die Belastungen eines ungeordneten Brexits für die Finanzmärkte.
In dieser Gemengelage haben sich die konjunkturellen Risiken für die globale Wirtschaft wieder verdichtet. Die Eintrübung der Erwartungen ist nahezu in allen Weltregionen – in der Europäischen Union, in Nord- und Lateinamerika sowie in den asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern einschließlich China – zu sehen. Nach der unerwartet kräftigen Erholung im Jahr 2017 flachte der globale Handel im Laufe des Jahres 2018 wieder deutlich ab. Unsicherheit, politische Unberechenbarkeit und Handelskonflikte belasten nicht nur den internationalen Handel sondern weltweit auch die Investitionstätigkeit. Entsprechend moderat sind die Bestellungen bei deutschen Investitionsgüterproduzenten.
„Die Unberechenbarkeit der US-Administration bleibt ein bedeutendes politisches und ökonomisches Risiko.“
Auf den ersten Blick konnte sich die deutsche Wirtschaft im ersten Halbjahr 2018 in diesem schwächer tendierenden internationalen Umfeld vergleichsweise gut behaupten. Die Exporte und die gesamtwirtschaftliche Leistung übertrafen deutlich den entsprechenden Vorjahreswert. Diese guten Zahlen überzeichnen jedoch die nachlassende Konjunkturdynamik. Deutlich sichtbar wird dies bei der Industrieproduktion. Das verarbeitende Gewerbe legte 2017 von Quartal zu Quartal kräftig zu. Im ersten Halbjahr 2018 stagnierte aber die industrielle Wertschöpfung. Der dafür wichtige Außenhandel wird auch im zweiten Halbjahr 2018 wenig zusätzliche Dynamik erfahren. Dies signalisieren Aufträge und Stimmungsindikatoren. Aufgrund der moderaten Weltkonjunktur, der Abschwächung beim Welthandel und bei der globalen Investitionstätigkeit bleibt das deutsche Exporttempo verhalten. Damit hat sich auch die Investitionsdynamik hierzulande wieder abgeschwächt und das Investitionsklima bleibt trotz günstiger Finanzierungsbedingungen und gut ausgelasteter Kapazitäten von Vorsicht geprägt und anfällig für Verunsicherungen.
Die Beschäftigungsperspektiven bleiben trotz nachlassender Dynamik gut und die Konsumneigung ist zuversichtlich, wenngleich ebenfalls rückläufig. Die höheren Inflationsraten infolge der anziehenden Energiekosten dämpfen den Konsumschwung. Gleichwohl stabilisiert der robuste Konsum insgesamt die Konjunktur und hält Stagnationsrisiken von der deutschen Wirtschaft fern.
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