Während der Dienstleistungssektor unter den Lockdowns leidet, legt das verarbeitende Gewerbe zu. Die Industrie konnte ihre Erholung nach dem Knock-out im Frühjahr 2020 fortsetzen, schreibt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling in einem Gastbeitrag für die VDI Nachrichten.
Konjunkturampel: Die Industrie stabilisiert die Wirtschaft
Die Corona-Pandemie nimmt erneut Anlauf. Die Gefahr beschleunigter Ansteckungen und damit auch anhaltender wirtschaftlicher Beeinträchtigungen steigt mit der Ausbreitung von Virusmutationen. Bislang hat die Pandemie in Deutschland Wohlstandsverluste in einer Größenordnung von rund 250 Mrd. € mit sich gebracht. Allein im ersten Quartal 2021 dürften Produktions- und Einkommensausfälle von gut 50 Mrd. € entstanden sein. Dies ist aber nur rund die Hälfte dessen, was im zweiten Quartal 2020 verloren gegangen ist.
Der Unterschied zum Frühjahr vergangenen Jahres liegt darin, dass im Winterhalbjahr 2020/2021 die Industrie stabil blieb. Die Belastungen des erneuten Lockdowns dürften in ihrer vollen ökonomischen Wirksamkeit aber erst im ersten Quartal 2021 sichtbar geworden sein. Trotz beginnender Öffnungen ab Anfang März 2021 sind Teile der haushalts- und personenbezogenen Dienste seit mehr als einem Vierteljahr geschlossen oder zumindest stark eingeschränkt.
Dagegen konnte die deutsche Industrie ihre Erholung nach dem Knock-out im Frühjahr 2020 fortsetzen, wenngleich das Tempo innerhalb des vierten Quartals 2020 spürbar nachgelassen hat und im Januar 2021 ein leichter Rückgang zu verzeichnen war.
Zuletzt haben sich auch stockende Produktionsprozesse infolge fehlender Bauteile, wie der Halbleiter, abgezeichnet. Zusammen mit anderen Faktoren wird damit auch deutlich, dass die Industriekonjunktur derzeit kein risikofreies Gelände ist.
Ein wesentlicher Treiber im Vergleich mit allen früheren Industriekrisen war das beeindruckende Comeback beim Welthandel. Es dauerte nur ein halbes Jahr, bis die globalen Einfuhren nach ihrem starken Einbruch im Frühjahr 2020 in Höhe von 13 % das Niveau vom Jahresanfang 2020 wieder erreichten. Ein robuster Welthandel hat wohl auch im ersten Quartal 2021 die deutsche Industrie über ihre Exportschiene in der Spur gehalten.
Vor allem China und die USA haben mit ihrer schnellen und kräftigen Importerholung den Welthandel und damit auch die deutschen Industrieexporte maßgeblich stimuliert. Während die globalen Importe im Jahr 2020 um 5,5 % gegenüber dem Vorjahresniveau schrumpften, legten die chinesischen Importe im Jahresdurchschnitt um 3,4 % zu.
In Anbetracht des vergleichsweise hohen Infektionsgeschehens und der politischen Unsicherheiten, die die USA mehr oder weniger über das gesamte Jahr 2020 geprägt haben, sind die ökonomische Performance der US-Wirtschaft und ihr Antriebsmoment für die Weltkonjunktur beachtlich.
Mit der schnell voranschreitenden Impfoffensive und den satten Konjunkturpaketen bleibt die US-Konjunktur wohl auch weiterhin unter Dampf. Damit bleibt die Hoffnung bestehen, dass die deutsche Industrie über das Frühjahr hinaus ihre stabilisierenden Kräfte entfalten kann.
Industrieschwäche auf breiter Front – Hintergründe und Perspektiven
Die deutsche Industrie setzt im Jahr 2024 ihre Rezession fort. Eine nennenswerte Erholung ist im weiteren Jahresverlauf nicht zu erwarten.
IW
Pessimistische Unternehmen
Geopolitische Spannungen und die sinkende Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen lassen nicht auf rosigere Perspektiven hoffen. Die jüngste Umfrage zu den Produktionserwartungen zeigt, dass sich die Unternehmenserwartungen sogar verschlechtert haben.
IW